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LaNague 05 - Der Tery

LaNague 05 - Der Tery

Titel: LaNague 05 - Der Tery
Autoren: F. Paul Wilson
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vier Retter hielten an, lösten die Bahre von dem Pferdegeschirr und ließen sie langsam nieder, bis der Tery flach auf dem Boden ausgestreckt war. Einer von ihnen rief das erste und einzige Wort aus, das während der ganzen Unternehmung fiel.
    »Adriel!«
    Ein Mädchen schlüpfte aus einer nahe gelegenen Hütte. Sie war jung – vielleicht siebzehn Sommer –, ein bißchen füllig, aber recht hübsch. Als sie den Tery erblickte, eilte sie herüber und kniete an seiner Seite nieder, um die Verletzungen zu begutachten.
    »Wie schlimm er zerschnitten ist!« sagte sie. Ihre Stimme war hoch und klar und voller Mitgefühl. »Wie ist es passiert?«
    »Das sind Schwertwunden«, sagte einer der anderen Männer ein wenig ungeduldig. »Also können es nur die Leute von Kitru gewesen sein.«
    »Und warum habt ihr ihn hergebracht?«
    Der erste Mann zuckte die Achseln. »Tlad kam auf die Idee. Er hat die Kreatur gefunden und deinen Vater irgendwie dazu überredet, daß wir ihm helfen. Deshalb schickte uns dein Vater nach ihm aus.«
    Adriels Brauen sträubten sich. »Tlad hat so etwas getan? Das sieht ihm gar nicht ähnlich.«
    Wieder zuckte der Mann die Achseln. »Wer kann denn überhaupt Tlad begreifen?« Er deutete auf die Hütte. »Ist dein Vater da drin?«
    »Nein.« Adriel erhob sich und wies auf einen entfernten Winkel des Lagers. »Er ist irgendwo dort drüben.«
    Die Männer gingen schweigend davon, während das Mädchen in die Hütte zurückkroch. Sie erschien wieder mit einem feuchten Lappen und kniete sich neben den Tery. Er kämpfte gegen die Ohnmacht, und dann als letztes, ehe die Schwärze ihn wieder überwältigte, erinnerte er sich an das kühle, nasse Tuch, wie es Schmutz und getrocknetes Blut von seinem Gesicht wischte, und wie eine sanfte Stimme flüsterte:
    »Armes Ding … armes Ding …«

 
II
     
    »Glaubst du, er bleibt am Leben?« fragte eine Stimme hinter Adriel.
    Sie sah hoch. Ein bärtiger Mann, hochgewachsen und sehnig, stand da. »Oh, Tlad. Ja, ich denke ja. Wenn seine Wunden nicht zu sehr eitern, wird es schon gut werden.«
    »Gut«, erwiderte der Mann mit einem schnellen Nicken und wollte sich umdrehen.
    »Warum hast du meinen Vater dazu aufgefordert, den verwundeten Tery ins Lager zu schaffen?« fragte sie.
    »Er brauchte Hilfe, und ich konnte ihm nicht helfen.«
    Sie blickte ihn an. Sein schütteres hellbraunes Haar hob sich vom dunkleren Braun des Bartes ab. Er war schmutzig und roch schlecht, und sie mochte ihn nicht sehr. Er erwiderte ihren Blick.
    »Das war nett von dir«, sagte Adriel.
    »Ihr lauft beide vor derselben Sache davon – ich dachte, du würdest ihm ganz gerne ein wenig helfen. Und er sah so aus, als ob er alle Hilfe brauchen würde, die er bekommen könnte. Gib dir Mühe.«
    »Es ist nicht nötig, daß du mir das sagst!« antwortete sie heftig, ohne ihren Ärger zu verbergen.
    Er lachte kurz und bellend auf und schlenderte zu seinem Karren. In einer einzigen, geschmeidigen Bewegung bückte er sich, packte beide Griffe und machte sich auf in die Wälder; den Karren zog er hinter sich her. Ein paar Scherben von zerbrochenen Tongefäßen klapperten hintendrin, und das linke Rad quietschte auf seiner Achse.
    Sie sah ihm nach, bis das Dickicht ihn verschluckt hatte, dann wandte sie sich stirnrunzelnd wieder ihrer Arbeit zu. Tlad war heute in ihrer Achtung gestiegen, weil er für die arme Kreatur, die bewußtlos vor ihr lag, Mitgefühl gezeigt hatte, aber sie mochte ihn immer noch nicht. Sie konnte nicht genau sagen, warum, aber irgend etwas an ihm machte sie mißtrauisch.
    Sie ging in die Hütte zurück, um ein paar saubere Stoffstreifen zu holen, mit denen sie die tiefen Wunden des Tery verbinden wollte. Als sie wieder heraustrat, erblickte sie ihren Vater, der ihr über die Lichtung entgegenkam.
    »Lebt das Ding immer noch?« fragte er, als er sie erreicht hatte, und betrachtete den Tery, dessen massiger Körper neben ihr auf dem Boden lag. Komak war ein Mann von beträchtlicher körperlicher und geistiger Statur. Er hatte klare hellblaue Augen, und sein Gesicht wurde von struppigem rotem Haar und einem Bart wie von einer Mähne eingerahmt. Seine Haut wurde niemals braun – obwohl er zur Zeit alle seine Tage im Freien verbrachte, war sie von den Sonnenstrahlen ständig gerötet. Adriel hatte dieselbe Haar-, Haut- und Augenfarbe, doch war sie kleiner und von zarterem Körperbau.
    »Natürlich lebt er! Siehst du denn nicht, daß sich seine Brust bewegt?«
    Komak nickte. »Das ist
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