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LaNague 04 - Detektiv im Cyberland

LaNague 04 - Detektiv im Cyberland

Titel: LaNague 04 - Detektiv im Cyberland
Autoren: F. Paul Wilson
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betrachtete ich ihre Begleiter auf der Plattform und hätte vor Schreck beinahe B.B. von meinen Schultern kippen lassen. Es waren Brode selbst, einer seiner Helfer an der Plattformsteuerung und Lum.
    Was war hier im Gange?
    Eine Million Gedanken rasten durch mein Gehirn. War das ein Trick? Hatten sie Wendy einen Holo-Anzug verpaßt? Steckte etwa eine Schauspielerin darin? Aber nein, es sah nicht so aus wie ein Holo. Und was hatte Lum dort oben bei Brode zu suchen? Hatten sie ihn etwa irgendwie bestochen? Oder ihn soweit unter Druck gesetzt, wie sie es bei mir versucht hatten?
    Die Plattform blieb in dreißig Metern Höhe stehen. Jean sah immer noch benommen aus. Sie mußten ihr irgendeine Rede beigebracht haben. Eine Rede, die jeden ruhig nach Hause zurückkehren ließ.
    Sie beugte sich vor, und ihre weiche Stimme, hundertfach verstärkt, erfüllte die Pyramide: »Hal-hallo. Sie sagen, ich sei frei, ich könnte gehen, wohin ich will. Sind auch meine Lost Boys hier?« Und dann lächelte sie, und hinter ihr lächelte auch Lum, und da wußte ich, daß sie es war. Ich hatte keine Erklärung, wie das möglich war, aber sie war es wirklich. Plötzlich heulte ich wie ein kleines Baby. Ich, Sigmundo Dreyer, der niemals weint.
    Und um mich herum: Tumult, Aufruhr, Chaos, Geschrei. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Ansonsten gelassene, reservierte Menschen lachten und weinten und kreischten vor Freude, sprangen herum und ruderten mit den Armen wie Wahnsinnige. Sie jubelten, sie sprangen auf und nieder, sie umarmten sich und küßten sich gegenseitig und tanzten wild herum. Ich hätte schwören können, das Geläute von Kirchenglocken zu hören.
    Für eine Weile waren wir allesamt Wendys Lost Boys.

 
16
     
    Es dauerte einige Zeit, aber am Ende wurde es ruhig. Ich nehme an, die menschliche Stimme ist nur bis zu einem bestimmten Grad belastbar und quittiert dann einfach den Dienst.
    Während der ganzen Unruhe hatte ich mehr als einmal bemerkt, wie Brode und Lum die Köpfe zusammensteckten. Nun trat Brode hinter Jean und hob ruhegebietend die Hand. Seine tiefe, volle Stimme hallte durch die Pyramide.
    »Liebe Mitbürger. Aufgrund der Verwirrung hinsichtlich ihres genauen Status ihrer Bürgerschaft und um zu vermeiden, gegen die Hoheitsrechte Neekas zu verstoßen, habe ich Kraft der Sonderrechte, welche mir von der Zentralverwaltung der Megalops Charter zugestanden wurden, den Realmenschen-Status von Jean Harlow-c, der Frau, die auch unter dem Namen ›Wendy‹ bekannt ist, verlängert.«
    Freudenrufe und Applaus brandeten rund um mich herum auf, während ich mich fragte, was Brode damit beabsichtigte.
    »Dieser Status ist jedoch immer noch zeitlich begrenzt und hat vorläufigen Charakter. Sie muß innerhalb eines Monats wieder zu den Außenwelten zurückkehren.«
    Während sich Unruhe und Mißmut unter den Versammelten breitmachte, beeilte Brode sich, eine Erklärung abzugeben.
    »Aber ich möchte sie nicht alleine zurückkehren sehen. Genauso wie Sie alle wünsche ich mir, daß Wendys Traum sich erfüllt.«
    Niemals hätte ich erwartet, daß eine so große Menschenmenge so schlagartig verstummen kann. Wir alle hielten die Luft an und fragten uns, ob er wirklich aussprechen würde, was zu hören wir uns niemals auch nur erträumt hätten.
    »Wir können dafür natürlich keine öffentlichen Gelder abzweigen, daher ermächtige ich die First Bosyorkington Bank, eine Stiftung zu gründen: den Lost Boys’ Trust. Die dort gesammelten Gelder werden dazu verwendet, den Transport der unglücklichen Kinder, die wir Streuner nennen, zu den Außenwelten zu finanzieren.«
    Ein seltsamer Lärm, eher ein seismisches Rumoren, erhob sich von der Menge. Brode erhob seine Stimme, um besser verstanden zu werden.
    »Um die Stiftung zu eröffnen, spende ich selbst die ersten zehntausend Credits. Wenn wir alle mitmachen, können wir Wendy zur Verwirklichung ihres Traums verhelfen!«
    Das war es. Damit war seine Rede beendet. Er versuchte zwar, noch etwas zu sagen, doch die Lautsprecher der Pyramide wurden von dem Gebrüll der Begeisterung übertönt, das anfangs nur ein einziger Lärmteppich war, doch dann Form anzunehmen begann: »BRODE! BRODE! BRODE! BRODE! …«
    Ich beobachtete Lums grinsendes Gesicht und erkannte, daß Brodes mutiger Schritt nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen war. Lum hatte tatsächlich einen Weg gefunden, einem ehrgeizigen, hochrangigen Politiker zu so etwas wie Weitblick zu verhelfen und ihn zu einem Staatsmann zu
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