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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz
Autoren: Leena Lehtolainen
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Tür zum Aufzugsgewölbe tastete. Sie war offen, und Johnny stand dahinter. Im Dunkeln konnte ich nur seine gelb gesprenkelten Augen erkennen. Ich wurde durch die Tür gerissen, die hinter mir zuknallte. Das Schloss schnappte ein.
    Das kleine Gewölbe wurde nur von der Lampe des Aufzugs beleuchtet. Ich nahm den Geruch von Angst und Schnaps wahr, den Johnnys Körper verströmte.
    Ein zweiter Geruch mischte sich darunter, ein dezentes, elegantes Rasierwasser.
    Johnny und ich waren nicht allein. Kivinen stand hinter Johnny. Er hielt eine Pistole in der Hand, an Johnnys Kopf gedrückt.
    «Schön, dich zu sehen, Maria. Ich hab mir den Dorfklatsch lange genug angehört, um zu wissen, dass du herkommen wirst, wenn Johnny Miettinen dich darum bittet. Keine Tricks, oder Miettinen stirbt auf der Stelle.»
    Kivinen trug einen Helm auf dem Kopf, mit einer Lampe daran, die er jetzt anknipste. Johnny hielt eine große Stablampe in der herabhängenden Hand. Er bewegte sich langsam und unsicher, als wäre er steif vor Angst. Auch ich hatte Angst. Was in aller Welt hatte Kivinen vor?
    « Maria, du öffnest jetzt die Aufzugtür und steigst als Erste ein. Wir machen einen Ausflug an einen Ort, den in letzter Zeit kaum jemand zu Gesicht bekommen hat.»
    Mir blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Als der Aufzug knirschend in die Tiefe fuhr, spürte ich, dass es schwer sein würde, wieder ans Tageslicht zu kommen. Ich wusste nicht, was Kivinen vorhatte, aber jetzt war endgültig klar, wer von diesen beiden Männern Jaska und Meritta ermordet hatte.
    Als wir unten ankamen, hielt Kivinen mir einen Schlüssel hin.
    « Schließ den Aufzug ab! Wir wollen niemanden in Versuchung führen herunterzukommen, wenn sie wider Erwarten oben die Tür aufkriegen sollten.»
    Wenn ich nur wüsste, in welcher Verfassung Johnny war! Hielt Kivinen ihn seit Donnerstag gefangen? Hatte er ihm außer Schnaps auch Beruhigungsmittel eingeflößt? Durfte ich mich darauf verlassen, dass Johnny mit mir zusammenarbeitete? Wenn ich die Gewissheit gehabt hätte, dass er so schnell reagierte wie früher auf dem Fußballplatz, hätte ich Kivinen den Aufzugschlüssel ins Gesicht geworfen und Johnny zugerufen, er solle sich flach auf den Boden legen. Ich brauchte nur ein paar Sekunden, um meine Waffe zu ziehen.
    Aber ich wusste eben nicht, wie fit Johnny war, und ich wollte uns beide lebend nach oben bringen. Also entschied ich mich dafür, Kivinens Spiel weiterhin mitzuspielen. Folgsam schloss ich den Aufzug ab und hoffte, dass Kivinen nicht auf die Idee kam, mich abzutasten.
    «Braves Mädchen», sagte Kivinen höhnisch, als ich ihm den Schlüssel zurückgab.
    «Du hast Miettinens Anweisungen doch befolgt? Oben sind keine Hilfstruppen?
    Du willst doch nicht, dass Miettinen als Doppelmörder verhaftet wird?» Ich schüttelte gehorsam den Kopf. «Miettinen überzeugt sich jetzt davon, dass du keine Waffe bei dir trägst.» Kivinen schob Johnny zu mir hin. Johnny begann mechanisch, meinen Rücken und meine Oberschenkel abzuklopfen. Ich spürte, wie seine Hände sich verkrampften, als er das Holster unter meiner Achsel entdeckte.
    Verrat uns nicht, Johnny, bleib ruhig! Ich hielt den Atem an, bis Johnny seine Hände weiterwandern ließ und meinen Bauch abklopfte. Hoffentlich befahl Kivinen ihm nicht, meine Jacke aufzumachen. Aber er gab sich zufrieden, als Johnny leise sagte: «Nichts.»
    Ich kämpfte darum, mir meine Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Jetzt wusste Johnny, dass ich auch eine Waffe hatte. Und Kivinen hatte bewiesen, dass er kein Profi war. Vielleicht hatten wir doch noch eine Chance.
    Kivinen befahl Johnny, die Taschenlampe anzuknipsen, und mir, als Erste den Schacht entlangzugehen. Johnnys Hände zitterten, im schwankenden Lichtkegel seiner Taschenlampe setzte ich langsam einen Fuß vor den anderen. Hinter mir blinkte die Grubenlampe an Kivinens Helm. Außerhalb des Lichtkegels war nichts als Schwärze, die Stille des Schachts saugte uns auf.
    Ein Grabgewölbe. Daran durfte ich nicht denken. Ich würde tiefer ruhen als irgendwer sonst, mit dem Turm als Grabstein. Ich sah die orangefarbene, verrenkte Gestalt Merittas auf dem gelben Sand, sah Jaska, aus dessen Kopf Blut in das purpurfarbene Wasser des Bergwerksteichs rann. Johnny und mich würde nur schwarzes, grobes Gestein umgeben.
    Wir kamen an die Gabelung.
    «Maria, du warst doch letztes Mal so neugierig auf die Stelle, an der Meritta ihre verdammten Bilder gemalt hat. Es sei dir gewährt. Nach
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