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Kuess mich toedlich

Kuess mich toedlich

Titel: Kuess mich toedlich
Autoren: Ruth Adelmann
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Sie wirkte so unschuldig. Aber Schönheit und Unschuld waren nicht gerade Tugenden, mit denen man in den Fokus seiner Auftraggeber geriet.
    Ben hockte auf dem Stuhl in einem kargen kleinen Apartment gegenüber dem Altbaukomplex und verfolgte gebannt jeden Schritt und jede ihrer Bewegungen. Die Frau war das Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Nichts entging ihm. Nicht die kleinste Bewegung, nicht die kleinste Regung in ihrem Gesicht.
    Das flüchtige Beinahelächeln , das sie sich im Spiegel zuwarf, dessen Grund er nicht kannte, zauberte unwillkürlich auch ihm ein Lächeln ins Gesicht.
    Als sie im Bad, und somit aus seinem Sichtfeld verschwand, nutzte er die Gelegenheit und griff nochmals nach der Akte, die man ihm übergeben hatte. Darin befanden sich die spärlichen Informationen über sein Zielobjekt.
    Der Name der Frau, die Ben eigentlich noch wie ein Mädchen vorkam, war Sarah Charlotte Winter. Sie war zwanzig Jahre alt – ihr einundzwanzigster Geburtstag war nicht allzu fern – und lebte erst seit ein paar Jahren in Wien. Für eine Frau war sie recht groß mit einem Meter dreiundsiebzig. Mit ihrem Vater, Friedrich Winter, hatte sie kaum Kontakt, ihre Mutter verließ Vater und Kind, als Sarah noch ein kleines Mädchen war. Auch ihren Namen enthielt das Dossier: Liselotte Isabel Winter. Derzeit arbeitete Sarah in einer Buchhandlung, unweit ihrer Wohngegend. Außerdem erfuhr Ben, dass sie ledig war und seine Auftraggeber keine Informationen über frühere Beziehungen in Erfahrung bringen konnten. Sarah musste sehr intelligent sein, worauf ihr guter Schulabschluss und die ausgezeichnete Lehrabschlussprüfung in einer Großbuchhandlung hinwiesen.
    Der vorletzte Vermerk in der Akte bereitete Ben allerdings kein gutes Gefühl: Zielobjekt ist zu verdächtigen. Obwohl bisher keine eindeutigen Indizien für eine Entartung vorliegen, ist eine weitere Beobachtung nötig. Daher ist S. C. Winter zur weiteren intensiven Beobachtung vorgesehen. Ein Assassin  – damit war Ben gemeint – für Beobachtung und Beweiserbringung wurde abkommandiert. Vorerst keine Kontaktaufnahme. Assassin ist berechtigt, dies zu ändern, wenn er es für nötig erachtet, und soll in laufenden Statusberichten Auskunft über seine Fortschritte geben. Gerade dies war Ben zuwider.
    Vor allem aber der letzte Teil fiel Ben ins Auge. Vorerst ist keine Entfernung von S. C. Winter vorgemerkt.
    Eine Entfernung würde stattfinden, wenn ein Beweis für die Schuld der Zielperson gefunden wurde. Über dem kurzen Deckblatt befand sich ein Foto von Sarah. Nur ein Passbild. Trotz ihres jugendlichen Aussehens wirkte sie darauf streng und verschlossen, was auch daran liegen konnte, dass sie nicht lächelte. Ben betrachtete das Foto immer wieder, seit man ihm die Akte übergeben hatte. Noch bevor er Sarah mit eigenen Augen gesehen hatte, hatte etwas in ihrem Gesicht ihn angesprochen. Er konnte nicht sagen, was es war. Jedem Mann, der nicht blind war, würde sofort auffallen, dass es sich bei Sarah um eine unglaublich hübsche Frau handelte. Ihre Haut war hell wie Alabaster. Ihr ovales Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den sinnlich vollen Lippen besaß etwas Verletzliches, Mädchenhaftes, das einen Mann dazu verleiten konnte, sie beschützen zu wollen.
    Die beinahe tulpenförmige Nase gefiel ihm ebenso gut wie ihr kupferrotes Haar, das ihr bis zu den zierlichen Schultern reichte, wie er auf dem Foto erkennen konnte. Seit er angefangen hatte, sie zu beobachten, trug sie es allerdings bisher immer zusammengebunden oder hochgesteckt.
    Doch es war nicht nur ihre weibliche Schönheit, die Ben immer wieder das Foto ansehen ließ. In diesen dunkelbraunen Augen und dem zu ernsten Gesicht erkannte er eine tief verborgene Traurigkeit, die etwas in ihm berührte, etwas, das er nicht benennen konnte.
    Aus den Augenwinkeln erregte etwas seine Aufmerksamkeit. Ben schloss die Akte und warf sie neben sich auf den Boden. Sarah kehrte zurück in den Flur. Sie schnappte sich ihre Tasche und verließ die Wohnung.
    Den Weg durch das Treppenhaus hasste er, denn so lange Sarah sich darin befand, konnte er sie nicht sehen. Er musste warten, bis sie unten angekommen war und auf die Straße trat. Er biss sich erneut auf die Lippen. Die Erleichterung, die er empfand, sie einfach nur wieder im Blickfeld zu haben, war ihm unangenehm. Ben hatte nicht mehr als ein oder zwei Minuten, ehe sie um die nächste Hausecke verschwand, also musste er sich beeilen.
    Er nahm seine Unterlagen an sich
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