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LaNague 04 - Detektiv im Cyberland

LaNague 04 - Detektiv im Cyberland

Titel: LaNague 04 - Detektiv im Cyberland
Autoren: F. Paul Wilson
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wirklich nicht beleidigen, Sir, aber kann es sein, daß seit gestern bei Ihnen ein paar Synapsen durcheinandergeraten sind?«
    Er wollte darauf etwas antworten, hielt jedoch inne und starrte an mir vorbei auf den Datenstrom. Ich sah ebenfalls hin und gewahrte eine Nahaufnahme von Jeans Gesicht, während sie sich mit Brode unterhielt – eine Graffito-Wiederholung der nicht autorisierten Sendung von Nachrichtentyp Vier. Ihre Stimme klang laut herüber: »- Meinen Sie nicht, Sie könnten etwas für sie tun? Sie haben Macht und Einfluß. Können Sie ihnen nicht helfen, woanders ganz von vorne anzufangen? Ich werde es wohl nicht mehr können.« Und dann der Kommentar: »Madonna der Tunnels, bitte für uns!«
    Die Sequenz wurde sofort wiederholt. Brode wandte sich an seinen Helfer und schrie: »Holt sie raus! Jetzt!«
    Der Helfer sagte etwas in sein Mikrofon. Die Schleife verschwand mitten in ihrer dritten Wiederholung.
    »Wie ich schon bemerkte«, sagte Brode und schaute wieder hinunter auf die Menschenmenge unter uns, »ich weiß, daß Sie es schaffen können. Ich habe das gestrige Vid aus dem Parterre gesehen. Für eine Weile riefen sie sogar Ihren Namen anstatt den des Klons. Sie können sie dazu bringen, wieder Ihren Namen zu rufen. Und dann verkünden Sie ihnen, daß ihr ach so wertvoller Klon aus der Pyramide freigelassen wird, sobald die Menge sich völlig zerstreut hat.«
    Ich biß mir auf die Lippen, um dieses Gefühl einer seltsamen Leichtigkeit, das mich überspülte, zu verdrängen. Noch wollte ich es nicht glauben.
    »Ist das wahr?«
    Er löste sich schließlich vom Fenster und sah mich an. Seine Augen waren ausdruckslos und kalt.
    »Natürlich ist es das.«
    »Sie wird frei sein, überall hingehen zu können, wohin sie will?«
    »Auf gewisse Weise ja.«
    »Und was soll das heißen?«
    »Sie wird mit ihrem Eigentümer weggehen können.«
    Jean zurück zu Spinner – die plötzlich aufbrandende Woge der Wut, die mich durchraste, war kaum noch unter Kontrolle zu halten. Wenn er nicht der Administrator gewesen wäre …
    »Und Sie meinen, damit wird das hier beendet sein? Das wird es nicht!«
    »Oh, aber das wird es doch. Sie werden zu ihr kommen, aber sie wird sie nicht mehr kennen, sie wird nicht wissen, wer sie sind oder von was sie reden. Es wird noch die eine oder andere Unruhe geben, und dann wird auch das vorübergehen. Danach wird alles wieder so sein, wie es früher war.«
    »Sie wird gedächtnisgelöscht, und Sie werden nichts mehr von ihr hören!«
    »Das war eine richterliche Entscheidung. Dabei sind mir die Hände gebunden.«
    »Wie steht es denn mit einer Begnadigung oder einem Aufschub.« Ich wandte mich wieder zum Fenster.
    »Dafür ist es jetzt zu spät.«
    Ich stand da und starrte ihn an. Die Luft um mich wurde dickflüssig. Ich konnte sie nicht durch meine zusammengeschnürte Kehle einatmen. Die Schwerkraft verdoppelte, verdreifachte sich. Ich stolperte zum nächsten Sessel und saß da und versuchte zu atmen.
    Denn wenn ich wieder atmen könnte, dann würde ich Brode durch das Fenster werfen.
    Der einzelne Wächter schien etwas zu ahnen, er kam herüber und stellte sich zwischen Brode und mich.
    »Ich will sie sehen.«
    »Unmöglich. Sie wissen genauso wie ich, daß gedächtnisgelöschte Fälle noch für Stunden nach der Prozedur im Koma liegen und wochenlang desorientiert sind.«
    Für einen Zeitraum, der mir vorkam wie die Ewigkeit, trat Stille ein. Mein eigener Kopf fühlte sich an, als wäre er völlig ausgeräumt worden. Schließlich meldete Brode sich wieder. »Nun, reden Sie mit ihnen?«
    »Sie müssen völlig Ihren schmutzigen Verstand verloren haben! Ich werde ihnen raten, diesen Laden hier Stück für Stück auseinanderzunehmen.«
    Er sah mich an. Ein selbstgefälliger Ausdruck lag in seinem Gesicht.
    »Wollen Sie das tatsächlich? Ich glaube nicht. Ihnen scheint es im Moment gar nicht gutzugehen, Mr. Dreyer. Für viele Leute wäre auch dieses Leben nichts Besonderes, aber Sie scheinen es zu genießen. Sie haben Ihren versteckten Goldschatz, dann haben Sie Ihre schrägen Freunde wie zum Beispiel den Eigentümer dieser heruntergekommenen Kneipe, dann Ihren gelegentlichen Streunergast und diesen Arzt mit der eingezogenen Approbation.« Er lächelte freudlos. »Genau die Art von Freunden, die ich bei einem früheren Knopfkopf erwarten würde.«
    Ich blinzelte nicht. Zuckte noch nicht einmal zusammen. Ich war jetzt einfach zu wütend, als daß irgendeine Beleidigung mich hätte treffen
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