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Kurt Ostbahn - Peep- Show

Kurt Ostbahn - Peep- Show

Titel: Kurt Ostbahn - Peep- Show
Autoren: Guenter Broedl
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Handwerker in weißen, olivgrünen und dunkelblauen Overalls verwehren dem Trainer biertrinkend den Zutritt.
    »Da Baustelle«, sagt ein großer Muskelmensch in Weiß.
    »Wunderbar«, sagt der Trainer und drängt sich an dem weißen Riesen vorbei ins Vorzimmer, wo alles aussieht wie immer: kriminalistische Fachmagazine und eine bis an die Decke reichende Videokollektion der bösartigsten Splatter-Movies in ungeschnittener Originalfassung.
    Beim zweiten Hinschauen entgeht dem Trainer jedoch nicht, daß Fußboden, Wände und Horrorarchiv von einem staubzuckerartigen Film überzogen sind.
    Ein Mann in Blau stellt sich ihm in den Weg.
    »Da Baustelle. Wo du wollen?«
    »In dem Sinn nirgendwo«, sagt der Trainer. »Ich such nur den Herrn des Hauses.«
    »Er nix da«, sagt der Mann in Blau.
    »Und wo is er?«
    »Oben«, kommt ihm ein Typ in Olivgrün zu Hilfe, der die verkohlten Überreste von Doktor Trashs Apple-Zweitgerät in Händen hält. »Da hats ordentlich knallt. Ma tät ned glauben, daß a Computer allaa sowas von an Knalla bringt.«
    »Eine Explosion?« fragt der Trainer.
    »Feuerwehr do. Rettung do. Dabei is eh so gut wie nix passiert. Aber der Häfen is ma nimma wurscht«, meint der Typ in Olivgrün und will mit Doktor Trashs angekokeltem Zweithirn endlich ins Freie.
    »Und was is mit dem Besitzer?« erkundigt sich der Trainer.
    »Der huckt an Stock höher, waant und sauft mit dera Blonden Tequila. Tät i a mochen, wann ma sowas passiert«, meint der Olivgrüne im Abgehen.
    Eine Blonde? rätselt der Trainer, als er von der Handwerkerflut sanft ins Stiegenhaus geschwemmt wird. Sollte es im Leben des notorischen Einzelgängers Trash etwa jemanden geben, von dem ich nichts weiß? Oder handelt es sich nur um einen harmlosen Fall von Nachbarschaftshilfe?
    ***
    »Grüß Gott«, sagt der Trainer zum wiederholten Mal, nachdem ihm zwei Pensionistinnen die Wohnungstür vor der Nase zugeschlagen haben. Der dritte Versuch fängt wenigstens von der Optik her erfreulicher an. Eine bezaubernde Person um die 30, honigblond und mit einer atemberaubenden Figur unter T-Shirt und Trainingshose, schaut ihn fragend an.
    »Entschuldigung, aber is zufällig der Doktor ... ?« setzt er an, als sich im Halbdunkel des Vorzimmers eine bekannte Silhouette manifestiert. Jawohl, es ist Dr. Trash. Aber wie sieht er aus? Die Haare wirr und leicht angesengt, Rußschlieren im totenbleichen Gesicht, die schwarzgraue Eremitenkluft, komplett mit Priesterhemd (»Zur Tarnung», wie der Doc immer sagt), von Löschschaum besudelt. Und ein Gesichtsausdruck, der an Säuerlichkeit nicht zu überbieten ist.
    »Na, du hast mir gerade noch gefehlt!« preßt der Doc beim Anblick des Trainers mit rauher Stimme hervor. Er hebt die Hand, die eine halbleere Tequilaflasche - Olmeca, braun — umklammert, und weist auf die Honigblonde. »Darf ich bekanntmachen: Frau Dr. Messeritsch, und das da ist der Trainer. Aber der geht gleich wieder.«
    »Unsinn«, meint die Jungakademikerin lächelnd und ergreift die Hand des Trainers. »Kommen‘s doch weiter, bitte. Und sagen Sie Bettina zu mir.«
    Beim Früchtetee in der geräumigen Wohnküche, wo Möbel aus den dreißiger Jahren und modernste Haushaltselektronik ein illustres Ensemble bilden, kann der Trainer seine Neugierde nicht länger zügeln.
    »Wie isn des passiert? Supergau auf der Festplatte?«
    Der Doc kann oder will darüber nicht Auskunft geben. Stattdessen verbreitet er sich über die Begleiterscheinungen der Katastrophe: »Ein Unglück, das nur peripher mit der Elektronik zu tun hatte. Und eines, mit dem ich mühelos allein fertig geworden wäre.«
    Wie sich herausstellt, wurde »der Gschaftlhuber von nebenan« durch die Detonation aus dem Schlaf gerissen und verständigte beim ersten Anzeichen von Rauchentwicklung per Notrufnummer sämtliche Behörden. Deren Großeinsatz sorgte dann erst für die richtige Verwüstung der Datenzentrale.
    »Überall dieser ekelhafte Schaum«, schüttelt der Doc deprimiert den Kopf. »Die Sicherungen haben geknallt wie die Sektkorken bei einer Silvesterparty. Ein solcher Kurzschluß legt normalerweise ganze Stadtteile lahm.«
    Aber es war nicht das Ausmaß der Verwüstung, das den Doc schließlich in die Flucht schlug, sondern die lärmende Acht- und Sorglosigkeit der eilig herbeigeholten Mitarbeiter dreier Handwerksbetriebe. »Ihr wißt doch, wie sehr ich es hasse, wenn Professionisten in meine Privatsphäre eindringen«, wendet sich Trash an seine Zuhörerschaft. »Nichts als
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