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Kusswechsel

Kusswechsel

Titel: Kusswechsel
Autoren: Janet Evanovich
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ins Getümmel der Meute und fand mich plötzlich Eugene Brown gegenüber.
    »Kennst du mich noch?«, fragte Eugene. »Du hast mich überfahren. Und jetzt bin ich dran, jetzt darf ich dich als Erster überfahren.«
    Meine Nase blutete, und Tränen behinderten meine Sicht. Ob es Tränen der Angst waren oder Tränen der Wut, vermochte ich gar nicht zu sagen. Viel zu verlieren hatte ich nicht, wenn ich mir eine letzte Freude gönnte, und so holte ich mit dem Bein aus und rammte Brown mit voller Wucht meine Stiefelkappe in den Schritt. Er knickte ein und ging zu Boden. Wahrscheinlich würden mich jetzt alle Gangmitglieder einzeln nacheinander vergewaltigen, aber dafür hatte ich die Genugtuung, Eugene Brown dieser Ehre beraubt zu haben. Ich hatte ihm ein saftiges Rührei beschert. Brown würde so schnell keine Frau mehr vergewaltigen.
    Ein Grummeln ging durch die Reihen der Männer hinter mir. Ich machte mich bereit, erneut auszuholen und um mich zu treten, aber die Aufmerksamkeit der Meute galt der Straße. Einige Häuserblocks weiter südlich war ein einzelnes Paar Autoscheinwerfer zu sehen, das die Comstock Street entlangschwebte. Vorher war keinerlei Verkehr auf der Straße gewesen. Wahrscheinlich hatten Wachposten der Slayers die Autos umgeleitet. Vielleicht auch wagte sich sowieso kein Auto nach Einbruch der Dunkelheit in diese Gegend. Ich hoffte inständig, es möge Joe oder Ranger sein, oder Rangers Mann in dem Geländewagen. Man konnte kaum erkennen, was für ein Fahrzeug zu den Scheinwerfern gehörte.
    Alle beobachteten den sich nähernden Wagen. Keiner sagte ein Wort. Alle hatten ihre Pistolen gezogen.
    Der Wagen war nur noch einen Häuserblock weit entfernt.
    »Ach, du Scheiße …«, sagte einer der Männer.
    Es war ein großer gelber Schulbus.
    Die Enttäuschung war niederschmetternd. Ich wusste ja, wer am Steuer saß, und es war höchst unwahrscheinlich, dass er mich retten würde. Seine Absichten waren zweifellos löblich, aber ich hatte die Befürchtung, dass er nicht nur keine Hilfe für mich war, sondern dass er auch seinem eigenen Tod entgegenraste.
    Der Bus rumpelte in einem irren Tempo die Straße entlang, hüpfte und schaukelte, war kaum zu bändigen. Es war absolut surreal, ein fesselndes Schauspiel, und die Meute schaute bestürzt und schweigend zu.
    Als der Bus auf gleicher Höhe mit dem Spielplatz war, geriet er ins Schleudern. Er sprang über die Bordsteinkante und pflügte in die verdutzte Meute der Gangmitglieder. Die Männer schrien und fuchtelten und liefen aus dem Weg.
    Ruckartig und mit rauchendem Motor kam der Bus in der Mitte des Kreises zum Stehen. Mit einem
Wusch
öffnete sich die Tür, und Sally, mit seinen langen haarigen Beinen und Knubbelknien, stakste in einem roten Chiffon-Cocktailkleid und mit roten paillettenbesetzten Stöckelschuhen heraus. Sein Haar war eine wilde Mähne, und seine Augen waren zur Größe von Münzen geweitet.
    Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich panische Angst um Sally. Aber dann sah ich, dass er eine Uzi in den Händen hielt.
    »Rock and Roll«, sagte Sally.
    Eine Kugel zischte an ihm vorbei und prallte von der Karosserie ab. Ich warf mich flach auf den Boden, und Sally ballerte los, Hunderte von Schüssen. Als sich der aufgewirbelte Staub wieder senkte, krümmten sich mehrere blutüberströmte Körper vor Schmerz auf dem Asphalt. Einige waren von dem Bus überfahren worden, andere erschossen. Ich gehörte zum Glück weder zu den einen noch den anderen.
    Junkman gehörte zu denen, die überfahren worden waren, seine Beine ragten unter dem Bus hervor, wie die der bösen Hexe aus
Der Zauberer von Oz.
Die übrigen Slayer hatten sich verkrochen wie Kakerlaken, wenn das Licht angeht.
    »Scha … Scha … Scha … Scha … Scheibe«, sagte Sally.
    »Verdammte Scheiße. Scheibe.«
    »Sie hatten wohl ganz schön Schiss, was?«
    »Verdammten Scheißschiss. Scheibe«, sagte er. »Beinahe hätte ich mir in die Hose gemacht.«
    Ich war erstaunlich ruhig. Mein Leben hatte eine gewisse Filmqualität:
Stirb langsam
in Trenton. Bruce Willis lief im Fummel herum, und ich war nicht unter den Toten. Man hatte mich nicht vergewaltigt. Und ich hatte noch fast alle Kleider am Leib. Ich war jenseits von total ruhig. Ich war euphorisch. Die Wut war abgeklungen.
    In der Ferne heulten Sirenen, Blaulichter flackerten. Jede Menge Scheinwerfer. Anscheinend rückten alle Einheiten außer der Marineinfanterie gegen den Spielplatz vor.
    Mehrere Pistolen, die einige
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