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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos
Autoren: Jo Clayton
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immer nicht, daß wir auch nur ein blindes Baby überzeugen können.“
    Stavver strich über die gedunkelte Haut neben der wie ein Schnabel vorspringenden Nase, und sagte geduldig: „Die Leute sehen, was sie sehen wollen. Hatten die Nomaden auf Jaydugar gewußt, daß Maissa keine Zigeunerin war?“
    Aleytys rieb ihre Schulter an dem geriffelten Metall des Schiffes und runzelte nachdenklich die Stirn. „Ist es hier nicht anders? Du hast gesagt, es gibt auf dieser Welt nicht so viele Körpertypen wie bei uns zu Hause.“
    „Du bist der Schlüssel, Leyta. Wenn sie dich als echt akzeptieren – und warum sollten sie das nicht, bist du denn keine echte Heilerin? –, dann deckst du sämtliche Schnitzer, die wir machen. Du mußt eine Gikena sein, eine Heilerin, und du mußt kleine Wunder vollbringen. Wir sind bloß bescheidene Nullen, die an deinen Dienst gebunden sind.“ In einer unterwürfigen Verbeugung neigte er den Kopf. „Wer würde uns einen zweiten Blick schenken?“
    „Nur einer ist nötig. Der richtige.“
    „Dann kommen wir alle von jenseits des Meeres. Fremde. Das müßte alle Seltsamkeiten erklären. Wenn uns die Eingeborenen akzeptieren, werden es die Karkiskya bestimmt auch tun. Nach dem, was Kale uns gesagt hat, hat sein Volk sehr wenig Kontakt mit ihnen.“ Er grinste sie an. „Kale sagt, du hast die Sprache besser drauf als jeder von uns.“
    Aleytys hörte den trockenen Ton in seiner Stimme und wandte ihr Gesicht ab. „Eines meiner Talente.“
    Draußen war der Regen nur mehr ein Tröpfeln von Nässe, und der schimmernde, orangene Kreis der Sonne, die direkt über dem westlichen Horizont zögerte, wurde durch die dünner werdenden Wolken sichtbar. Sie schwang herum, so daß ihre Beine aus der Schleuse hingen, und blickte nachdenklich auf die dunkle, dampfende Erde mit ihren dünnen, kurzen, stacheligen Grasflecken hinunter, während sie überlegte, ob sie sagen sollte, was sie zu sagen hatte, oder ob sie es zurückstellen sollte, bis Maissa zurückkam. Sie fuhr mit ihren Fingerspitzen über den schweren Batikstoff, bezog ein gewisses Maß an Sicherheit aus dem vertrauten Gefühl ihrer selbst. „Maissa verwirrt mich“, sagte sie langsam.
    Stavvers langer Rücken krümmte sich in einen Abschnitt des Schleusenrunds, seine langen, drahtigen Beine streckten sich über den schweren, gummiartigen Bodenbelag aus. Seine trägen Blicke huschten über ihren Körper, die lächelnde Maske lag wieder auf seinem Gesicht. „Zweifellos.“
    „Meine Haut kribbelt, wenn sie in deiner oder Kales Nähe ist.“ Sie wartete auf eine Antwort. Als er schweigend an ihr vorbei aus der Schleuse starrte, machte sie einen ungeduldigen Ausruf. „Verdammt, Miks, dies ist kein müßiges Geschwätz.“
    „Sie mag die Menschen nicht“, sagte er zögernd. „Ich möchte nicht über sie reden, Leyta.“
    „Das habe ich geahnt“, versetzte sie trocken. „Alle Menschen?“
    „Ja.“
    „Und du hast gesagt, sie haßt es, naß zu werden?“
    „Ja.“
    „Mhhmm.“ Aleytys wischte die Nässe von ihren Knien und starrte nachdenklich auf die Regenpfützen hinunter. Schweigen breitete sich in der Schleuse aus, vibrierte angespannt gegen das unregelmäßige Plätschern des versiegenden Regens. Die warme, feuchte Luft ließ ihre Lungen hart arbeiten und ihre Nerven sich anspannen, aber keiner von ihnen machte eine Bewegung zur gemäßigteren Atmosphäre des Schiffes hin. Die Schatten des grauen Halblichts vertieften ihre Gesichtslinien und überschatteten ihre Augen, verdunkelten den Gesichtsausdruck und verliehen beiden Gesichtern eine düstere Strenge.
    „Sie müßte gegen Sonnenuntergang zurück sein. Wann ist es soweit?“
    „Die Ephemeride führt die Tageslänge mit neunzehn Stunden auf. Das läßt ihr noch etwa zwei Stunden.“
    „Sie wollte einen Wohnwagen mit Pferden besorgen. Sie hat nicht gesagt, wie sie das zu bekommen plante. Weißt du es, Miks?“
    „Was macht es für einen Unterschied?“ Seine Lippen preßten sich zusammen. „Diskutieren wir nicht darüber, Leyta.“
    Sie blickte zu ihm hin, auf seine gekrümmten Schultern, in sein abweisendes Gesicht. „Warum nicht?“
    „Die Antwort würde dir nicht gefallen.“
    Aleytys griff nach hinten und ließ ihre Hand auf seinem Bein ruhen; sie fühlte die Härte der langen, drahtigen Muskeln in seiner Wade. „Sie ist eine Mörderin?“
    Er nickte. „So kommt sie zu ihrem Spaß.“
    „Du hast sie gerufen.“
    „Weißt du noch, wie knapp wir daran waren, von den
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