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Kuss des Feuers

Kuss des Feuers

Titel: Kuss des Feuers
Autoren: Kristen Callihan
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verschachert wurde, hattest du mir nichts mehr zu sagen.«
    Das faltige Gesicht, das förmlich zu einer Maske erstarrt war, wurde so weiß wie irisches Leinen. »Wie kannst du es wagen!« Er holte schon aus, um sie zu schlagen, verharrte dann aber mit erhobener, zitternder Hand, als sie noch nicht einmal zusammenzuckte.
    »Versuch’s doch«, forderte sie ihn mit ruhiger Stimme heraus. Sie blickte ihm fest in die Augen, während sich die Luft um sie zusammenzuziehen schien, sich erhitzte und vor fast schon erwartungsvoller Erregung vibrierte. »Ich bitte dich darum.«
    Die Hand ihres Vaters zitterte und senkte sich dann langsam. »Ja, das ist mir klar, Tochter.« Ein Speicheltropfen hing im bebenden Mundwinkel. »Du willst sehen, wie ich mich winde und verbrenne.«
    Miranda regte sich. In ihrem Bauch verschmolzen Hitze und Schmerz miteinander und wurden zu einem Drang, der endlich heraus wollte.
    »Jedes Mal rufst du das Feuer an, um dich zu schützen.« Er trat einen Schritt näher und richtete seinen flammenden Blick auf sie. »Nie denkst du an die Folgen.«
    Wie ein kurzes Flackern im Luftzug, verpuffte das Feuer, und schon schien auch das Selbstvertrauen ihres Vaters wieder zu wachsen.
    »Das Schlimmste daran ist, dass ich es für dich tue«, meinte er schmeichelnd und beugte sich vor. »Du bist kein Kind mehr. Schon seit Jahren. Dachtest du etwa, du könntest bis in alle Ewigkeit hier bei mir leben?«
    »Nein, ich …« Sie presste die Lippen aufeinander. Sie hatte nicht viel Gedanken an die Zukunft verschwendet, sondern einfach nur von Tag zu Tag gelebt. Überlebt. Es hatte doch keinen Sinn, die Hölle, die man kannte, gegen eine Hölle zu tauschen, über die man nichts wusste.
    »Tja, das scheinst du wohl tatsächlich geglaubt zu haben. Du hast jeden Jungen vergrault, seitdem dieser Dummkopf Martin …« Er redete nicht weiter, denn ausnahmsweise schien ihm diesmal klar zu sein, dass sogar er zu weit gegangen war. Aber er fing sich schnell wieder, und seine buschigen Augenbrauen zogen sich zu einem weißen V zusammen. »Es kann dir nicht entgangen sein, dass dies das beste Essen ist, das wir seit Monaten auf dem Tisch hatten.«
    Seine Hand mit der welken Haut deutete auf das ärmliche Essen aus Lammgulasch und einem einfachen braunen Brotpudding, den Miranda gerade zubereitete. »Was meinst du wohl, woher das Geld für dieses Essen kommt?«
    »Ich dachte, du hättest vielleicht die Wolle verkauft …«
    Sein krächzendes Kichern schmerzte in ihren Ohren. »Bei den derzeitigen niedrigen Wollpreisen und den Schulden, die ich habe, müssten wir froh sein, uns Fischsuppe leisten zu können. Meine Gläubiger werden sich das Haus nehmen, noch bevor das Jahr um ist«, erklärte er ruhig. »Und du wirst dann kein Zuhause mehr haben, in dem du leben kannst.«
    Ein Zuhause? Beinahe hätte sie gelacht. Seit Jahren schon hatte sie kein richtiges Zuhause mehr … seit ihre Schwestern gegangen waren.
    »Man braucht nicht viel Fantasie, um darauf zu kommen, was für einem Gewerbe eine Schönheit wie du dann nachgehen wird«, fuhr er fort. »Doch wenn die Schönheit irgendwann vergeht? Es ist unpassend, auszusprechen, was dann aus dir wird.«
    »Ach, hör doch auf!«, fuhr Miranda ihn an. »Du malst wirklich ein schreckliches Bild von meiner Zukunft. Aber das schwebt schon seit Jahren über mir.«
    »Verdammt noch mal!« Der Pudding krachte zu Boden. Brauner Teig und Tonscherben verschmolzen miteinander. »Das bist du mir schuldig, Miranda!« Er lief vor Wut rot an, als er auf sie zeigte. »Hätte es dieses Feuer nicht gegeben, besäße ich noch mein halbes Vermögen! Gütiger Himmel, du hast mein ganzes Lager vernichtet!«
    »Jahrelang habe ich für meinen Fehler bezahlt!«, rief sie. »Aber es ist immer noch nicht genug. Allmählich habe ich die Nase voll.« Ihre Hand fuhr durch die Luft, als könnte sie mit dieser Bewegung die Unterhaltung beenden. »Du kannst mich nicht dazu bringen!«
    Die Lippen ihres Vaters verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen. »Ja, das ist richtig«, stimmte er ihr plötzlich ganz ruhig zu. »Die Vereinbarung lautet, dass du es freiwillig tun musst, sonst ist sie nichtig.« Er trat einen Schritt näher, lehnte sich gegen den Holztisch und zeigte mit einem zitternden Finger auf sie. »Aber ich sag dir eins: Solltest du dich weigern, wirst du keinen Tag länger hier leben.«
    Der Hals schnürte sich ihr zu, als glühender Schmerz einen riesigen Kloß in ihrer Kehle entstehen ließ. Kein
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