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LaNague 05 - Der Tery

LaNague 05 - Der Tery

Titel: LaNague 05 - Der Tery
Autoren: F. Paul Wilson
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dem Mann, das mir nicht gefällt.«
    »Das dir nicht gefällt? Er hat weder dir noch sonst jemandem von uns jemals etwas zuleide getan. Im Gegenteil – er war uns immer ein guter Freund.«
    »Vielleicht habe ich mich nicht richtig ausgedrückt. Ich weiß nicht. Er ist hinterlistig. Er scheint uns ständig zu beobachten. Vielleicht spioniert er uns in Kitrus Auftrag nach.«
    »Falls das seine Absicht war, meine Liebe, hätte er die Truppen schon vor langem hierherführen können. Und vergiß nicht, wie er sich gegenüber diesem Tery verhalten hat – keiner von Kitrus Leuten würde das tun.«
    Aber Adriel ließ es nicht zu, daß ihr Verdacht eingeschläfert wurde. »Ich kann zwar nicht erklären, warum er das heute getan hat, aber …«
    »Versuch nicht, Tlad zu erklären«, unterbrach sie ihr Vater. »Er ist nicht wie wir. Er lebt ganz allein hier draußen, stellt Tongefäße her und läßt jedermann in Ruhe. Er scheint sich vor niemandem zu fürchten. Aber Schluß jetzt damit. Wir haben Dringlicheres zu erledigen.«
    »Oh?« Sie legte dem Tery den letzten Verband an und sah auf.
    »Ja. Es geht das Gerücht, Oberlord Mekk wolle bald eine persönliche Inspektionsreise in alle seine Gebiete antreten. Wahrscheinlich sendet Kitru deshalb seine Leute in den Busch, um die Terys zu töten: Er will einen guten Eindruck auf den Oberlord machen.« Er hielt einen Moment inne, dann fuhr er fort: »Das Geschöpf hier wurde beunruhigend nahe an unserem Lager aufgelesen. Nächstes Mal könnten Kitrus Leute auf uns stoßen. Wir müssen weiter. Und zwar bald.«
    Er erhob sich, stützte die Hände auf die Hüften und ließ seinen Blick über das in seltsamer Ruhe daliegende Lager gleiten. Jede Bewegung hörte abrupt auf, als sich alle umdrehten, um den großen Mann anzusehen. Nach einem Augenblick wandte er sich wieder Adriel zu, und im Lager setzte erneut rege Betriebsamkeit ein.
    »Fang an, unsere Sachen zusammenzupacken, sobald du mit dem hier fertig bist. Bei Anbruch der Morgendämmerung ziehen wir weiter.«

 
III
     
    Sie waren fast fünfzig an der Zahl, diese sonderbaren, schweigsamen Leute. Der Tery beobachtete fasziniert, wie sie wortlos Hand in Hand arbeiteten. Als es dämmerte, bauten sie mit unglaublicher Geschwindigkeit das Lager ab, beluden ihre Packtiere und machten sich durch den Wald, in den bereits das Sonnenlicht einfiel, zu einem neuen, geschützteren Zufluchtsort auf den Weg.
    Den Tery, der noch von seinen Wunden geschwächt war, befiel jedesmal Übelkeit und Schwindel, wenn er sich aufzurichten versuchte. Er hatte die Nacht in dem tiefen, ungestörten Schlaf äußerster Erschöpfung verbracht und fuhr in der Morgendämmerung hellwach und fröstelnd auf.
    Adriel jedoch war schon vor ihm munter und abmarschbereit. »Na, na«, sagte sie weich und drückte seine Schultern wieder auf die Liege, auf der er die Nacht verbracht hatte. »Du brauchst doch nirgendwo hinzugehen, und du sollst auch nicht.« Ihre Stimme war sanft und beruhigend, denn der Tonfall sollte ihm die Bedeutung der Worte vermitteln; sie konnte ja nicht wissen, daß er sie verstand. »Schau mal, ob du das magst.«
    Sie stellte eine flache Tonschüssel mit Milch und rohen Fleischbrocken vor ihn hin. Mit zwei, drei hastigen Bewegungen schaufelte er das ganze Fleisch in seinen Mund, verschluckte es gierig und schlürfte dann die Milch.
    Adriel beobachtete ihn beeindruckt. »Mußt du ausgehungert sein! Aber jetzt gibt es nichts mehr, denn du wirst krank, wenn ich dich soviel essen lasse, wie du willst.« Sie goß ein wenig Wasser in die leere Schüssel. »Trink, das wird fürs erste alles ein.«
    Als alle zum Aufbruch bereitstanden, wurde die Liege des Tery wieder auf einem der Reittiere befestigt. Adriel breitete eine Decke über ihm aus und ging neben ihm, als sie sich in Marsch setzten; eine Hand hatte sie beruhigend auf seine Schulter gelegt.
    Der Tery betrachtete seine Wohltäterin. Sie hatte ein klares, offenes Gesicht, in dem er aber wenig lesen konnte. Sie schien weder glücklich noch unglücklich zu sein, weder zufrieden noch unzufrieden – einsam vielleicht? Er dachte, daß es für die Tochter eines Anführers – und das war ihr Vater doch wohl – ungewöhnlich sei, sich einsam zu fühlen. Vielleicht war sie nach menschlichen Maßstäben nicht hübsch.
    Als sie unter den Bäumen marschierten, kam ein junger Mann heran und paßte seine Schritte den ihren an. Er hatte eine gute Figur, lockiges braunes Haar, und er lächelte leicht. Der Anflug
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