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Küss den Wolf

Küss den Wolf

Titel: Küss den Wolf
Autoren: Gabriella Engelmann
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grinsend. Lula war zuckersüß und äußerst mitteilungsbedürftig. Es gab kaum jemanden, dessen Beziehungsstatus sich so häufig änderte wie ihrer, und das stets unter Beobachtung der klatschsüchtigen Netz-Community. »Ich hab ihn ja erst vor zwei Tagen kennengelernt und will es diesmal langsam angehen lassen«, erklärte Lula und dehnte das Wort langsam wie eine dieser Fruchtgummischlangen aus dem Süßwarenregal. Ich antwortete genauso gedehnt »okaaaayyyyy«, ein Ausspruch, für den ich bekannt war. Dieses »Okay« konnte alles und nichts heißen und verschaffte einem genug Luft, um in Ruhe darüber nachzudenken, was man eigentlich sagen wollte. Sehr praktisch! »Pippa, nun guck nicht so skeptisch«, zschilpte Lula in diesem Klein-Mädchen-Ton, der mich manchmal echt auf die Palme brachte. Dabei riss sie ihre hellgrauen Augen auf. »Diesmal ist es anders, ich schwör’s!« Gut, dass Takumi genau in diesem Augenblick den Tee brachte und wir uns statt einer Antwort zuprosten konnten. »Auf die Maki-Girls, die wie immer voll von der Rolle sind«, sagte Tinka in feierlichem Ton und wir wiederholten ebenso feierlich: »Auf die Maki-Girls!« Danach tranken wir wie immer die erste Tasse auf »ex«, weiterhin begleitet von neugierigen Blicken vom Nachbartisch. »So, und was gibt es nun Neues bei dir?«, wollte ich wissen und schaute meine beste Freundin an. »Alles gut bei dir und Max?« Tinka grinste von einem Ohr zum anderen. »Wir sind verliebt wie am ersten Tag und ertragen es kaum, ein paar Stunden voneinander getrennt zu sein. Nachts schläft Max eng an mich gekuschelt, sodass ich kaum noch Platz im Bett habe, also ist eigentlich alles super. Außer…« Gespannt wartete ich darauf, dass Tinka den Satz vollenden würde. Auch das Pärchen neben uns hielt scheinbar die Luft an. ». . . dass er entsetzlich schnarcht und für meinen Geschmack viel zu früh aufwacht. Ich meine – wer steigt schon freiwillig um sechs Uhr morgens aus den Federn, vor allem am Wochenende?«
    »Tja, so ist das mit der Liebe, man muss auch Opfer bringen«, kommentierte Lula seufzend. Dabei strich sie sich eine ihrer blonden, seidigen Korkenzieherlocken hinters Ohr. »Ist er denn mittlerweile wenigstens stubenrein?« Ich prustete lachend den Tee über den Tisch, weil unseren Nachbarn mittlerweile beinahe die Kinnlade herunterfiel. Dass es sich bei Max um einen griechischen Straßenkötermischling handelte, konnten sie ja schließlich nicht wissen.
    »Aber was ist mit dir, Pippa? Wie war’s bei deinem Vater?«, fragte Jenny, während das Paar hektisch die Rechnung forderte. Ich erzählte ihnen, dass Papa einen Rotwein nach mir benennen wollte und dass ich wieder eine traumhaft schöne Zeit gehabt hatte. »Ihr müsst das nächste Mal unbedingt mitkommen«, sagte ich und stellte es mir absolut himmlisch vor, mit den Girls unter südfranzösischem Himmel zu sitzen, Kirschen von den Bäumen zu pflücken, in malerischen Dörfern auf Trödelmärkten herumzustöbern oder im Herbst bei der Weinlese zu helfen. »Da das ja aber momentan nicht möglich ist, mache ich euch einen anderen Vorschlag: Habt ihr Lust, bei meiner Oma im Wald zu zelten, sobald es warm genug ist?«
    Alle drei kreischten zur gleichen Zeit »Super!«, was sofort Takumi und seine Frau Chikako auf den Plan rief. »Maki-Rolls kommt sofort!«, versicherte er mit einer für ihn bekannten Mischung aus Höflichkeit und leichter Belustigung. »Müssen Damen nicht ausflippen!« Doch die Damen waren kaum zu halten, so grandios fanden sie meine Idee, nur Tinka wirkte ein wenig abwesend. »Überlegst du, was du mit Max machst? Keine Frage, du bringst ihn mit. Wir brauchen schließlich einen Wachhund, oder etwa nicht?«
    »Nein, darum geht es nicht. Ich habe gerade eine ganz andere Idee… bevor ich euch aber sage, was ich als Party-Highlight beisteuern will, muss ich erst einmal mit Johnny D. sprechen.«
    Johnny D?
    Ich runzelte die Stirn.
    Wenn Tinka etwas mit dem Freund und WG-Kumpel ihres Cousins Guido zu besprechen hatte, konnte das nur mit zwei Dingen zu tun haben: mit Musik – oder Drogen…

2.
    Samstag, 18. März
    OMG - was für eine Kurverei!
    Nicht zum ersten Mal verfluchte ich die stundenlange Odyssee bis zu dem idyllischen Walddorf Ohlstedt am Rande Hamburgs, wo Theodora wohnte.
    »Ist das gut?«, fragte der Typ, der drei Stationen zuvor in die S-Bahn gestiegen war und ziemlich smart aussah. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass er mit mir sprach und nicht mit dem
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