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Land der wilden Sehnsucht

Land der wilden Sehnsucht

Titel: Land der wilden Sehnsucht
Autoren: Margaret Way
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vertraut?“, spottete Amanda. „Sag mir vor allem eins: Gibt es Geld? Machte er einen reichen Eindruck? Mark hat mir keinen Cent hinterlassen.“
    Amanda war in der Familie immer gut versorgt gewesen. Die Fleurys hätten auch jetzt die Verantwortung für ihr verpfuschtes Leben übernommen, aber da waren die Kilcullens, und die hatten Geld.
    „Sei nicht ungerecht“, sagte Sienna. „Immerhin habt ihr nicht schlecht gelebt. Anscheinend hat seine Mutter ihn immer wieder mit dem nötigen Geld versorgt, ohne dafür eine Gegenleistung zu bekommen. Und noch etwas, das du über Nacht bedenken solltest. Blaine …“
    „Ihr nennt euch schon beim Vornamen?“
    Sienna vermochte ihre Cousine plötzlich nicht mehr zu ertragen. „Ich kann ihn wohl kaum Mr Kilcullen nennen, wenn er mit Mark verwandt ist. Er möchte unbedingt, dass du ihn nach Australien begleitest, wo du, wie er sagt, herzlich willkommen bist. Mark hat eine Zwillingsschwester. Sie heißt Marcia. Die beiden haben sich offenbar nicht so gut verstanden.“ Von der verlassenen Verlobten sagte sie vorläufig nichts. Das wäre im Moment zu viel gewesen.
    „Mark hätte mich nie belogen“, lallte Amanda, die, wenn sie nüchtern war, ihre Sätze oft nur mit fast gehauchter Stimme sprach.
    „Trotzdem hatte er eine Zwillingsschwester. Die Wahrheit bedeutete ihm nicht viel, Mandy. Er hat uns alle ständig hinters Licht geführt. Sein wahres Wesen und seine Vergangenheit hielt er geheim. Vermutlich hat er uns insgeheim ausgelacht. Er hatte einen gemeinen Zug.“
    „Er war ein wunderbarer Ehemann!“
    Das übliche Leugnen, dachte Sienna. „Du widersprichst dir ständig, Mandy. Warum sollte ich immer als Dritte dabei sein? Du hast es mir nie gesagt. War eure Ehe so früh schon kaputt? Wann wirst du endlich lernen, ehrlich vor dir selbst zu sein!“
    Eine kurze Pause trat ein, dann erklärte Amanda schroff: „Du musst eins begreifen, Sienna. Wenn meine Ehe kaputt war, lag es an dir. Du musstest mir auch noch das Letzte wegnehmen.“
    Sienna war zu empört, um das Gespräch fortzusetzen. Manche wurden durch Alkohol fröhlich, andere unleidlich. „Ich lege jetzt wirklich auf, Amanda“, sagte sie in der Überzeugung, dass sich ihre Cousine kaum bessern würde. „Du bist betrunken und weißt nicht mehr, was du sagst. Du strapazierst meinen guten Willen. Falls du vorhast zurückzurufen … ich ziehe den Stecker raus.“
    „Na los!“, schrie Amanda in den Hörer. „Nur zu!“
    Sienna tat es und blieb nachdenklich neben dem Telefon stehen. Es gab nur zwei Möglichkeiten, mit Amanda umzugehen. Man musste sie ertragen oder sich von ihr trennen, was nach so langer Zeit nicht infrage kam. Hoffentlich begegnete sie noch einmal einem Mann, der sie liebte und unter seine Fittiche nahm.
    Sienna unterhielt sich gerade mit Nadine Duval, einer guten Kundin und Freundin der Familie, als Amanda die Galerie betrat.
    „Sienna!“, rief sie, da unten niemand zu sehen war. „Wo bist du?“
    Ihre Stimme klang erschreckend hoch und schrill. Sie brach sich an den weiß getünchten Wänden des unteren Showrooms, an denen noch die Bilder von Lucien Fleurys letzter Ausstellung hingen, und drang bis in den ersten Stock hinauf.
    Nadine, die gerade ein Vermögen für eins von Luciens Meisterwerken bezahlt hatte, lächelte verständnisvoll. „Das wird Amanda sein“, sagte sie. „Die arme Seele. Wir fühlen alle mit ihr, aber ich wette, dass sie es Ihnen nicht leicht macht. Sie müssen sich von ihr frei machen, Sienna.“ Die Warnung kam nicht zum ersten Mal. „Die Frau bringt Unheil.“
    „Im Moment leidet sie nur“, erwiderte Sienna, die vor Nadine die schmale Wendeltreppe hinunterging.
    „O ja, natürlich“, meinte Nadine ironisch.
    „Das Bild wird heute Nachmittag geliefert“, versprach Sienna ihr an der Tür.
    „Danke, meine Liebe.“ Nadine reichte ihr die Hand. „Ich würde mich gern einmal mit Lucien treffen. Vielleicht zum Essen?“
    „Ich sage ihm Bescheid.“
    Ein flüchtiger Kuss, dann eilte die Freundin davon.
    Amanda sah hinfälliger aus, als ihre durchdringende Stimme vermuten ließ. Sie hatte stark abgenommen, was sie sich gar nicht leisten konnte. Ihre zarte Haut, auf die sie stolz sein konnte, wirkte fast durchsichtig. Unter ihren blauen Augen lagen dunkle Schatten, und ihre sonst so hübschen blonden Locken hatten alle Spannkraft verloren.
    „Ich kann die nicht leiden“, verkündete sie schmollend.
    Sienna sah Nadine nach, die gerade in ihren Wagen stieg.
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