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Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Titel: Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)
Autoren: Thilo Corzilius
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könntest derweil die Werkstatt überprüfen und überlegen, was wir brauchen.“
    Salandar ging zur Tür, wandte sich im Rahmen jedoch noch einmal kurz um. „Ach ja ... und was tut Lucien derweil?“
    Er bedachte mich mit einem kurzen, sehr prüfenden Blick.
    „Dem ist noch schlecht von der Reise“, konstatierte er und ging.
    Sehr geehrter Graf von Eulenbach,
    zuerst entschuldige ich mich aufs Allerherzlichste, dass eine Antwort meinerseits erst zum jetzigen Zeitpunkt erfolgt. Meine Kollegen und ich hielten uns im Zuge eines Auftrages in der Nähe von Marburg auf. So hoffe ich, die Lage bei Ihnen hat sich in der Zwischenzeit nicht dramatisch verschlechtert.
    Weiterhin fühlen wir uns in höchstem Maße geehrt, dass man uns von so prominenter Stelle um Hilfe bittet, noch dazu bedacht mit Komplimenten.
    Selbstverständlich werden wir umgehend entsprechende Vorbereitungen treffen und uns auf den Weg machen, sobald es uns in den nächsten Tagen möglich wird.
    Ergeben und in der Hoffnung, helfen zu können,
    Salandar
    Warum verbrachten Männer ihre Abende derart sinnlos?
    Wahrscheinlich, weil es zweierlei Dingen diente: Zum einen dem Seelenheil des Einzelnen und zum anderen dazu, sich für einen Augenblick der Schatten zu entledigen, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stets bereithalten.
    Da die trinkende Kundschaft des Eberskopfes an diesem Abend überschaubar blieb, konnten wir Elsa den ihr Angetrauten abluchsen. Dieser förderte eine Flasche Absinth zutage – Gerüchten zufolge das einzig Gute, was die Franzosen diesen Landen hinterlassen hatten –, während Hagen ein Blatt Schafkopfkarten beisteuerte.
    Salandar indes hatte Damenbesuch – ein betörendes Geschöpf mit dem Künstlernamen Gabrielle, das eine exzellente Gesellschaft (zumindest zwischen den Laken) darstellen musste, da sie ebenso exzellent viel Geld mit dieser Tätigkeit verdiente.
    Mein Kopf brummte. Vielleicht eine Vorahnung, vielleicht auch die Nachwirkungen der Reise, wer wusste das schon? Es fiel mir schwer, mich auf das Spiel zu konzentrieren, und ich war insgeheim froh, dass wir weder um Geld noch um Alkohol spielten, denn in diesem Fall hätte meine Geldbörse an diesem Abend sicherlich einigen Schaden genommen.
    Schließlich zog ich mich in mein Bett zurück, während Hagen wie üblich noch bis weit in die Nacht hinein den Gesprächen und Geschichten der übrigen Gäste lauschte, den einen oder anderen derben Spaß machte, viel Vergnügen dabei empfand, aber es trotzdem schaffte, nicht sonderlich aufzufallen.
    Doch die Nacht war schließlich ein Flüstern und das Dunkel Gegenstand ihres Gesprächs.

K apitel 2

    Niemalstal
    1.
    A ngst war die grässlichste aller Begleiterinnen.
    Angst war grässlicher als Schmerz, denn Schmerz war bestimmbar, Schmerz wies auf eine Ursache hin, Schmerz war zielgerichtet. Angst war nichts von alldem, sie war das Chaos, gefangen in einem rationalen Körper.
    Ellen irrte auf dem Feld umher und wusste nicht, in welche Richtung sie ihre Gedanken lenken sollte. Sie versuchte gleichzeitig, die aufkeimende Panik zu unterdrücken, indem sie krampfhaft überlegte, in welche Richtung sie laufen sollte. Nebenbei verfluchte sie sich unablässig selbst für die Torheit und Blauäugigkeit, die ihr in ihrem Alter und mit ihrer Erfahrung eigentlich nicht mehr zustanden, die sie schon seit Jahren hinter sich zu lassen beabsichtigt hatte.
    Natürlich war es dumm gewesen, auf das Pferd zu steigen, ohne auch nur ein Wort mit ihrem Kunden gewechselt zu haben. Andererseits war die Verlockung einfach zu groß gewesen.
    Als Inhaberin ihres Etablissements hatte sie es schon lange nicht mehr nötig, ihre Dienste anzubieten. Sie war vielmehr Verwalterin und Geschäftsfrau, zuständig für das Wohl ihrer Mädchen und die Sicherung der qualitativen Seite ihres Hauses. Nur von Zeit zu Zeit – wenn sie ein speziell an sie gerichteter Wunsch erreichte oder eine ähnliche derartige Anfrage – verfiel sie noch den Vorzügen ihres einstigen Berufes. Oder war es im Laufe der Jahre eine Art Berufung geworden? Manchmal war es die Suche nach dem Nervenkitzel, den sie so oft verspürt hatte, nachdem sie sich vor langer Zeit einmal restlos ihrer Skrupel entledigt hatte.
    Dies hätte eventuell eine derartige Gelegenheit werden können.
    Auch den Einwohnern Leyens, die ihrem stets offenen Hause nicht in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen einen Besuch abstatteten, war geläufig, dass dessen Inhaberin von Bildung und
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