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Kuess mich toedlich

Kuess mich toedlich

Titel: Kuess mich toedlich
Autoren: Ruth Adelmann
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sowie seinen Schlüssel und das Handy, bevor er schnellen Schrittes die Treppen hinunterlief. Bevor er den Hauseingang verließ, sah er sich kurz um, sich vergewissernd, dass niemand ihn bemerkte.
    Sarah hatte bereits die Straße mit den kleinen Geschäften erreicht, die zwischen ihrem Wohnhaus und dem Buchladen lag, in dem sie arbeitete.
    Möglichst unauffällig folgte er ihr und war erleichtert, als er sie an der nächsten Ecke wieder entdeckte. Der Weg zu Sarahs Arbeitsstelle war kurz, und sie schien, aus einem ihm unbekannten Grund, so gut wie alle Strecken zu Fuß zurückzulegen. Sie benutzte nur selten ein öffentliches Verkehrsmittel, auch für ihre wesentlich längeren Besorgungswege. Am Ende der lang gezogenen Straße befand sich der Buchladen.
    Zum ersten Mal, seit er sie beschattete, würde er sie nicht aus der Ferne durch ein Fernglas bei der Arbeit beobachten. In der vergangenen Woche hatte Ben sich damit begnügt, ihre Tagesabläufe kennenzulernen, ihre Gewohnheiten zu studieren, ohne in Erscheinung zu treten. Dabei waren allerdings nicht viele Informationen für ihn rausgesprungen. Er war in einer Zwickmühle. Einerseits sollte er sie bloß beobachten und noch keinen direkten Kontakt zu ihr aufnehmen, aber andererseits drängten seine Auftraggeber ihn, er sollte feststellen, ob Sarah ungewöhnliche Verhaltensweisen an den Tag legte, die für sie von Interesse waren.
    Also beschloss er, gegenüber dem Buchladen Stellung zu beziehen und sich als Promoter auszugeben, der selbst erstellte Flyer austeilte. Dadurch konnte er den gesamten Tag auf der Straße stehen und Sarah in aller Ruhe beobachten, ohne Misstrauen zu erwecken. Zettelverteiler waren ein bekanntes Phänomen in der Nähe der Universität, die sich nicht weit von hier befand. Die Leute auf der Straße mieden die aufdringlichen Verteiler nur zu gern und sahen ihnen daher oft nicht einmal ins Gesicht. Diese Tatsache kam Ben entgegen und er nutzte sie für sich.
    Würde er auf diese Weise nicht an die benötigten Informationen gelangen, müsste er früher oder später eine Wanze in ihrer Wohnung und im Buchladen anbringen. Noch war die Maßnahme nicht nötig.
    Sarah war gerade dabei, den Laden aufzuschließen, eine Aufgabe, die sie jeden Tag übernahm. Ihre Arbeitskollegin, eine meist wild gestikulierende, schlanke Wasserstoffblondine, kam nie vor neun Uhr. Ben sah, was er an jedem Morgen der vergangenen Tage schon gesehen hatte. Sarah hing das Geöffnet-Schild an die Tür, machte alle Lichter an und fuhr den Computer hoch. Sie machte sich eine Tasse Kaffee, um ihn mit geschlossenen Augen zu genießen, ehe sie sich an die eigentliche Arbeit begab. Diesen Anblick mochte er besonders, auch wenn er es nicht sollte.
    Ben musste unwillkürlich lächeln. Bereits nach fünf Arbeitstagen war ihm dieses Morgenritual lieb geworden. Sarah wirkte entspannt, wie er bereits wusste, zum ersten und letzten Mal an jedem Tag. Sobald ihre Kollegin eintraf und damit auch die Kunden, war Sarah nicht mehr dieselbe. Sie wirkte angespannt, auch wenn sie die Anspannung gegenüber der Kundschaft immer mit einem umwerfend freundlichen Lächeln zu verbergen versuchte. Ben hatte dafür keine Erklärung. Er hatte diese Entdeckung auch nicht in seine Notizen aufgenommen, weil er befürchtete, seine Beobachtungen könnten missverstanden werden. Dabei schien es keinen Sinn zu ergeben, vor allem, weil Sarah die Arbeit mit den Büchern zu lieben schien. Immer wieder beobachtete er, wie sie zärtlich über den Rücken oder Deckel eines Buches strich, die Augen geschlossen, als würde sie sich an etwas Schönes oder Interessantes erinnern. Selbst die Aufmachung des Ladens war ihr immens wichtig. Allzu oft drapierte sie die Tischarrangements um, entfernte Bilder, um sie gegen neue zu ersetzen, die sie mehrmals betrachtete, bevor sie diese tatsächlich hängen ließ. Das war der Grund, weshalb der Laden wie ein ganz besonderer Ort wirkte, der sich von den vielen Ladenketten und unpersönlich eingerichteten Geschäften der Gegend abhob. Schon der Name war eigentümlich: »Lies mich !«
    Wieso wirkte sie stets angestrengt, obwohl sie ihren Job so sehr liebte? Ben fand keine Erklärung und das nagte an ihm. Schon deshalb, weil Sarah anfing, immer größere Bereiche seiner Gedanken einzunehmen, auch wenn das ganz und gar nicht gut war. Schlimmer noch. Immer öfter stellte er fest, dass er Dinge über Sarah nicht für sie wissen wollte, sondern nur für sich.
    Am liebsten würde er
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