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Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Titel: Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können
Autoren: Bastei Lübbe
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Kirchen erdverbunden, wuchtig, mit dicken Mauern und kleinen Fenstern. Die Bögen über den Fenstern sind rund. Achten Sie bei mittelalterlichen Gebäuden auf die Fenster und Tore: Rundbogen heißt Romanik.
    Ab etwa 1150 wurden die Architekten zunächst in Frankreich, dann in Deutschland und England wagemutiger. Vor allem erkannten sie, dass es nicht der gesamten Wand bedurfte,um das Deckengewölbe abzustützen. Es reichten einige Stützpfeiler. Zwischen ihnen konnten die Wände wesentlich dünner gebaut und größere Fenster eingesetzt werden. Jetzt, in der neuen Zeit, der Gotik, strebte der ganze Bau in die Höhe, Gott entgegen – und er wurde filigraner. Deutlich wird das erneut an den Fenstern: Sie laufen spitz nach oben zu. Spitzbögen sind das eindeutigste Stilmerkmal der Gotik. An den filigranen Verstrebungen der Rosette, einem kreisrunden Fenster an der Frontseite über dem mittleren Portal, lässt sich erkennen, wie in der Gotik die Bauten ihre Leichtigkeit zurückgewannen. Man baute nun Kathedralen und nicht mehr – wie in der Romanik – Basiliken.
    Das ging – wie stets in solchen Fällen – nicht ohne Schmerzen vonstatten. Wurden die Baumeister zu übermütig, krachte das Ganze zusammen. Die Architekten stützten deshalb die Kirche von außen mit Streben, sodass mancher gotischer Dom aussieht, als habe er Spinnenbeine.
    Zahlreiche Kathedralen stürzten dennoch beim Bau ein, an anderen wurde jahrhundertelang gebaut, manche wurden nie fertig. Die Türme des Kölner Doms wurden erst im 19. Jahrhundert ergänzt. Doch das Mittelalter-trunkene 19. Jahrhundert neigte ohnehin dazu, Romanik und Gotik wiederzubeleben. Es war die Zeit der sogenannten Neo-Stile. In meiner Schulzeit ging ich lange jeden Donnerstag in die katholische Sankt-Bonifatius-Pfarrkirche in Horas, die ich – nachdem ich Fotos berühmter Kathedralen gesehen hatte – für gotisch hielt. Jahre später stellte ich tief enttäuscht fest, dass sie neogotisch war – Baujahr 1885. Ein Beispiel von vielen. Zehn Jahre nach dieser Bonifatius-Kirche war die Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche im neoromanischen Stil fertiggestellt worden. Deshalb Vorsicht: Nicht alles, was so aussieht, ist mittelalterlich.
    Zurück zu den Wurzeln – die Renaissance
    Irgendwann zu Beginn der Neuzeit ging den Baumeistern, als erstes in Italien, die Gotik auf die Nerven. Wir stoßen auf ein Phänomen, das uns ab jetzt ständig begegnen wird: die Wiederbelebung der Antike. Zunächst in der Renaissance, die sich vorwiegend an der römischen Antike orientierte. Das antike Vorbild erkennt man daran, dass Kirchen wieder als Zentralbau geplant wurden. Das schönste Beispiel stammt von Donato Bramante (1444–1514): Es handelt sich um die Kapelle Tiempetto in der Kirche San Pietro in Montorio in Rom. Auch findet man in der Renaissance die Säulenordnung der Antike wieder und an den Fassaden der Pallazi deren Schlichtheit und Ebenmaß. Beispiele glänzender profaner Renaissance-Architektur befinden sich in Florenz. Den Namen des bedeutendsten Architekten der Renaissance sollte man sich merken: Andrea Palladio (1508–1580), Sohn eines Müllers aus Padua, hat durch seine Interpretation des römisch-antiken Erbes die Architektur bis ins 20. Jahrhundert geprägt.
    Wobei Palladio, wie so viele bedeutende Künstler, bereits am Übergang zu einer neuen großen Stilepoche steht. Vom Beginn des 17. Jahrhunderts an breitete sich von Rom ausgehend der Barock über den ganzen Kontinent aus. Kein anderer Stil hat sich so selbstbewusst, zuweilen brutal, alle vorangegangenen Epochen unterworfen. Die Barockkünstler nahmen keine Rücksicht: Was nicht Barock war, wurde barock gemacht. In ganz Europa lassen sich auf Barock getrimmte romanische und gotische Kirchen sowie Renaissancekirchen entdecken.
    Der Barock ist die künstlerische Speerspitze der Gegenreformation. Deshalb ist er fast nur in katholischen Gegenden zu finden (eine kleine Ausnahme ist die protestantische Frauenkirche in Dresden). Die Katholiken wussten das Theatralische und Dynamische, das Überbordende und Ornamentreiche dieses Stils zu würdigen. Die nüchternen Protestanten hielten sich jedoch fern von den Putten und Muscheln, von den Säulengruppen und Arabesken. Drei Beispiele für Barockbauten in Deutschland sind der Dresdner Zwinger von Matthias Daniel Pöppelmann, der Fuldaer Dom von Johann Dientzenhofer und die Würzburger Residenz von Balthasar Neumann.
    In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
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