Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)

Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)

Titel: Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)
Autoren: India Grey
Vom Netzwerk:
Eindruck zu machen“, las sie. „Der Vollmond am Zwanzigsten ist eine perfekte Gelegenheit, anderen zu zeigen, wer Sie wirklich sind.“
    Verdammt. Heute war der Zwanzigste. Und obwohl sie bereit war, eine oscarreife Leistung abzuliefern, um Jaspers Familie zu beeindrucken, war das Letzte, was sie wollte, ihnen zu zeigen, wer sie wirklich war.
    Edith Piaf meldete sich abermals. Sophie stöhnte auf. Konnte Jean-Claude einen Wink mit dem Zaunpfahl nicht einfach verstehen? Hastig griff sie nach ihrem Handy, um Edith zum Schweigen zu bringen, doch ausgerechnet in diesem Moment schwankte der Zug wieder, und ihr Finger landete auf dem falschen Knopf. Einen Augenblick später ertönte Jean-Claudes merlotselige Stimme laut aus dem kleinen Gerät – klar verständlich für sie und die fünfzehn Geschäftsleute im Waggon.
    „Sophie? Sophie, wo bist du …?“
    Rasch traf sie eine Entscheidung und fiel ihm ins Wort, bevor er noch weiteren Schaden anrichten konnte. „’ Allô . Sie haben erreicht die Mailbox von Madame Sofia, Astrologin und Leserin der Karten“, schnurrte sie, warf den Kopf in den Nacken und musterte ihr Spiegelbild in der dunklen Glasscheibe. „Wenn Sie ’interlassen eine Nummer, Name und Sternzeichen, melde ich mich mit wichtigen Informationen über Ihr Schicksal …“
    Wie von einem elektrischen Schlag getroffen hielt sie unvermittelt inne, als ihr bewusst wurde, dass sie in der spiegelnden Scheibe direkt in die Augen des Fremden hinter der Zeitung blickte.
    Oder besser gesagt, er starrte sie an. Und mit seinen dunklen Augen schien er direkt in ihre Seele zu schauen.
    Einen Moment fühlte sie sich so hilflos, dass sie nichts anderes tun konnte, als den Blick zu erwidern. Seine sonnengebräunte Haut hob sich deutlich von dem schneeweißen Hemd ab, was irgendwie nicht recht zu der strengen nüchternen Miene passen wollte. Sein Gesicht war das eines Ritters auf einem mittelalterlichen Gemälde – wunderschön, hart, unnahbar.
    In anderen Worten: absolut nicht ihr Typ.
    „Sophie? Bist du das? Ich kann dich kaum verstehen? Bist du im Eurostar? Sag mir, wann du ankommst, ich hole dich am Gare du Nord ab.“
    Verflixt, Jean-Claude hatte sie ganz vergessen. Mit aller Kraft riss sie ihre Aufmerksamkeit von dem Bild in der Scheibe los. Besser, sie schenkte ihm reinen Wein ein, sonst würde er sie das gesamte Wochenende über anrufen und ihr Image als Jaspers süße und liebenswerte Freundin ruinieren.
    „Ich bin nicht im Eurostar“, sagte sie vorsichtig. „Ich komme heute nicht zurück.“
    „ Alors , wann?“, forderte er. „Das Gemälde … ich brauche dich hier. Ich muss deine Haut sehen, muss sie fühlen, um den Kontrast zu den Lilienblättern einzufangen.“
    ‚Nackte mit Lilien‘ hieß die Vision, von der Jean-Claude behauptete, sie haben ihn bei ihrem ersten Anblick in der Bar in Marais überkommen. Jasper hatte sie an jenem Wochenende besucht und sich köstlich amüsiert. Sophie hingegen hatte sich von Jean-Claudes extravaganten Komplimenten wie ‚eine Haut wie die Blütenblätter der Lilie‘ und ‚Haare wie Feuer‘ extrem geschmeichelt gefühlt und die Vorstellung, ihm Modell zu stehen für eine sehr erotische Erfahrung gehalten.
    In Wirklichkeit hatte es sich als sehr kalte und unglaublich langweilige Angelegenheit herausgestellt. Wenn jedoch Jean-Claudes Blick eine ähnliche Reaktion heraufbeschworen hätte, wie der Blick des Fremden im Fenster, wäre die Sache wohl anders verlaufen.
    „Kannst du nicht einfach ein paar mehr Blüten malen?“ Sie unterdrückte ein Kichern. „Schau, ich weiß nicht, wann ich zurückkomme, aber was wir hatten, war ohnehin nicht für die Ewigkeit bestimmt. Es war bloß Sex …“
    Wie abgesprochen fuhr der Zug in diesem Moment in einen Tunnel ein, und die Leitung brach zusammen. In der dunklen Scheibe erhaschte Sophie kurz den Blick des Mannes. Unmittelbar darauf hob er die Zeitung, sodass ihr keine Zeit blieb, seine Miene zu studieren, doch sie war sich sicher, einen missbilligenden Ausdruck erkannt zu haben.
    In dieser Sekunde war sie wieder acht Jahre alt, hielt die Hand ihrer Mutter umklammert und spürte, wie andere Menschen sie anstarrten und beurteilten. Das alte Gefühl der Demütigung flammte in ihr auf, als sie die Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf hörte: Ignorier sie einfach, Summer. Wir haben dasselbe Recht hier zu sein, wie alle anderen auch …
    „Sophie?“
    „Ja“, erwiderte sie, ihre Stimme klang plötzlich ganz dünn. „Es tut
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher