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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
Autoren: Gisa Pauly
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Sören ins Gesicht, der sich erstaunt zu ihm umdrehte. »Buon giorno! Ist es hier immer so stürmisch? Und diese Kälte! Fürchterlich!«
    »Moin«, gab Sören zurück und sah Erik abwartend an.
    »Ein Verwandter«, erklärte Erik kurz angebunden und gab das Zeichen zum Weiterfahren. »Wir setzen ihn im Süder Wung ab.« Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte. »Mal sehen, ob jemand zu Hause ist.«
    Niemand meldete sich, resigniert drückte er den roten Knopf seines Handys. »Die Kinder sind noch nicht zurück. Und meine Schwiegermutter … die ist wahrscheinlich schon wieder mit ihren Unterschriftenlisten unterwegs.« Er wandte seinen Kopf zur Seite und sagte zu Niccolò: »Am besten, du kommst erst mal mit uns. Wir laden dich nachher zu Hause ab.«
    Niccolò lehnte sich bequem zurück und lächelte. Ihm schien alles recht zu sein. Hauptsache, er blieb vor der Kälte und Sturm verschont!
    »Willst du auf Sylt Arbeit suchen?«, fragte Erik, dem plötzlich einfiel, dass von Niccolò in letzter Zeit gelegentlich die Rede gewesen war. Wenn er sich recht erinnerte, hatte Mamma Carlotta davon gesprochen, dass Niccolò sein Restaurant in Assisi hatte aufgeben müssen. Auch von Eheproblemen, Scheidung und einem Rosenkrieg hatte sie erzählt und dass Niccolò seitdem am Hungertuch nage. An Einzelheiten konnte er sich allerdings nicht erinnern, da er selten aufmerksam zuhörte, wenn seine Schwiegermutter ihm die Schicksale der Verwandtschaft in allen Einzelheiten darlegte. Er war stolz darauf, dass ihm immerhin einige von Niccolòs Problemen im Gedächtnis geblieben waren, sodass er nicht schon in den ersten Minuten des Wiedersehens in ein Fettnäpfchen tappte. Als er sich bei einem Onkel von Lucia vor Jahren einmal danach erkundigt hatte, ob dessen Sohn noch immer in Genua lebe, war seine ohnehin nicht sehr gefestigte Position in der Familie seiner Frau in große Gefahr geraten. Anscheinend war er der Einzige gewesen, der nicht mitbekommen hatte, dass der Sohn wegen schweren Betruges seit zwei Jahren im Gefängnis saß.
    »Hat Tante Carlotta dir nichts von meinen Plänen erzählt?«, fragte Niccolò zurück und klang dabei derart erstaunt, dass Erik sofort von der Sorge befallen wurde, doch wieder etwas Wichtiges überhört zu haben. Vermutlich hatte seine Schwiegermutter ihm umständlich und unter Einbeziehung sämtlicher Vorgeschichten etwas von Niccolòs beruflichen Plänen erzählt, und er war schon bei der Vorrede gedanklich abgeschweift und hatte die Schilderungen einfach an sich vorbeirauschen lassen.
    »Doch, doch, natürlich«, antwortete er und hoffte, dass er seinen Informationsrückstand später aufholen konnte, bevor es zu irgendwelchen Unannehmlichkeiten kam. Wahrscheinlich hatte seine Schwiegermutter ihm sogar mitgeteilt, dass Niccolò demnächst auf Sylt zu erwarten sei, und auch das hatte er nicht mitbekommen. Es galt also, vorsichtig zu sein und sich zurückzuhalten mit Fragen und Bemerkungen, die ihn auf direktem Wege in die nächste Peinlichkeit führten.
    Er war dankbar, dass Niccolò sich interessiert die Gegend ansah und nicht alles, was er erblickte, kommentierte, wie es die meisten anderen taten, die zur Familie Capella gehörten. Erik musste sich auf das konzentrieren, was vor ihm lag. Und zur Konzentration gehörte bei ihm das Schweigen.
    Sören drückte aufs Gas. Schnelles Autofahren konnte einen Italiener zwar eigentlich nicht beeindrucken, aber Niccolò schien doch zu spüren, dass er nicht an einer Spazierfahrt, sondern an einem brisanten Polizeieinsatz teilnahm. Dass er auf diese Erkenntnis nicht mit einer Salve von überflüssigen Alarmrufen reagierte, machte ihn für Erik sympathisch. Schon Niccolòs langjähriger Wunsch, zum Zirkus zu gehen, hatte ihn in Eriks Augen eher interessant als psychopathisch gemacht, wie er von den meisten Angehörigen eingestuft wurde. Und dass man es Niccolò ausgeredet hatte, war ihm gelegentlich sogar bedauerlich erschienen. Aber natürlich hätte er niemals etwas Derartiges verlauten lassen, denn dann wäre die gesamte Familie Capella über ihn hergefallen.
    Angestrengt starrte Erik dem neuen Gosch-Bau entgegen, der gerade in Sicht kam. Niccolò hatte er nun beinahe vergessen. Die Mauern des Neubaus standen bereits, Gerüste waren davor angebracht, vermutlich für die Außenverklinkerung, vermutete Erik.
    »Sehen Sie was?«, fragte er Sören, als sie auf den Parkplatz fuhren.
    Sören schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich ist sie am Strand. Am besten,
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