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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch
Autoren: Guenter Broedl
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schwarzweißen Fernsehkrimis („Das Halstuch“, „Stahlnetz“). Nach einem besonders gelungenen Konzert belohnt der Trainer die Mannschaft an der Hotelbar oft auch mit haarsträubenden Fallstudien amerikanischer Massenmörder und Serienkiller. Hiebei stützt er sich auf die kriminalhistorischen Arbeiten seines Freundes Doktor Trash, eines Privatgelehrten und Misanthropen, der von seinem Hauptquartier in der Kirchengasse via Fax-Modem nicht nur mit dem Trainer sondern auch direkt mit der Datenzentrale des Leibhaftigen in Dauerkontakt steht. Die dürfte am ganz anderen Ende der Welt untergebracht sein, denn der Doc und der Trainer haben, abgesehen von ihrer gemeinsamen Leidenschaft für das Böse, nur ein Thema: die unerschwingliche Höhe ihrer Telefonrechnungen.
    Der Kohlen-Güntl, ein knallharter Rechner und Pragmatiker, sieht übrigens keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Sex & Crime und Favoritn & Blues, und will die Privatinteressen des Trainers nur dann weiter aus der Bandkasse finanzieren, wenn dieser seinen Computer vermehrt in den Dienst der Allgemeinheit stellt.
    Ein schlauer Schachzug, dem Sie, geneigter Leser, anmutige Leserin, diese Aufzeichnungen letztendlich zu verdanken haben. Denn natürlich sitze ich zur Abfassung dieser Zeilen nicht an einer Schreibmaschine, wie das der Poet und Dichter tut, sondern liege auf meiner Bettbank und rede halblaut vor mich hin. Das Cassettenteil meines Ghettoblasters nimmt alles zu Protokoll, und der Trainer hat die schöne aber auch schwere Aufgabe, vermittels seines Computers aus meinen Ausführungen etwas halbwegs Lesbares zu machen.
    Heute brauche ich dringend den Rat und Zuspruch eines Fachmanns. Und die Umständlichkeit des Trainers geht mir auf die Nerven.
    „Vergiß den Billa , vergiß den Kohlen-Güntl“, sage ich. „Die Lage ist ernst. Ich glaub, ich hab mein Gedächtnis verloren. Oder du hast dir auf meinen Namen einen Container voll Platten und Videos gekauft. Oder wir haben ein Problem, das mit dem Wickerl-Massaker seinen Anfang genommen hat und uns noch in des Teufels Küche bringen wird.“
    „Wieso uns?“, fragt der Trainer.
    „Uns!“ sage ich und weiß auch nicht wieso.
    „Bin gleich da. In zehn Minuten. Maximal.“

6
    Als ich gegen sechs, also etwas verspätet, aus dem Haus komme, fängt es zu regnen an. Aber alles ist gut. Denn zum Gasthaus Quell sind es nur ein paar Schritte, und vor dem Lokal parkt die froschgrüne Rostlaube des Trainers.
    Der wider Erwarten pünktliche Partieführer sitzt an meinem Lieblingstisch neben dem Kachelofen und ist mit seinem zweiten Bier, einem kleinen Gulasch und der Abendausgabe des Kronenblattes beschäftigt.
    „Die Titelseite hat er nicht geschafft, aber eine Doppelseite im Lokalteil is auch kein Schas“, begrüßt mich der Trainer und schiebt mir die Zeitung über den Tisch. Er tunkt den Gulaschsaft so genüßlich mit einem Salzstangerl auf, daß ich alle guten Vorsätze und die letzten Reste meiner Übelkeit vergesse und statt des magenschonenden Hagebuttentees ein großes Gulasch mit einem ebensolchen Bier in Auftrag gebe.
    Das Kronenblatt stellt sich die Frage, ob der“bestialische Mord an jungem Rockmusiker“ vielleicht das“Werk eines Wahnsinnigen“ war. Ich stelle mir die Frage, ob das Foto vom Wickerl vor oder kurz nach seiner Firmung aufgenommen wurde. Und der Trainer stellt mir die Frage, ob der Wickerl, wie seine völlig gebrochene Mutter gegenüber der Krone erklärt, tatsächlich so“ein schwieriges, in sich gekehrtes Kind“ gewesen ist, „das sich seiner Umwelt nur durch seine laute Musik mitteilen konnte“.
    „Naja“, sage ich. „Ich hab ihn immer nur im Zustand der mittleren bis schweren Ölung erlebt, und da ist er mir durch seine penetrant laute Art aufgefallen.“
    „Von wessen Ölung sprichst du?“ sagt der Trainer und macht sein Erik-Ode-Gesicht. Wohlwollend, aber nicht ohne leisen Vorwurf. Und vor allem so widerlich selbstzufrieden.
    „Weißt was, Trainer“, sage ich. „Halt die Goschen.“ Prompt ist er eingeschnappt. Modell Clint Eastwood. Er raucht sich die zirka dreiundneunzigste Flirt Filter des Tages an, bläst mir den übel riechenden Rauch seines Unkrauts ins Gesicht und preßt dann zwischen den zusammengepreßten Lippen hervor, daß es an sich nicht seine Art sei, über eine Stunde zu warten, um sich dann blöd anfliegen zu lassen.
    „Dafür is mir meine Zeit zu schad“, sagt er, hält demonstrativ nach dem Quell -Poldl Ausschau, vermeidet es aber,
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