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Lady Chesterfields Versuchung

Lady Chesterfields Versuchung

Titel: Lady Chesterfields Versuchung
Autoren: Michelle Willingham
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frei und hatte kurze Ärmel. Wenn sie dazu lange weiße Handschuhe trug, würde sie die Aufmerksamkeit aller auf sich ziehen.
    „Ich ziehe dieses hier an.“
    Ihre Zofe und die Gräfin starrten sie sprachlos an. „Lady Hannah, diese Farbe ist skandalös!“, rief Estelle schließlich aus.
    Das stimmte. Es war in der Tat kein Kleid, das eine Prinzessin tragen würde – zumindest keine, die sich den Wünschen ihres Hofstaats beugte und hinter Listen mit Anweisungen Schutz suchte in der Hoffnung, eine perfekte Dame zu sein.
    Nein, es war ein Kleid, das nur eine selbstbewusste Frau tragen konnte – eine Frau, die nach ihren eigenen Regeln lebte.
    Hannah lächelte gelassen. „Ich habe meine Entscheidung getroffen.“
    „Aber, Mylady, Sie können doch nicht wirklich …“
    „Sie werden meinen Wünschen Folge leisten oder sich eine andere Anstellung suchen müssen.“ Hannah warf den beiden Frauen einen kühlen Blick zu, um ihren Worten mehr Nachdruck zu verleihen. Gräfin Schmertach und Estelle sahen sich verdutzt an, dann knicksten sie.
    Du liebe Güte, das fühlte sich ja großartig an! Befreiend, um genau zu sein. Nie zuvor hatte Hannah eine Anweisung gegeben, sondern sich immer nur von anderen Vorschriften machen lassen.
    „Möchten Sie … die Diamanten oder die Rubine dazu tragen, Mylady?“, fragte Estelle vorsichtig.
    „Die Rubine.“ Hannah streckte die Arme aus, damit die beiden ihr in das Kleid helfen konnten. Estelle kam Hannahs Befehlen schweigend nach, und obwohl Gräfin Schmertach entsetzt wirkte, half sie der Zofe bei ihrer Arbeit. Just in dem Moment, als sie mit dem Ankleiden fertig waren, klopfte es.
    Auf Hannahs Bitte hin öffnete die Gräfin die Tür, und ein Lakai betrat den Raum. „Der Fürst bittet um Ihren Besuch, Lady Hannah. Er möchte mit Ihnen über Ihre Verlobung sprechen.“ Der Diener verbeugte sich. „Ich soll Sie zu den Gemächern Seiner Durchlaucht begleiten.“
    Da sie den Fürsten schlecht warten lassen konnte, machte Hannah sich umgehend auf den Weg. Gräfin Schmertach folgte ihr schweigend.
    Mit einem Mal war Hannah in ihrem auffälligen Kleid unbehaglich zumute. Es war eine Sache, eine farbenprächtige Robe zu einem Ball zu tragen, eine andere, damit vor einen sterbenden Fürsten zu treten.
    Der Bedienstete geleitete sie in die Gemächer des Herrschers. Georg saß in seinem privaten Salon auf einem hochlehnigen, dick gepolsterten Stuhl.
    Hannah versank in einen tiefen Knicks. „Durchlaucht, Sie wünschen mich zu sprechen?“ Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie vor einen Fürsten trat. Plötzlich war sie sehr angespannt und hatte Angst, etwas Falsches zu sagen.
    Obwohl der Fürst nicht alt war, hatte die Krankheit sehr an seinen Kräften gezehrt. Das ergraute Haar hing ihm bis auf die Schultern, und tiefe Falten durchzogen sein Gesicht. Trotzdem strahlte er eine unmissverständliche Autorität aus. Als Hannah sich aus dem Knicks erhob, ließ Georg seinen Blick missbilligend über ihr Kleid wandern. „Mein Sohn wünscht Sie zu heiraten, höre ich. Und dass Sie die Tochter eines englischen Marquess sind.“
    „Beides trifft zu, Durchlaucht.“
    „Und Sie glauben, die Rolle einer Prinzessin ausfüllen zu können? Halten Sie sich für fähig, an seiner Seite zu regieren?“
    Nein, sie wusste genauso wenig wie Michael, wie man ein Land regierte. Doch ihr war klar, dass Fürst Georg versuchte, sie einzuschüchtern.
    Sei höflich, ermahnte sie sich. „Ich kann alles lernen, was dafür notwendig ist.“
    „Sie haben keine Ahnung, was es bedeutet, Prinzessin zu sein“, entgegnete der Fürst ungehalten. „Ich schätze, Sie stellen sich vor, dass eine Prinzessin herumsitzt, Diamanten trägt und sich ständig neue Kleider anfertigen lässt.“
    Bei seiner herzlosen Bemerkung hätte Hannah ihre gute Erziehung um ein Haar vergessen. Stumm zählte sie bis zehn, ehe sie antwortete.
    „Nein, das Leben als Prinzessin stelle ich mir keineswegs so vor.“
    „Sie wollen meinen Sohn heiraten, um zum Fürstenhaus zu gehören, oder etwa nicht?“
    „Ich werde Michael Thorpe heiraten“, erwiderte sie bestimmt. „Und nicht einen Prinzen oder Fürsten oder wie auch immer Sie ihn zu bezeichnen belieben. Ich heirate den Mann, den ich liebe, und nicht seinen Titel.“ Bevor der Fürst eine weitere unfreundliche Bemerkung machen konnte, sprach sie weiter. „Und ja, ich weiß genau, wie das Leben einer Prinzessin aussieht. Sie muss Regeln befolgen, Erwartungen gerecht werden und
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