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Kusswechsel

Kusswechsel

Titel: Kusswechsel
Autoren: Janet Evanovich
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beruhigenden Effekt auf Frauen.«
    Vinnie steckte den Kopf durch die Tür zu seinem Büro und stierte mich wütend an. »Was sitzt du hier herum? Wir haben heute Morgen drei NVGler ’reingekriegt, und einen Fall hast du schon in Bearbeitung. Vier NVGler! Verdammt noch mal, wir sind hier kein Wohltätigkeitsverein!«
    NVGler war unsere Abkürzung für die ›Nicht-vor-Gericht-Erschienenen‹, jene Leute also, die etwas ausgefressen hatten und gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt wurden. Wenn sie nicht zum Prozesstermin erschienen, kam ich ins Spiel. Ich spürte die Geflüchteten auf und schleppte sie zum Gericht.
    Das Geld für die gerichtlich festgesetzte Kaution wiederum lieh ihnen Vinnie. Er ist mein Vetter väterlicherseits und alleiniger Eigentümer der Agentur Vincent Plum, Kautionsmakler. Vinnie ist ein schmieriger kleiner Kerl mit zurückgekämmten Haaren, Schnabelschuhen und einigen Goldkettchen um seinen dürren sonnenstudiogebräunten Hals. Es geht das Gerücht, er hätte es mal mit einer Ente getrieben. Er fährt einen Cadillac Seville, und er ist verheiratet mit der einzigen Tochter von Harry dem Hammer. Als menschliches Wesen rangiert Vinnie ungefähr auf der Höhe von Urschleim. Als Kautionsmakler rangiert er um einiges höher. Vinnie kennt sich mit den menschlichen Schwächen bestens aus.
    »Ich habe kein Auto mehr«, sagte ich. »Mein Auto hat eine Brandbombe abbekommen.«
    »Na und? Andauernd fallen Brandbomben auf deine Autos. Soll Lula dich fahren. Die hat doch hier sowieso nie was zu tun.«
    »Von wegen«, sagte Lula.
    Vinnie zog den Kopf ein, knallte die Tür zu und schloss hinter sich ab.
    Connie verdrehte die Augen an die Decke und Lula zeigte Vinnie den Finger.
    »Das habe ich genau gesehen!«, brüllte Vinnie hinter der verschlossenen Tür.
    »Wo er Recht hat, hat er Recht«, sagte Lula. »Aber wir können trotzdem gerne mein Auto benutzen. Ich will nur nicht den besoffenen Stehpisser abgreifen. Wenn er schon den Hausanstrich wegätzt, was tut er dann erst meinen Sitzpolstern an.«
    »Versucht es mal bei Cantell«, schlug Connie vor. »Die ist bestimmt noch zu Hause.«
    Eine Viertelstunde später standen wir vor Cantells Haus in Hamilton Township. Es war ein gepflegtes kleines Haus im Ranchstil, auf einem handschuhgroßen Grundstück, in einem Viertel aus lauter ähnlichen Häusern. Der Rasen war mit der Nagelschere getrimmt, aber hier und da standen Knöterichinseln, und an manchen Stellen war das Gras von der trockenen Augusthitze wie ausgedörrt. Junge Azaleen säumten das Haus. In der Einfahrt stand ein blauer Honda Civic.
    »Sieht mir nicht gerade wie das Heim eines Entführers aus«, sagte Lula. »Hat ja nicht mal eine Garage.«
    »Vielleicht war die Entführung ja so was wie ein Ausrutscher.«
    Wir gingen zur Haustür und klopften an. Cantell machte auf.
    »Oh, Gott«, schreckte sie zurück. »Jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie von dem Kautionsbüro sind. Ich habe der Frau am Telefon gesagt, dass ich nicht ins Gefängnis will.«
    »Das ist nur so eine Art Rückmeldung«, sagte ich zu ihr.
    »Wir bringen Sie hin und Vinnie stellt sofort eine neue Kaution für Sie aus.«
    »Nie und nimmer. Ich setze keinen Fuß mehr in das Gefängnis. Das ist einfach zu peinlich. Erschießen Sie mich lieber gleich.«
    »Wir würden niemals auf Sie schießen«, sagte Lula. »Es sei denn, Sie bedrohen uns mit einer Waffe. Wir würden Sie eher einsprühen. Wir haben Pfefferspray dabei. Aber wir könnten Sie auch mit einer Betäubungspistole kaltstellen. Mir wäre die Betäubungspistole lieber, weil, wir fahren mit meinem Auto, und nach einer vollen Ladung Pfefferspray läuft einem der Rotz nur so runter. Ich habe gerade erst mein Auto geputzt. Da will ich keinen Rotz auf meinem Rücksitz.«
    Cantell fiel die Kinnlade hinunter und die Augen traten hervor. »Ich habe doch nur ein paar Tüten Chips genommen, mehr nicht«, sagte sie. »Ich bin doch kein Schwerverbrecher.«
    Lula sah sich um. »Sie haben nicht zufällig noch Chips über, oder?«
    »Die habe ich alle zurückgegeben. Außer denen, die ich gegessen habe.«
    Cantell hatte kurzes braunes Haar und ein freundliches Mondgesicht. Sie trug Jeans und ein weites T-Shirt. Ihr Alter war mit zweiunddreißig angegeben.
    »Sie hätten Ihren Gerichtstermin einhalten sollen«, sagte ich zu Cantell. »Wahrscheinlich hätten Sie dann nur ein paar Stunden gemeinnützige Arbeit aufgebrummt bekommen.«
    »Ich hatte nichts Richtiges zum Anziehen«, jammerte
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