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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen
Autoren: Michael Peinkofer
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sodass Erwyn verhalten aufatmete und Mux erleichtert murmelte: »Ach, lasst mich den Schöpfer preisen. Der Bercht wird mich nicht gleich ver-ver-verschlingen.«
    Alphart schaute Urys und Walkar, die beiden verbliebenen Gefährten, herausfordernd an. »Nun, wer will der Nächste sein? Habe ich am Ende nur noch den kurzen Halm in der Hand, werdet ihr wohl nichts mehr dagegen einzuwenden haben, wenn mich der Bercht als Ersten frisst.«
    »Dann, Wildfänger, war es das Schicksal, das dich zum Sterben bestimmte, nicht du selbst«, erwiderte Urys und griff kurzerhand nach einem der übrigen drei Halme.
    Es war der kurze.
    »Nein!«, rief Erwyn entsetzt, und es war, als würde ihn eine Enzfaust treffen; taumelnd wich er zurück, bis ihn die Höhlenwand in seinem Rücken stoppte.
    Sein Ziehvater jedoch blieb gelassen.
    »Es ist entschieden«, sagte Urys, dessen bärtige Züge eher Erleichterung denn Entsetzen zeigten. »Wenn der Bercht zurückkehrt, werde ich ihn begleiten.«
    »N-n-nein…«, stammelte Erwyn. Er starrte seinen Ziehvater aus großen Augen an, das Gesicht eine Maske namenlosen Schreckens.
    »Das musst du nicht«, sagte Alphart zu dem Zwerg.
    »Willst du dich dem Schicksal widersetzen?«, fragte Urys und blickte ihm prüfend ins Gesicht. »Es mag eigenartig für dich klingen, Wildfänger – aber ich wusste, dass es von dieser Fahrt keine Rückkehr für mich geben würde. Ich habe es gefühlt, schon als wir Glondwarac verließen.«
    »A-aber Vater«, rief Erwyn, »warum hast du uns dann dennoch begleitet?« Der Junge war außer sich vor Verzweiflung. Er stand da, den Rücken gegen die Höhlenwand gepresst, die Hände in den Fels gekrallt.
    »Weil ich einst geschworen habe, mein Leben lang an deiner Seite zu stehen«, antwortete der Zwerg. »Und weil ich dabei sein wollte, wenn deine große Stunde schlägt.«
    »Und ich… ich habe versagt…« Tränen glitzerten in Erwyns großen Augen.
    »Das weißt du nicht.«
    Erwyn schluchzte. Er löste sich von der Höhlenwand, trat zaghaft auf seinen Ziehvater zu. »Aber der Drache…«
    »Noch ist nicht alles verloren«, sagte Urys voller Überzeugung und ergriff mit der Hand den linken Arm Erwyns. Der Junge stand vor ihm und zitterte und bebte vor innerer Erregung. »Das wäre es, was euch Yvolar jetzt sagen würde.«
    »Yvolar«, echote Alphart spöttisch. »Der Druide hat uns so allerlei Versprechungen gemacht, aber dann ist er gegangen, ohne auch nur eines zu halten.«
    »Das bedeutet nicht, dass er gelogen hat«, sagte Urys und wandte sein bärtiges Gesicht dem Wildfänger zu. »Yvolar ist dem Volk von Glondwarac immer ein verlässlicher Freund gewesen. Ich sehe keinen Anlass, an seinen Worten zu zweifeln.«
    »Du siehst dazu keinen Anlass?«, rief Alphart. »Nicht einmal an einem Ort wie diesem? Nachdem du den kürzeren Strohhalm gezogen hast?«
    »Du hast mich nicht verstanden, Wildfänger«, erwiderte der Zwerg, und plötzlich wirkte er tief bekümmert. »Ich glaube an Yvolars Worte, gerade weil ich den kürzeren Strohhalm zog. Täte ich es nämlich nicht, wäre alles vergebens, und das würde ich nicht ertragen.«
    »Dann betrügst du dich selbst«, hörte sich Alphart murmeln – aber zu seinem eigenen Erstaunen empfand er nicht, was ihm über die Lippen kam. Im Gegenteil regte sich tief in seinem Inneren Widerstand gegen seine eigene Bitterkeit und Resignation.
    Aber war es nicht zu spät dafür? Zu spät, um noch irgendetwas ändern zu können?
    Er sah, wie Erwyn vor seinem Ziehvater in die Knie sackte und die Arme um ihn schloss. Dann begann der Junge leise zu weinen.
    Unwillkürlich ballte Alphart die Hände zu Fäusten…

 
    5
     
     
     
    Als tief verschneite Senke erstreckte sich das Obertal vor Yvolar dem Druiden. Zu beiden Seiten war es gesäumt von Tannen, über die der frühe Winter ebenfalls seinen weißen Mantel gebreitet hatte; nur die schwarzen Stämme bildeten einen Kontrast in dem endlos scheinenden Weiß. Dahinter ragten die gezackten Grate der Berge auf, die in der Ferne mehr zu erahnen denn wirklich zu sehen waren. Der Ruadh Barran, der sich weit im Osten erhob, war kaum zu erkennen in den tief hängenden Wolken, die sich in immer neuen Schneefällen entluden.
    Yvolar zweifelte längst nicht mehr daran, dass dies Muortis’ Werk war; er bediente sich dafür des Eisdrachen, der in den Tiefen von Urgulroth sein zerstörerisches Werk verrichtete. Nicht mehr lange, und das Eis würde sich einem riesigen Ferner gleich über die Täler breiten
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