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Küss den Wolf

Küss den Wolf

Titel: Küss den Wolf
Autoren: Gabriella Engelmann
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besonderer Jahrgang mit Russel Crowe und der wunderschönen Marion Cotillard bestimmt schon zwanzigmal gesehen. Jenny behauptete immer, dass ich mich deshalb nicht für die Jungs in meiner Umgebung interessierte, weil ich im Grunde davon träumte, eines Tages mit einem Mann wie Russel Crowe in Südfrankreich zu leben.
    Dabei konnte ich mich kaum entscheiden, wer mir besser gefiel: Russel oder Kevin Kline in French Kiss.
    Aber egal – ich würde vermutlich keinen von ihnen jemals treffen und wenn doch, dann wären sie wohl einen Tick zu alt für mich.
    »Ich hab dich was gefragt, Pippa! Strickt Theodora eigentlich immer noch rote Mützen für dich?«, wollte Marlène mit einem Augenzwinkern wissen, während sie mir eine zweite Kelle Eintopf in den tiefen Porzellanteller füllte.
    Ich musste grinsen, als ich an die Zeit zurückdachte, als Theodora dermaßen handarbeitswütig gewesen war, dass ich schon überlegt hatte, mit all den Hüten, Kappen und Mützen einen Laden aufzumachen. »Nein, tut sie nicht. Spätestens nach ihrer Filz-Phase habe ich mir nämlich ein Herz gefasst und gesagt, dass es mir vollkommen reicht, eine rote Haarkappe auf dem Kopf zu haben. Das ist schließlich auch kein ganz einfaches Los.«
    Marlène lachte herzlich und sagte: »Sehr gut! Mit fast siebzehn ist man schließlich kein Kind mehr. Du machst das schon ganz richtig! Geh deinen Weg genau so, wie du ihn gehen willst!«
    »Und wenn du mal davon abkommst, ist das auch kein Drama«, grinste mein Vater.
    »Es sei denn, du triffst dabei den großen bösen Wolf«, schloss Jean und wir brachen alle in lautes Gelächter aus.

1.
    Donnerstag, 16. März
    Das Flugzeug senkte sich im Landeanflug und überflog die Randbezirke der Stadt. Häuser, Straßen und sogar die Elbe sahen von hier oben aus wie eine Spielzeugwelt. Ich schloss für einen Moment die Augen und versuchte, das Ziehen im Magen zu ignorieren, während sich meine Hände in die Armlehnen krallten.
    Doch auch diesmal ging zum Glück alles gut und ich war heilfroh, kurze Zeit später wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Am Ausgang wartete bereits Verena auf mich. Nach den zwei Wochen, die wir uns nicht gesehen hatten, war ich mal wieder verblüfft, wie ähnlich wir uns sahen. Der einzige Unterschied war, dass sie rotbraune Haare hatte und ein Stückchen größer war.
    »Hallo, meine Kleine«, sagte sie, nachdem sie mich nach einer festen Schön-dass-du-wieder-da-bist -Umarmung losgelassen und eine Weile prüfend angeschaut hatte. »Irgendwie habe ich den Eindruck, dass du nach jeder Ferienwoche dort unten ein bisschen älter und erwachsener zurückkommst«, fügte sie lachend hinzu, hakte mich unter und zog meinen Rollkoffer Richtung Ausgang. Dort nahmen wir ein Taxi, das Richtung Uni-Viertel fuhr, wo wir wohnten.
    Feiner Nieselregen perlte an den Fensterscheiben hinab und ließ das Bild der Stadt zu einem grauen Einerlei verschwimmen.
    Aus dem Radio dudelte undefinierbare Musik (die Maki-Girls würden sie gemafrei nennen, was für uns der Inbegriff von schlechtem Sound war), während wir eine ganze Zeit lang im Stau standen.
    »Geht das die ganze Zeit schon so?«, fragte ich seufzend und versuchte, am Himmel vergeblich einen Hauch von Sonnenschein oder zumindest eine winzige Lücke in der Wolkendecke zu entdecken. »Ich glaube ja«, antwortete meine Mutter und wischte mit einem Tempotaschentuch einen Teil der Scheibe frei, die durch die Heizungsluft beschlagen war. Als ich noch klein war, hatte sie bei solchen Gelegenheiten immer mit den Fingern Tiere oder Blumen gemalt oder irgendwelche Fantasiebilder, deren Bedeutung Jacques und ich erraten sollten. Jetzt galt ihre Handbewegung nur noch einem einzigen Zweck: Sie wollte eine möglichst klare Sicht auf die Dinge.
    In der Rappstraße angekommen schaute ich zu unserem Balkon im ersten Stock, bevor ich aus dem Taxi stieg.
    Verena bezahlte währenddessen. Betrübt stellte ich fest, dass die Blumen in den Kästen traurig ihre Köpfe hängen ließen, anstatt ihre zarten Blütenkelche fröhlich dem Himmel entgegenzurecken. Wie wohl Theodoras Garten aussah?
    Ob die Frösche im Teich es mittlerweile satthatten, andauernd dicke Regentropfen auf den Kopf zu bekommen oder sich zum Schutz unter die graugrünen Blätter der Seerosen flüchten zu müssen? »Wie geht es eigentlich Oma?«, fragte ich, nachdem ich unsere Katze Martini begrüßt hatte, die wohlig schnurrend um meine Waden strich. »Ganz gut, denke ich«, antwortete Verena und
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