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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch
Autoren: Guenter Broedl
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Nerven. Aber ich verspreche dem Herrn Josef, nach dem Verzehr meines Gulasch vorbeizukommen und eine Fachkraft mitzubringen.
    „Mahlzeit, Herr Kurt!“ schreit der Herr Josef dankbar in den Hörer.
    „Lokalwechsel!“ schlage ich dem Trainer vor, der sich in meiner Abwesenheit mit dem Kreuzworträtsel des Kronenblattes beschäftigt hat. Mit mäßigem Erfolg.
    „Ich hab um halb neun einen wichtigen Termin“, sagt er.
    „Kein Problem“, sage ich.
    „Bist Du sicher?“
    „Ziemlich.“
    „Okay, vergiß es. Ohne mich“, winkt er ab.
    Zwei Biere später beschließt er, den Termin sausen und seine froschgrüne Rostschüssel stehen zu lassen und mich im Regen ins Rallye zu begleiten.
    So ist er, der Trainer. Umständlich, aber verläßlich.

7
    Wenn der „Monte Carlo“-Flipper mit seiner Kundschaft zufrieden ist, dann rumpelt, klappert und klingelt er ganz besonders laut. Heute ist er in Hochstimmung. Das freut die antike Jukebox, und sie läßt auf ihre alten Tage dezibelmäßig die Muskeln spielen. Ein baßlastiges“Lola“ erfüllt das bis auf den letzten Stehplatz gefüllte Lokal mit nervtötendem Wummern.
    So hab ich das Rallye noch nicht erlebt. Und so mag ich es auch nicht. Aber der ewige Kreislauf unseres Daseins nimmt darauf keine Rücksicht: Der Tod des Wickerl Auer hat dem komatösen Rallye neues Leben eingehaucht. Die wenigen alten Stammgäste sind da und viele neue Gesichter. Und alle sind sie in froher Erwartung blutiger Details. Aber der Rudi hinter der Schank und der Herr Josef, der zwischen den Tischen rotiert, sind mit dem Ausschenken und Servieren dermaßen ausgelastet, daß für mörderische Anekdoten keine Zeit bleibt.
    In der Zeitung wurde die Rallye -Connection nicht erwähnt, aber die Anrainer wissen natürlich längst Bescheid. Kleine Gewerbetreibende und eine Schwadron rüstiger nimmermüder Pensionistinnen und Rentner haben in der Gegend ein Kommunikationsnetz aufgebaut, dem Tageszeitungen, Funk und Fernsehen weder im Tempo noch in der Gründlichkeit der Recherche das Wasser reichen können.
    Angenommen, Sie schleppen Ihre müden Knochen gegen fünf Uhr früh von einer wichtigen geschäftlichen Verpflichtung nach Hause und es ereilt Sie auf offener Straße ein heftiger Hustenanfall, dann können Sie sicher sein, daß bereits wenige Stunden später in hunderten Haushalten Ihr Todesurteil Frühstücksgespräch ist: Kehlkopfkrebs. Der macht’s nimmer lang.
    Ich gehe in meiner Gasse zirka ein Dutzend Mal im Jahr über den Jordan. Todesursache ist in den meisten Fällen eine unheilbare Erkrankung der Atemwege. Und ein Mal bin ich am eigenen Erbrochenen erstickt.
    „Danke, Herr Kurt“, keucht der Herr Josef. „Ah, und der Herr Trainer. Grüß Sie!“
    Ich bewundere den Herrn Josef für sein phänomenales Personengedächtnis. Er erkennt den Trainer sofort wieder, obwohl er ihn seit mindestens drei Jahren nicht mehr gesehen hat.
    Der Trainer war nur zwei Mal im Rallye . Ein erstes und ein letztes Mal, kommentierte er diese Erfahrung. Unzufrieden zeigte er sich vor allem mit dem hygienischen Zustand der Toilettanlagen. Laut Trainer holt man sich bereits beim bloßen Betrachten der Klobrille den Tripper. Was ich so nicht bestätigen kann. Obendrein hegt er Zweifel, daß der Schankbereich einer lebensmittelpolizeilichen Überprüfung standhalten kann. Dagegen würde ich nicht mein letztes Hemd verwetten wollen. Und trotzdem verdient das Rallye ein milderes Urteil, als das des Trainers: „Ein grindiges Tschocherl“, raunt er mir zu. „Wobei sollen wir da helfen? Beim Putzen?“
    Die Antwort, die mir auf der Zunge brennt, hätte garantiert wieder katastrophale Folgen, aber diesmal beweist der Herr Josef perfektes Timing, indem er dem Trainer und mir zwei große Bier in die Hand drückt und mit dem Kopf in Richtung Hinterzimmer deutet.
    „Der Rudi geht mit Euch“, sagt er und mahnt im gleichen Atemzug drei Teenager zur Ruhe, die vom „ Rälli“ noch eine Runde Baucherln und die amtliche Bestätigung haben wollen, daß  „ Mom & Dead“ nach dem Tod des Wickerl mit einem neuen Bassisten weitermachen werden.
    Der Rudi verläßt seinen Posten hinter der Schank und führt uns durch das Hinterzimmer und die Toilettanlagen hinaus in den Hof. In einem mit Teerpappe geflickten Holzschuppen, in dem seinerzeit die Pferdefuhrwerke des Hausherrn untergestellt waren, lagert der Herr Josef sein Leergut, ausgedientes Mobiliar und eine Tiefkühltruhe, die, seit ich ihn kenne, darauf wartet, repariert
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