Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kunstblut (German Edition)

Kunstblut (German Edition)

Titel: Kunstblut (German Edition)
Autoren: Martin Schüller
Vom Netzwerk:
absehbaren Verlauf wie diesem ist es gut, nicht dauernd von den Bullen gefragt zu werden, wen man warum angerufen hat.
    Ich wählte die Nummer des »Mühlhaus«.
    »Hey, Katja«, sagte ich, als sie sich meldete.
    »Jo! Du verdammter Schuft! Seit Wochen warte ich auf deinen Anruf, und jetzt rufst du mich ausgerechnet auf der Arbeit an!«
    »Tut mir Leid, mein Engel, wir gehen nächste Woche zusammen essen, das verspreche ich. Tu mir einen kleinen Gefallen, bitte.«
    Sie holte Luft für eine längere Antwort, also redete ich weiter. »Eben ist eine blonde Frau bei euch reingekommen. Kannst du ihr was ausrichten? Sie soll nichts bestellen. In ein paar Minuten kommt ein Taxi sie abholen.«
    »Ich denk verdammt noch mal nicht –«
    »Ich danke dir, mein Engel«, sagte ich und schaltete das Handy aus. Ich hielt mich im Schatten, während ich zum Taxi ging. Als ich in den Fond stieg, faltete der Fahrer seinen Express zusammen und drehte sich mit hochgezogenen Brauen zu mir um.
    »Wie heißen Sie?«, fragte ich.
    »Kim«, antwortete er.
    »Ist das Ihr Nachname?«
    »Ja.«
    »Gut, Herr Kim. Mein Name ist Kant. Fahren Sie bitte zu dem Lokal dort drüben und melden Sie sich drinnen. Eine blonde Dame wird auf Sie warten. Sie soll bitte hinten einsteigen. Und wundern Sie sich nicht über mich.«
    Ich rutschte in den Fußraum und quetschte mich hinter den Fahrersitz. Herr Kim gab keinen Kommentar. Er bog in die Tellerringstraße, wendete vor dem »Mühlhaus« und stieg aus. Nach einer Minute öffnete er die Tür, und Frau Wolter stieg ein. Sie starrte verständnislos auf mich herab.
    »Warum liegen Sie da unten?«, fragte sie.
    Sie war Ende vierzig, und das war ihr erkennbar zu viel. Die Haarfarbe war nicht echt, aber beeindruckend, das Gleiche galt für ihre Fingernägel. Ihre Figur war umwerfend, jedenfalls aus meiner momentanen Perspektive, und ich hatte keine Ahnung, ob sie echt war. Unter ihrem offenen Pelzmantel trug sie ein ziemlich kurzes schwarzes Kleid. Für die Situation war sie entschieden overdressed.
    Herr Kim hatte sich wieder hinters Steuer geklemmt. »Wohin?«, fragte er.
    »Fahren Sie uns bitte ein bisschen spazieren.«
    Ohne ein Wort ließ er den Wagen an und fuhr los.
    »Sehen Sie doch bitte mal in den Rückspiegel. Folgt uns jemand?«
    »Ein silbergrauer Vectra ist hinter uns.«
    »Bitte verlieren Sie ihn nicht.«
    Frau Wolter drehte sich um. »Oh Gott, die Bullen.« Ihre Stimme war rauchig und überraschend angenehm.
    »Die sind im Moment kein Problem. Wo steckt Ihr Mann?«
    »Ich weiß es nicht!« Sie kniff die Lippen zusammen.
    »Er hat Sie doch angerufen, oder?«
    »Ja.«
    »Und was sollen Sie mir ausrichten?«
    Sie wühlte in ihrer übergroßen gelben Prada-Handtasche und zog einen braunen DIN-A 5-Umschlag hervor.
    »Was ist da drin?«
    »Ich weiß es nicht. Er hat gesagt, ich dürfe auf gar keinen Fall reinsehen. Ich sollte ihn aus dem Tresor holen und Ihnen geben. Er hat mir sogar die Kombination gesagt, das hat er noch nie gemacht.«
    »Darf ich ihn denn aufmachen?«
    »Nein. Sie sollen nur darauf aufpassen. Er meldet sich bei Ihnen.«
    Ich nahm ihr den Umschlag ab. Er schien nicht mehr als ein paar Blätter zu enthalten.
    »Sonst hat er nichts gesagt?«
    »Er käme bald zurück nach Düsseldorf. Er muss nur vorher noch was erledigen. Ich weiß nicht, was.«
    »Warum darf niemand hineinsehen?«
    »Er sagte, es sei besser für mich, nicht zu wissen, was drin ist. Und ich dürfe absolut niemandem erzählen, wem ich ihn gegeben hätte.«
    Ich sah auf den Umschlag. »Was will er noch von mir?«
    »Nichts. Sie bekommen Ihr Geld, soll ich Ihnen sagen.« Sie klang gereizt.
    »Sie haben keinen Grund, pikiert zu sein«, sagte ich. »Wenn ich Ihren Mann richtig interpretiere, ist das eine Bombe, die er nicht in seiner oder Ihrer Nähe haben will.« Ich steckte den Umschlag ein. »Aber in meiner. Da stehen mir ein paar Fragen zu, oder?«
    »Darf ich rauchen?«, fragte sie.
    »Wenn Sie aus dem Fenster aschen«, sagte Herr Kim.
    Sie zündete sich eine schlanke, lange Damenzigarette an und sog den Rauch gierig ein.
    »Was wissen Sie über Schwarzenberger?«, fragte ich.
    »Über Yves? Nicht viel.«
    »Ich weiß fast nichts, außer dass er tot ist.«
    »Er war reich.« Sie öffnete das Fenster ein wenig und blies Rauch hinaus.
    Mein eingeschränkter Blick ließ mich vermuten, dass Herr Kim mit uns durch das Reisholzer Industriegebiet kreuzte. »Ist der Vectra noch bei uns?«, fragte ich ihn.
    »Wie gewünscht«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher