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Kurt Ostbahn - Peep- Show

Kurt Ostbahn - Peep- Show

Titel: Kurt Ostbahn - Peep- Show
Autoren: Guenter Broedl
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Sache. Wenn der Kurtl über den Unterschied zwischen Zydeco und Cajun diskutieren will, sagt der Trainer höflichkeitshalber hin und wieder: »Sehr interessant.« Mit seinen Gedanken ist er allerdings in Graz. Und sein uneingeschränktes Interesse gehört den Ohrläppchen seiner Buchhändlerin, an denen er jetzt viel lieber herumknabbern würde, als dem Kurtl sein Ohr zu leihen.
    Die Botschaften 1 bis 13 lassen den Trainer relativ kalt. Alles Dinge, die nicht wirklich unter den Nägeln brennen. Sein Sachbearbeiter bei der Bank Austria bittet um dringenden Rückruf. Sein Sachbearbeiter bei der Gebietskrankenkasse detto. Der Steuerberater wartet auf längst versprochene Unterlagen. Gitti Kaltenbeck läßt ausrichten, daß Che, sein mittlerweile auf Kalbsgröße ausgewachsener kanarischer Exhund, im Auer-Welsbach-Park einem freilaufenden Rottweiler im Zuge eines Raufhandels das linke Auge weggebissen hat. Der Kohlen-Güntl, Ton- und Zahlmeister der Kombo, will die endgültigen Studiotermine. Die Birgit aus Krems will, weil versprochen, zwei Freikarten für ein Konzert im Juli. Der Rettenbacher Herbert will schleunigst was von den 20 Blauen sehen, die er dem Trainer vor bald sieben Jahren geliehen hat. Andernfalls sieht er sich genötigt, seinen Anwalt einzuschalten. Weil sich beim Geld jede Freundschaft aufhört.
    Der Trainer überlegt soeben, ob der Rettenbacher Herbert jemals sein Freund gewesen ist, oder nicht eher sowas wie ein mobiler Bargeldautomat, der die Marie seines Vaters zinsensicher in seine finanzmaroden Haberer investiert hat, als ihn Botschaft Nummer 14 (datiert mit heute, 4 Uhr 32) trifft wie ein Keulenschlag:
    »Ostbahn. Was is los, Trainer? Wo bistn? Heb ab oder horch gut zu. Folgendes: Ich kann jetzt ned lang redn. Aber ich war grad bei der Rikki. Kennst eh die Rikki. Die arbeit jetzt am Mariahilfer Gürtel in der Peep-Show.
    Egal. Sie hat jedenfalls massive Wickeln. Geschäftlich wie privat. Da müssen wir was unternehmen. Und zwar sofort, Trainer! Sonst hat die Rikki den Aufdrahten! Also: Wann reden wir drüber? Weil warum? Wie du vielleicht noch weißt, bin ich morgen am Nachmittag dahin. Baton Rouge. Und ich sag nur so viel, Trainer: Der Hut brennt.«
    ***
    Der Trainer wirft einen Blick auf die Küchenuhr. 8 Uhr 37. Er schlägt eine Stunde drauf, weil er bei der Umstellung auf die Sommerzeit auch heuer wieder verabsäumt hat, die drei Uhren in der Meidlinger Mansarde nachzujustieren, und wählt dann sofort und per Kurzwahltaste den Kurtl an.
    Freizeichen. Lang, laut und deutlich. Niemand daheim.
    »Wunderbar«, murmelt der Trainer in seinen Fünftagebart, der Romana immer so viel Freude und rote Wangen macht. Aber das ist im Moment kein Thema. Jetzt ist der Trainer gefragt. Im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Putzmunter. Hellwach.
    Der Kurtl und die Rikki. Eine endlose Geschichte auf endlos langen Beinen. Aber da war nie was, obwohl die Rikki immer da war. Schon seinerzeit im Espresso Rosi, mit ihren roten Locken, die mit den Jahren immer noch röter wurden. Keiner von der originalen Chefpartie (der alten Band vom Ostbahn, die sich mittlerweile fast vollzählig in den wohlverdienten Vorruhestand zurückgezogen hat), der im Rosi nicht irgendwann einmal versucht hätte, bei ihr zu landen und schwer Schiffbruch erlitten hat. Es gibt Frauen, die sehen zwar aus wie die Sünde, haben aber viel zu viel Sünde gesehen, als daß sie bei dem alten Spiel noch mitspielen würden.
    Was macht der Trainer, wenn er nicht weiß, was tun? Er wendet sich vertrauensvoll an Doktor Trash, den Privatgelehrten und Computer-Alchimisten aus der Kirchengasse. Immerhin ist der Doc nicht nur ein international gefragter Experte für Serienmord und organisierte Kriminalität, sondern auch sowas wie ein Freund. Und zwar einer, dessen Informationsvorsprung und Improvisationsgabe dem Kurtl wie dem Trainer schon aus so mancher Sackgasse geholfen haben.
    Aber auch bei Trash ertönt nur das Freizeichen. Lang, laut und deutlich. Niemand daheim.
    Kann nicht sein. Um diese Tageszeit beginnt der Doc normalerweise seine erste Tiefschlafphase - aber einem penetrant läutenden Telefon konnte er bisher noch nie widerstehen.
    Der Trainer denkt, wie um sich Mut anzutrinken, noch einmal zusammenfassend an das Wochenende in Graz. Dann macht er sich auf den Weg zur grünen Rostlaube, um sich ein zweites Mal an diesem lauen Montag in den Stau zu stellen.
    ***
    Das Tor zur Datenzentrale des Doc in der Kirchengasse steht sperrangelweit offen.
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