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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
Autoren: Gisa Pauly
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weiß, was da oben vor sich geht!«
    Erik blieb stehen und starrte zu dem Gerüst hoch. Die drei Frauen schienen nur Augen füreinander zu haben, schenkten ihrer Umgebung keinen Blick. Es sah aus, als hätte jede von ihnen Angst, von einer der anderen übertölpelt zu werden, sobald sie den Blick abwandte. Wie kam Mamma Carlotta zu diesen beiden? War sie Corinna und Wiebke nachgestiegen? Erik verstand die Welt nicht mehr.
    Nachdem sie den obersten Punkt der Düne erreicht hatten, konnten sie das Baugelände betreten, wo es allerdings nichts gab, was sie als Deckung nutzen konnten. Sämtliche Baugeräte, die hier sonst herumstanden, Wasserfässer, Betonkübel, aufgestapelte Bretter und Steine, alles war wegen des Sturms in den Neubau getragen worden, durch den zwar noch der Wind pfiff, der aber dennoch einigen Schutz bot. Ein paar Meter entfernt stand noch ein Bauwagen. Wenn sie ihn erreichen konnten, würde man sie vom Gerüst aus nicht sehen können. Sie mussten nur vorsichtig genug sein.
    Erik verständigte sich mit Sören durch einen einzigen Blick. Er verstand sofort und lief geduckt los. Erik beobachtete die drei Frauen genau, bis Sören hinter dem Bauwagen angekommen war. Nein, sie hatten nichts bemerkt. Sie schauten weder nach rechts noch nach links. Aufgebracht redeten sie aufeinander ein, gestikulierten, schrien sich an, ohne dass Erik jedoch ein Wort verstehen konnte.
    Wiebke griff nach etwas, das zu ihren Füßen gelegen hatte, und hielt es vor sich wie eine Waffe. Eine stabile Latte, auf der es kurz metallisch aufblitzte, als ein Sonnenstrahl durch die Wolken fiel. Das musste ein Nagel gewesen sein.
    Erik duckte sich und lief, so schnell er konnte, zu Sören hinter den Bauwagen. Schwer atmend sank er dort in die Knie. »Haben die drei was gemerkt?«
    »Ich glaube nicht«, gab Sören zurück und holte sein Handy aus der Tasche. »Ich informiere die Feuerwehr und die Kollegen.«
    »Aber sorgen Sie dafür, dass das Martinshorn nicht angestellt wird. Wenn da oben jemand die Nerven verliert …«
    Er sprach den Satz nicht zu Ende. Vorsichtig spähte er um den Bauwagen herum. Nicht auszudenken, wenn eine der drei das Gleichgewicht verlor und von dem Gerüst stürzte!

M amma Carlotta zitterte am ganzen Leib und hätte sich am liebsten an Wiebke festgehalten. Aber trotz ihrer Verwirrung konnte sie sich sagen, dass sie damit Hilfe bei der Falschen suchte und am Ende mit einer Verbrecherin gemeinsam ins Verderben stürzte. Sie musste sich auf ihre eigenen Fähigkeiten besinnen, auf ihre eigene Stärke vertrauen. Und sie musste sich vorsichtig, möglichst unbemerkt, von Wiebke entfernen. Zentimeter um Zentimeter …
    »Warum haben Sie den netten Dennis umgebracht?«, fragte Mamma Carlotta. »War er auch Ihr Bruder? Und Sila Simoni Ihre Schwester? War die Geschichte, die Sie mir in Käptens Kajüte erzählt haben, in Wirklichkeit Ihre eigene?«
    Wiebke sah sie verblüfft an, antwortete aber nicht. Ihr Blick wanderte zu Corinna, die sich nach wie vor an den Stahlpfosten klammerte und die Latte anstarrte, die Wiebke wieder zur Hand genommen hatte, nachdem Mamma Carlotta wohlbehalten auf dem Gerüstbrett gelandet war.
    »Nun sagen Sie schon!«, fauchte Corinna. »Wieso weiß ich nichts davon, dass Sie Klaus’ Schwester sind?«
    Wiebke schrie gegen den Sturm an: »Ich habe lange nach ihm gesucht. Und als ich ihn fand, war da gleich eine Verbindung zwischen uns, wie es sie nur bei Geschwistern gibt. Wir haben es sofort gespürt.«
    »Erzählen Sie mir nichts!«, schrie Corinna zurück. »Ich hatte selbst eine Schwester. Und ich glaube Ihnen kein Wort. Klaus hätte mir davon erzählt.«
    »Übermorgen wird er vierzig«, gab Wiebke zurück. »An diesem Tag wollten wir es allen verraten. Ein großes Fest sollte es werden. Eine Überraschungsparty! Aber leider …« Ihr Blick wurde kurz wehmütig, dann fiel er zurück auf Corinna und wurde wieder kalt und entschlossen. »Das Geheimnis wollte Klaus nicht mit Ihnen teilen, weil ihn schon lange nichts mehr mit seiner Ehefrau verband. Er war unglücklich mit Ihnen! Er hatte längst die Trennung vorbereitet. Weil er nämlich Matilda liebte! Ihre Schwester! Die beiden hatten seit Langem ein Verhältnis! Mir hat er es anvertraut. Aber nicht mal Matilda hat etwas von mir erfahren. Es sollte die ganz große Überraschung werden!«
    »Das stimmt nicht!«, schrie Corinna zurück. »Das hätte ich gemerkt! Außerdem hatte Matilda was mit Ludo Thöneßen!«
    Wiebkes Gesicht wurde
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