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Landkarten des Lebens

Landkarten des Lebens

Titel: Landkarten des Lebens
Autoren: Rainer Gundula u Waelde Gause
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Mich mit dem Glauben meiner Vorfahren zu beschäftigen, hat mir immer viel bedeutet. Ich ging als Kind regelmäßig in die Kirche und in die Sonntagsschule und liebte die biblischen Geschichten. David und Goliath! Daniel in der Löwengrube! Ich lebte in diesen Geschichten, sie faszinierten mich mehr als Kinderbücher oder das Fernsehen. Im Laufe meiner Jugendzeit merkte ich natürlich, dass Glaube ein bisschen mehr bedeutet, als sich nur von spannenden Geschichten in den Bann ziehen zu lassen. Meine Konfirmation beging ich sehr bewusst und ernsthaft – die Werte der Bibel mit Leben zu füllen, war mir ein wichtiges Ziel.
    Auch wenn sich seither mein Glaube und meine Haltung zur Religion sehr verändert haben – mein Heimatort ist für mich auch der Ort, an dem meine persönliche Reise mit Gott begann und schon allein deshalb spielt er eine wichtige und unersetzliche Rolle für mich.
Am Ende überwiegt das Gute
    Die Orte auf meiner Lebenslandkarte führen mich also zu den Säulen meiner Identität – denn nicht nur eine ländliche oder städtische Herkunft prägen unsere Persönlichkeit, sondern auch die familiären Wurzeln mit ihren ethischen und religiösen Werten. Ebenfalls zu diesen Säulen gehört aber auch die Sozialisation, sprich: die Schul- und Ausbildungszeit. Ich mache mich deshalb auf den Weg nach Denzlingen vor den Toren Freiburgs. Dort bin ich zur Schule gegangen, zuerst auf die Grundschule, später aufs Gymnasium. Ich denke an den Brief, den ich vor einigen Wochen von einem ehemaligen Schulfreund bekommen habe. Als ich seinen Namen auf der Absenderadresse las, sagte mir dieser Name zunächst nichts – ich konnte mich nicht mehr an diesen Schulfreund erinnern. Als ich den Brief aber las, fiel mir wieder ein, wer er war – denn in seinem Brief entschuldigte er sich bei mir dafür, dass er mich in den ersten Schuljahren immer gehänselt hat. Nach über 40 Jahren entschuldigte er sich dafür! Das rührte mich sehr und ich führte danach einen ausführlichen Dialog mit diesem Schulfreund.
    Als ich nun vor dem alten Schulgebäude in Denzlingen stehe, fällt mir wieder ein, dass mein Bruder und ich auch von anderen Mitschülern sehr viel gehänselt worden waren, denn wir hatten beide knallrote Haare. Als ich acht Jahre alt war, sagte jedoch einmal ein Pastor zu mir: „Was für ein schöner Junge du bist! Du hast Haare wie König David, und das war einer der schönsten Männer seiner Zeit!“ Von diesem Tag an war ich gegen die Spötteleien meiner Umwelt immun und trug meine roten Haare mit großem Stolz.
    Die Schule an sich machte mir nie viel Spaß. Dafür verwirklichte ich mich lieber in kleinen und großen Projekten, für die ich viel Lob und Anerkennung bekam. Da war zum Beispiel die Schülerzeitung, die ich ins Leben rief und jahrelang in die Tat umsetzte. Deswegen kann ich heute auch das Fazit ziehen, dass meine Schuljahre echte Glücksjahre waren. Sie sind für mich untrennbar mit meinem ersten journalistischen Unternehmertum verbunden und in der Erinnerung von einer guten und fruchtbaren Zusammenarbeit mit den anderen Schülern geprägt, die gemeinsam mit mir an der Schülerzeitung arbeiteten, aber auch mit den Lehrern, die uns unterstützten.
    Anders ist es mit meiner Studienzeit, die ich in Kehl an der Fachhochschule verbrachte. Eigentlich wäre ich nach dem Abitur gerne Designer oder Fotograf geworden, aber ich gab einem großen Wunsch meiner Familie nach und bereitete mich auf eine Laufbahn als Bürgermeister oder zumindest höherer Beamter vor, indem ich Jura und Betriebswirtschaft studierte. Schon während meines Grundstudiums sagte mir einer meiner Professoren direkt auf den Kopf zu, dass ich mich doch überhaupt nicht für die Juristerei interessiere. Recht hatte er, auch wenn ich das damals noch nicht zugeben konnte. Meine Studienjahre waren eine ziemliche Quälerei für mich. Über Wasser gehalten habe ich mich eigentlich nur, indem ich auch dort journalistisch tätig war und für die Studentenzeitung arbeitete. Nachdem ich mein Examen gemacht hatte, war ich nie wieder dort – bis zu diesem Tag, an dem ich nach meinem Besuch in Freudenstadt und Denzlingen nun auch in Kehl vor dem Haus stehe, in dem ich so viel Zeit verbracht habe. Vor diesem Moment hatte ich mich fast ein bisschen gefürchtet. Ich war mir nicht sicher, ob es wirklich so hilfreich ist, auch an Orte zu reisen, mit denen man fast ausschließlich Negatives verbindet.
    Als ich nun endlich angekommen bin und mir nach der
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