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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
Autoren: Ilona Andrews
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etwas an sich, das sie vor ihm zurückschrecken ließ. Er sah gut aus, und sie hätte ihn gern sympathisch gefunden. Aber das tat sie nicht. Er hatte Peter vorhin fast wie ein Raubtier angestarrt. »Sie sind nicht mein Typ.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Wir haben kaum mehr als zwanzig Worte gewechselt.«
    Das stimmte. Sie wusste überhaupt nichts über ihn. Da war es auf jeden Fall klüger, ihm eine Abfuhr zu erteilen und sich wieder hinter ihre Wehrsteine zu verdrücken. Um sich zu verstecken . Bei dem Gedanken sträubte sich etwas in ihr, so wie damals, am Anfang der fünften Klasse, als Sarah Walton sie zum ersten Mal Hurentochter genannt hatte. Die typische Halsstarrigkeit der Draytons, die ihre Großmutter berühmt gemacht hatte, erhob ihr krauses Haupt. Nein, dachte sie. Sie würde sich nicht für den Rest ihres gottverdammten Lebens hinter ihren Wehrsteinen wegducken.
    Andererseits würde sie auch niemand dazu zwingen, etwas zu tun, was ihr gegen den Strich ging. Das wäre eine genauso schwache Leistung.
    »Sie sind ein netter Kerl, William, aber ich kann wirklich nicht. Morgen ist der erste Schultag, da muss ich zu Hause sein.«
    Er sah sie lange an, dann hob er mit nach außen gekehrten Handflächen die Arme. »Okay. Vielleicht laufen wir uns ja irgendwann noch mal über den Weg.« Er ließ es wie ein Versprechen klingen.
    »Vielleicht«, sagte sie.

 
    3
    Der Mittwoch setzte alles daran, möglichst ungemütlich zu verlaufen.
    Mit plärrendem Signalhorn raste ein weißer Sattelschlepper an ihr vorbei. Rose würdigte ihn keines Blickes. Die Nadel ihrer Benzinanzeige war schon bis an den linken Rand des gelben »E« gekippt.
    »Bloß noch bis ins Edge«, murmelte sie. »Mehr verlange ich ja gar nicht.«
    Der alte Ford rumpelte knirschend weiter. Um Benzin zu sparen, fuhr sie nicht schneller als dreißig Meilen pro Stunde. In der Ferne ging langsam die Sonne unter und tauchte den Himmel in bedrohliches Rot. Sie war viel zu spät dran.
    Sie hatte heute wegen eines Notfalls in der T-Shirt-Druckerei länger arbeiten müssen – natürlich für die üblichen sieben Dollar Stundenlohn. Ein wütender Angestellter hatte die klebrige Flüssigkeit, mit der die T-Shirts während des Druckvorgangs fixiert wurden, auf dem Boden ausgekippt. Bis die Besitzer mitbekamen, was passiert war, und Blitzblank verständigten, hatte sich auf dem Fußboden ein grässliches Durcheinander aus allem möglichen Dreck verteilt. Gegen die klebrige Masse half nur noch ein Mittel: Terpentin. Also hatten sie und Latoya die letzten zwei Stunden auf Händen und Knien damit zugebracht, die Fliesen förmlich darin zu ertränken. Jetzt stanken ihre Finger nach Terpentin. Das Zeug war überall, auf ihrer Haut, in ihren Haaren, auf ihren Schuhen … Und ihr schmerzte der Rücken. Sie wollte nur noch heim und sich unter die Dusche stellen. Klar, sie war Putzfrau, aber das hieß noch lange nicht, dass sie auch wie eine riechen musste.
    Ein Teil von ihr bedauerte, dass sie Williams Einladung ausgeschlagen hatte. Er kam zwar nicht für eine Beziehung infrage, aber als Freund wäre er womöglich nicht ungeeignet. Dann hätte sie jemanden außerhalb des Edge, mit dem sie sich mal unterhalten konnte. Verpasste Chance, sagte sie sich. Sie hatte Nein gesagt, und damit basta.
    Vor ihr tauchte die vertraute Biegung der Potter Road aus dem Gehölz auf. Endlich.
    Der Truck hustete.
    »Komm schon, Junge. Du schaffst das.«
    Aber der Ford hustete abermals. Sie nahm sofort den Fuß vom Gas, lenkte den alten Truck herum und ließ ihn über das Bankett zwischen die Bäume rollen. Sie fuhr jetzt nur noch zehn Meilen pro Stunde. Brauchte fast kein Benzin mehr. Nur ein paar Tropfen …
    Sie überquerten die Grenze, und in ihr loderte die Magie auf, erfüllte sie mit Wärme. Dann erstarb mit leisem Knattern der Motor, und Rose ließ den Truck im Strauchgewirr ausrollen. Sofort schloss sich das Gebüsch hinter ihr. Sie parkte, stieg aus, verriegelte den Ford und klopfte auf die heiße Motorhaube. »Danke schön.«
    Heute war der erste Schultag, und für Benzin fehlte es hinten und vorne. Wenigstens hatte Großmutter sich bereit erklärt, die Kinder am Ende der Straße abzuholen und auf sie aufzupassen, bis Rose nach der Arbeit wieder zu Hause eintrudelte. Normalerweise kamen die beiden prima alleine zurecht, aber heute war ein besonderer Tag. Sie brauchten jemanden, dem sie umgehend von den weltbewegenden Neuigkeiten des ersten Schultags berichten konnten.
    Rose
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