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Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)

Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)

Titel: Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
Autoren: Rachel Gibson
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idiotisches Geschenk, ein altes verrostetes Fischerboot oder ein imprägnierter Wollmantel. Im Grunde war es auch egal, denn sie wollte nach der Verlesung des Testaments sowieso gleich wieder abreisen. Sie musste nur noch den Mut aufbringen, es ihrer Mutter zu sagen. Vielleicht würde sie von einem Münzfernsprecher irgendwo in der Gegend von Salt Lake City aus bei ihr anrufen. Doch bis dahin wollte sie noch ein paar alte Freundinnen besuchen, ein paar Kneipen unsicher machen und abwarten, bis sie zurück in die Großstadt fahren konnte, wo sie wieder Luft bekam. Denn sie wusste, wenn sie länger als ein paar Tage blieb, würde sie den Verstand verlieren – oder noch schlimmer: sich selbst.
     
    »Schaut nur, wer wieder da ist.«
    Delaney stellte einen Teller mit gefüllten Champignons auf das Büfett und blickte in die Augen ihrer Widersacherin aus Jugendtagen, Helen Schnupp. Helen war Delaney ein Dorn im Auge gewesen, ein Stein in ihrem Schuh, und ihr gewaltig auf den Zeiger gegangen. Immer, wenn Delaney irgendwo hinkam, war Helen schon da, ihr meist einen Schritt voraus. Helen war hübscher, die schnellere Läuferin und besser in Basketball. In der zweiten Klasse hatte Helen sie beim Bezirksbuchstabierwettbewerb vom ersten Platz verdrängt. In der achten Klasse war Helen und nicht sie zum Chef-Cheerleader ernannt worden, und in der elften war sie im Drive-in-Kino mit Delaneys damaligem Freund, Tommy Markham, erwischt worden, als sie es im Familienkombi der Markhams miteinander trieben. So etwas vergaß man nicht, und Delaney bereitete es ein stilles Vergnügen, Helens gespaltene Haarspitzen und strohige Strähnchen zu sehen.
    »Helen Schnupp«, sagte sie und gestand sich widerwillig ein, dass ihre alte Angstgegnerin bis auf die Frisur immer noch hübsch war.
    »Ich heiße jetzt Markham.« Helen schnappte sich ein Croissant und etwas Schinken dazu. »Tommy und ich sind seit sieben Jahren glücklich verheiratet.«
    Delaney lächelte gezwungen. »Das ist ja toll!« Sie redete sich zwar ein, sich einen Dreck um die beiden zu scheren, hatte jedoch stets die Wunschvorstellung gehabt, dass es mit Helen und Tommy einmal ein so böses Ende finden würde wie mit Bonnie und Clyde. Dass sie immer noch solch eine Feindseligkeit gegen die beiden hegte, machte ihr nicht so viel aus, wie es vielleicht gesollt hätte. Womöglich war es doch langsam Zeit für die Psychotherapie, die sie ständig vor sich herschob.
    »Bist du verheiratet?«
    »Nein.«
    Helen warf ihr einen mitleidigen Blick zu. »Deine Mutter sagt, du wohnst jetzt in Scottsdale.«
    Delaney kämpfte gegen das Bedürfnis an, Helen ihr Croissant in die Nase zu rammen. »Ich lebe in Phoenix.«
    »Ach ja?« Helen griff nach einem Champignon und ging weiter am Büfett entlang. »Dann hab ich sie wohl nicht richtig verstanden.«
    Delaney bezweifelte stark, dass mit Helens Gehör etwas nicht stimmte. Bei ihren Haaren war das etwas anderes, und wenn Delaney nicht in ein paar Tagen wieder hätte weg sein wollen und wenn sie ein netterer Mensch gewesen wäre, hätte sie ihr vielleicht angeboten, einen Teil des Schadens mit der Schere zu beheben. Vielleicht hätte sie sogar eine Protein-Packung auf Helens Kraushaar geklatscht und ihr den Kopf mit Zellophan umwickelt. Aber so nett war sie nicht.
    Sie ließ den Blick durch das überfüllte Esszimmer schweifen,
bis sie ihre Mutter ausmachte. Von Freunden umringt, das blonde Haar tipptopp in Schuss, ihr Make-up makellos, sah Gwen Shaw aus wie eine Königin, die Hof hielt. Gwen war schon immer die Grace Kelly von Truly, Idaho, gewesen. Sie sah ihr sogar ein bisschen ähnlich. Mit vierundvierzig ging sie immer noch für neununddreißig durch, und, wie sie oft und gern betonte, sah viel zu jung dafür aus, eine neunundzwanzigjährige Tochter zu haben.
    Überall sonst hätte ein Altersunterschied von fünfzehn Jahren zwischen Mutter und Tochter mehr hervorgerufen als hie und da ein Stirnrunzeln, doch im kleinstädtischen Idaho war es nichts Ungewöhnliches, wenn ein Highschool-Pärchen am Tag nach der Schulabschlussfeier heiratete, manchmal weil die Braut kurz vor der Geburt stand. Niemand dachte sich etwas bei Teenagerschwangerschaften, es sei denn, der Teenager war nicht verheiratet. Ein derartiger Skandal gab dem Klatsch noch jahrelang Nahrung.
    In Truly glaubten alle, dass die junge Bürgermeistersfrau zur Witwe geworden war, kurz nachdem sie Delaneys leiblichen Vater geheiratet hatte, doch das waren alles Lügen. Mit fünfzehn
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