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Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Titel: Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)
Autoren: Thilo Corzilius
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einer hineinlässt ... und sei es nachts um drei.“
    Sie rümpfte die Nase. „Werd ’ bloß nicht frech, Lucien! Du weißt, dass du dich als Franzose glücklich schätzen kannst, überhaupt irgendwo ein Zimmer zu finden.“
    „Schweizer.“
    „Bitte?“
    „Ich sagte, ich bin Schweizer. Daher der französisch anmutende Name. Übrigens nimmt uns jeder auf, dem wir genug Bares in die Hand drücken – und das tun wir garantiert.“
    „Ihr seid zu faul, mit eurem ganzen Trödelkram umzuziehen.“
    Möglich. Doch das war etwas, das sich demnächst sehr schnell ändern könnte, wenn sich in Sachen Höflichkeit hier im Hause nicht geringfügige Besserungen ergeben würden .
    „Wir kommen und gehen, wie es uns beliebt“, stellte ich unumwunden fest, um die Diskussion zu beenden. „Ich denke, die ausgehandelte Miete dürfte uns über solche Formalitäten erhaben machen. Wir zahlen zu viel und zu pünktlich und sind daher eine sichere Einnahmequelle für euch. Behaltet das bitte im Hinterkopf!“
    Elsa funkelte mich aus ihren eng beieinander liegenden Augen an, und ich konnte darin genau jene Habgier erkennen, die es ihr in diesem Augenblick verbot, weiterhin ihren Unmut über die wie auch immer geartete persönliche Misere ihres Lebens an mir auszulassen. Dann schnaubte sie verächtlich und ging ihrer Wege. Sicherlich hatte sie noch irgendwo ein Zimmer herzurichten.
    Ich trat endlich durch den Türrahmen und ließ mich samt Koffer auf ein Bett fallen.
    Hagen trat ein, eine Zigarre mithilfe eines Fidibusses entzündend. Die Ärmel seines Leinenhemdes hatte er wie so oft hochgekrempelt. Auch er ließ sich einfach auf sein Bett fallen. Aus der Hosentasche förderte er seine Ausgabe von Pandora zutage.
    „Hast du dir je überlegt, dass Elsa schlimmer werden könnte als der verfluchteste aller Poltergeister, wenn sie bemerkt, dass du hier rauchst?“, fragte ich beiläufig, aber mit drohendem Unterton in der Stimme.
    „Zunächst bezweifle ich, dass sie weiß, was eine Zigarre ist, geschweige denn jemals eine gesehen hat“, konterte Hagen. „Darüber hinaus frage ich mich ohnehin, warum wir nicht schon längst umgezogen sind.“
    „Das hat Gründe.“
    Hagen zog fragend eine Braue hoch. Wie er dieses mimische Kunststück anstellte, blieb mir ein Rätsel, aber es eignete sich hervorragend, um seine Geringschätzung zu untermauern.
    „Walther und Elsa gehören zu jenen Menschen, die die Klappe halten, wenn sie nur gut genug bezahlt werden.“
    „Außer, es berappt jemand noch mehr“, gab Hagen zu bedenken.
    „Tja“, meinte ich. „Loyalität ist eben käuflich. Aber wer sollte etwas über uns erfahren wollen, das ihm darüber hinaus auch noch ein entsprechendes Sümmchen wert wäre?“
    „Gibt es weitere Gründe?“, hakte Hagen nach.
    „Wir sind zu faul ...“
    Eine Sekunde lang trafen sich unsere Blicke, dann mussten wir schallend lachen.
    „Was ist denn hier los, meine Herren?“, erkundigte sich ein gespielt entrüsteter Salandar, der zur Tür hereinblickte.
    Ich rang nach Luft.
    „Hagen und ich haben die Gründe diskutiert, warum wir uns keine höflichere Unterkunft suchen.“
    Salandars rundes Gesicht verzog sich, während er sich nachdenklich über seinen gepflegten Henriquatre strich und schließlich in völligem Ernst feststellte: „Wir sind zu faul.“
    Hagen und ich drohten einen Augenblick lang vor Lachen zu ersticken ...
    Nachdem wir uns beruhigt hatten, der letzte Lacher verhallt und die letzte Träne getrocknet war, pflanzte Salandar seinen massigen Leib auf einen kleinen Schemel und zog einen Briefumschlag aus einer seiner Manteltaschen, auf dem die Reste eines Wachssiegels zu erkennen waren.
    „Kommen wir zum Geschäftlichen.“
    Hagen und ich sahen neugierig zu ihm auf.
    „Ratet mal, von wem dieses Schreiben stammt, das die gute Elsa für uns entgegengenommen hat.“
    Wir schauten weiter fragend. „Wieso hat sie es überhaupt hier behalten und es uns nicht mit der übrigen Post hinterhergeschickt?“
    Salandar sah mich schief an. „Jemand hat ihr Geld dafür gegeben, dass es uns persönlich zugestellt wird. Braucht die gute Elsa einen anderen Grund außer Geld, um irgendetwas zu tun?“
    Ich seufzte. So war sie, unsere bezaubernde Gastgeberin.
    Hagen war ungeduldiger. „Nun sag schon, wer das Schreiben geschickt hat!“
    Ein wissendes und zugleich überlegenes Lächeln umspielte Salandars fleischige Lippen, als er den Brief aus dem Umschlag zog, entfaltete und uns mit so viel
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