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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz
Autoren: Leena Lehtolainen
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teilgenommen, weil ich es unverantwortlich fand, eine Waffe zu benutzen, ohne sie zu beherrschen. Zwar hatte ich Kivinen fast genau an der beabsichtigten Stelle getroffen, aber dabei war eine Menge Glück im Spiel gewesen. Wir hatten die Mordfälle unter Leitung eines Therapeuten im Kollegenkreis durchgesprochen, und diese gemeinsamen Sitzungen hatten uns einander so nahe gebracht, dass mich der Gedanke an das näherrückende Ende meiner Anstellung traurig stimmte. Hopponen und Järvi hatten mich sogar aufgefordert, in der Baseballmannschaft des Reviers mitzuspielen.
    Ich bat Koivu, meinen Spieß eine Weile zu halten, und holte eine Flasche Wein.
    Im Vorbeigehen hielt mir Matti sein leeres Glas hin, und ich goss ihm ein.
    Nach der Aufklärung der Morde war Matti wahnsinnig verlegen gewesen. Ella und er hatten sich gegenseitig verdächtigt, Meritta umgebracht zu haben. Ich hatte eine schnelle, aber hochoffizielle Voruntersuchung über Mattis Unterschlagung durchgeführt und natürlich beschlossen, auf eine Anklageerhebung zu verzichten. Auch Järvisalo, dem ich den Sachverhalt erklärt hatte, war mit dieser Entscheidung einverstanden. Matti war ganz schön billig davongekommen, die gute Ella hatte ihm natürlich bei der Bank einen Wechsel organisiert, mit dem sein «Darlehen» zurückgezahlt wurde. Im Vergleich zu Kivinens Aktivitäten war Mattis Unterschlagung so geringfügig, dass auch die Stadtverordneten höchstens darüber gelacht hätten.
    Ich briet meine Wurst über dem Feuer, bis sie so richtig schön verkohlt war, und garnierte sie mit einer halben Tube Senf.
    «Bist du sicher, dass du beim Weißwein den richtigen Jahrgang erwischt hast?», fragte Koivu und betrachtete entsetzt meine Delikatesse. Der helle Streifen an seinem linken Ringfinger war nachgebräunt und kaum noch zu erkennen, aber die Wunde in seinem Herzen hatte gerade erst angefangen zu vernarben. Er trug sich mit dem Gedanken, sich noch weiter in den Norden versetzen zu lassen, weil Joensuu ihn zu sehr an Anita erinnerte. Ich hoffte insgeheim, dass er wieder in die Hauptstadtregion käme.
    Vor ein paar Tagen hatte ich einen merkwürdigen Anruf bekommen.
    «Hier spricht Kriminalrat Jyrki Taskinen von der Polizeibehörde Espoo. Wie Sie vielleicht gehört haben, wird bei uns zurzeit eine umfassende Reorganisation durchgeführt. Unter anderem gehört dazu die Bildung einer neuen Sondereinheit für Gewalt-und Wiederholungsdelikte, die hauptsächlich intern besetzt wird. Wr haben nur ein Problem. Wir brauchen in dieser Einheit eine Frau, die sowohl qualifizierte Juristin ist als auch eine Polizeiausbildung hat, vorzugsweise mindestens im Rang einer Kriminalhauptmeisterin. Kriminalhauptkommissar Pertti Ström hier bei uns und Kriminalrat Kalevi Kinnunen von der Polizeibehörde Helsinki haben Sie empfohlen. Hätten Sie Interesse?»
    Ich hatte eine Weile völlig verblüfft zugehört, bevor ich auf die Idee kam zu fragen, ob mein alter Widersacher Pertti Ström mein Vorgesetzter würde.
    « Ström wird in der gleichen Einheit arbeiten, aber Sie wären unmittelbar mir unterstellt.»
    Ich hatte versprochen, in der nächsten Woche zum Vorstellungsgespräch nach Espoo zu kommen. Ich könnte die Stelle in der ersten Novemberhälfte antreten, sodass ich nach Ablauf meines Sommerjobs sogar noch ein paar Tage Urlaub hätte. Koivu redete mir zu, das Angebot anzunehmen, meine Eltern ebenfalls.
    Mit Antti hatte ich noch nicht darüber sprechen können. Ich hatte in den letzten Tagen ein paar Mal bei ihm angerufen, aber er meldete sich nicht.
    Von der anderen Seite des Lagerfeuers zogen die melancholischen Töne der Mundharmonika herüber, Johnnys Gitarre kam dazu. Irgendwer fing an, «All My Loving» zu singen. Ich setzte hastig die Weinflasche an den Mund und dachte an Jaska, der die Beatles als Softies angesehen hatte. Ob er wohl jetzt mit John Lennon in der himmlischen Band spielte ? Kaisa setzte sich neben mich, zusammen mit einer langbeinigen blonden Frau, die sie mir bei der Ankunft vorgestellt hatte: «Das ist meine Freundin Elvira. Die estnische Hürdenläuferin.»
    Mehr hatte sie nicht zu sagen brauchen, es war leicht zu erraten, dass der Glanz in ihren Augen nicht nur von der Goldmedaille kam. Es sah schön aus, wie sie ihren Arm um Elviras Schultern legte. Das war bestimmt ein größerer Sieg als die Europameisterschaft.
    Johnny leitete von «All My Loving» zu «Michelle» über. Ich wunderte mich immer noch über seine Selbstüberschätzung. Wie hatte
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