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Kuss des Feuers

Kuss des Feuers

Titel: Kuss des Feuers
Autoren: Kristen Callihan
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Zuhause zu haben war eine Sache, aber kein Dach über dem Kopf war etwas gänzlich anderes. »Du kannst nicht ernsthaft …« Sie schluckte.
    Das vergilbte Weiß seiner Augen blitzte im Lampenschein. »Ich bin fertig mit dir. Die ganze Zeit habe ich auf diesen Moment gewartet … nur deshalb habe ich dich so lange bei mir behalten. Das mit Martin war also eine Enttäuschung. Ich bin froh darüber! Ich war ein Narr, es überhaupt in Erwägung zu ziehen. Manche Verheißungen sind zu gefährlich …« Er schluckte hörbar. »Egal, wie du dich entscheidest, du wirst deine Sachen packen«, fuhr er sie an.
    So weit war es jetzt also gekommen. Mirandas Unterlippe zitterte und sie biss fest darauf. Zwischen ihnen gab es nicht mehr viel Liebe. Doch er war ihr Vater, und er war bereit, sie den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen. Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus und kroch bis in die Knochen.
    Der Blick ihres Vaters war ausdruckslos. Tot. Sie kannte diese Miene. Er hatte seine Entscheidung gefällt. Trotzdem versuchte sie noch einen letzten Vorstoß.
    »Ich kann nicht glauben, dass du …«
    »Du wirst Lord Archer heiraten!«, brüllte er los, als er die Beherrschung verlor. »Hol’s der Teufel! Der Mann ist einer der reichsten Adligen des Königreiches. Ich fasse es nicht, dass du es überhaupt in Erwägung ziehst, so ein Angebot abzulehnen. Von allen sturen …«
    »Aber warum?« Sie schluchzte erstickt auf und hasste sich gleichzeitig dafür, dass sie ihm diese Schwäche zeigte.
    Er stutzte und sah sie verwirrt an. »Warum was?«
    »Warum will er mich?« Sie wischte sich mit der Hand über den Mund. »Ich bin ein Niemand. Bis heute habe ich noch nie von dem Mann gehört. Woher kennt er mich überhaupt?«
    Die Miene ihres Vaters erstarrte einen Augenblick lang, ehe er in ungläubiges Gelächter ausbrach. »Ich mag zwar gescheitert sein, Miranda Rose. Aber in meinen Schatztruhen befindet sich noch ein Juwel.« Er kam um den Tisch herum, ein fast liebevoller Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Sie wich vor ihm zurück und stieß gegen eine Arbeitsplatte. Ihr Vater blieb stehen, doch das befriedigte Lächeln wich nicht von seinen Lippen.
    »Lord Archer besitzt Geld, Macht und Ländereien. So ein Mann muss sich seine Braut nicht beim Adel suchen. Durch jahrhundertelange Inzucht haben die jetzt alle ein fliehendes Kinn und kleine Augen. Du, meine Liebe, bist ein Diamant unter ansonsten geschliffenem Glas.« Ein vertrautes Leuchten trat in die Augen ihres Vaters, das immer dann aufblitzte, wenn ihm etwas besonders gut gelungen war. »Die schönste Feder für seinen Hut.«
    Einen Moment lang sah sie rot. »Ich werde zu Poppy oder Daisy gehen.«
    Eine furchterregende Stille ließ alles erstarren, und der zuversichtliche Ausdruck auf dem Gesicht ihres Vaters bröckelte. Er wurde kreidebleich. »Sie wollen dich nicht haben. Das wollten sie nie.«
    »Sie haben es mir selber angeboten.« In Wahrheit hatten sie es ihr nicht nur angeboten, sondern sie sogar eindringlich gebeten. Und sie hatte es aus einem unangebrachten Pflichtgefühl ihrem Vater gegenüber abgelehnt. Oder eher als Buße, weil sie sich für den Beginn seines Niedergangs verantwortlich fühlte. Wie erfreulich war da das Bewusstsein, dass sie endlich die Grenze ihres Schuldgefühls erreicht hatte. Doch sie wollte weder das Mitleid ihrer Schwestern, noch wollte sie ihnen zur Last fallen. Allein der Gedanke versetzte ihr einen Stich.
    Voller Abscheu hob ihr Vater die Hände. »Er hat für den Anspruch auf dich großzügig gezahlt, Miranda. Wenn du vorhast, die Vereinbarung platzen zu lassen, werde ich gehen.« Er richtete seine fadenscheinige Weste und glättete das zerzauste Haar. »Ich empfehle dir, das Gleiche zu tun. Du kannst mir gern glauben, dass Lord Archer es nicht freundlich aufnimmt, wenn man ihn reinlegt.«
    »Oh, ich glaube dir.« Irgendetwas sagte ihr, dass sie sich nur deshalb in diesem ganzen Schlamassel befand, weil er von ihrem Vater hereingelegt worden war.
    Eine ganze Minute lang starrten sie einander an. Sie trommelte mit den Fingern auf die Arbeitsplatte, während ihr Vater in stoischem Schweigen dastand. Eigentlich sollte sie diesen Lord Archer hassen, weil er sie wie einen Gegenstand gekauft hatte. Doch im Grunde hatte er nur das getan, was fast jeder Gentleman in England tat. Eine Heirat war ein Geschäft. Jedes vernünftige Mädchen wusste das. Allerdings hatte sie während ihres gesellschaftlichen Niedergangs angefangen zu hoffen, dass sie
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