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Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Titel: Künstlerpech: Palzkis achter Fall
Autoren: Harald Schneider
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eine Weile, und ich fragte ihn, was in dem Kessel passierte, neben dem wir die ganze Zeit standen. Er hob einen Deckel ab, der einen Durchmesser von bestimmt einem Meter hatte, und ließ mich hineinschauen. Der Kessel war fast leer, nur am Boden wurde eine trübe, dickflüssige Brühe mit einem schnell drehenden Gerät gerührt.
    »Das ist der Läuterbottich«, klärte mich Braumeister Port auf. »Hier werden die Feststoffe aus dem Sud gefiltert. Damit die Würze ablaufen kann, muss das Hackwerk ständig den Treber umwälzen. Wenn Sie da reinfallen, kommt jede Hilfe zu spät. Außerdem erhält dann das Bier einen unerwünschten Beigeschmack.« Er lachte, und dabei rutschte sein offener Kittel etwas nach hinten.
    Und genau in diesem Moment konnte ich es sehen: In seiner Brusttasche steckte ein Kugelschreiber. Einer, den ich kannte. Ihn gab es auf der ganzen Welt nur ein einziges Mal. Jacques’ Erfindung war ein Meisterwerk. Er hatte mir vor langer Zeit einmal erklärt, welche Geheimnisse der Stift barg. Ich war von der Menge der Funktionen dermaßen erschlagen, dass ich mir nur die wenigsten davon merken konnte. Neben einem GPS-Empfänger und einem hochwirksamen Metalldetektor war ein Starkstromakku eingebaut, mit dem der Stift zu einem Elektromagneten umfunktioniert werden konnte. Für einen Außenstehenden wirkte bereits das Farbenspiel des Kugelschreibers, als ob es nicht von dieser Welt wäre. Der Stift schimmerte in Regenbogenfarben, die sich ständig neu vermischten und die Augen der Betrachter magisch anzogen. Ich vermutete, dass Port den Kugelschreiber allein aufgrund der wechselnden Kolorierungen eingesteckt hatte, ohne die eigentlichen Funktionen des Gerätes zu kennen.
    Jetzt wusste ich, dass mein Freund hier war. Was mir fehlte, war ein Plan.
    Herr Herr ließ mir zunächst keine Zeit, darüber nachzudenken. »Kommen Sie, gehen wir rüber in die Abfüllung und ins Lager.«
    Der Lärmpegel in der vollautomatischen Abfüllung war immens. Auf langen Laufbändern wurden die Flaschen gesäubert, befüllt und in den Kästen verstaut.
    »Wenn Sie ein Argument für die Brauereiführung brauchen, empfehle ich Ihnen, über Wasser zu sprechen.«
    »Wasser?« Ich starrte meinen Brauereiführer ungläubig an.
    »Ja genau«, antwortete er und lächelte schelmisch. »Wasser ist die Hauptzutat bei Bier und Wein. Das Wasser für unser Bier wird aus Tiefbrunnen gefördert. Es ist mehrere 1000 Jahre alt und absolut sauber. Es hat Trinkwasserqualität.«
    »Und wie ist das beim Wein?«, fragte ich neugierig.
    »Na, Herr Palzki, das sollte Ihnen auch von allein klar sein. Beim Wein stammt das Wasser aus den Trauben. Und das wiederum kommt vom Regenwasser. Wenn Sie Ihrem Chef diesen Aha-Effekt entlockt haben, brauchen Sie nur noch Schlagworte wie saurer Regen und so weiter einfließen zu lassen, dann haben Sie so gut wie gewonnen. Mit diesen Argumenten wurde bisher jeder Weintrinker zum Biergenießer.«
    Wo er recht hat, hat er recht, dachte ich mir, und auf Anhieb fiel mir nichts ein, was seiner Theorie entgegensprechen könnte.
    »Jetzt weiß ich auch, warum ich nach dem Genuss von Wein immer Sodbrennen bekomme«, antwortete ich. »Das liegt am sauren Regen.«
    Herr nickte. »Wissenschaftlich ist das vielleicht schwer zu belegen, aber das könnte durchaus sein. Wo wir gerade beim Thema Wasser sind, kann ich Sie einen Moment allein lassen? Ich muss auf die Toilette.«
    So kam es, dass ich Sekunden später ohne Begleitung im Getränkelager stand. In jeder anderen Situation würde ich zu einer gediegenen Bierprobe übergehen, doch ich hatte einen Auftrag. Ich lief aus der Halle und in Richtung Sudhaus. Mir war aufgefallen, dass hinter einem der Kessel eine Treppe ins Untergeschoss führte. Da ich als Kind regelmäßig die Fünf Freunde von Enid Blyton gelesen hatte, wusste ich, dass es ›unten‹ immer irgendwelche Geheimnisse gab. Ich wartete, bis der Braumeister gelangweilt auf seine Schalttafel blickte, und schlich sodann die Treppe nach unten. Hier konnte man die unteren Teile der Kessel sehen. Am Rand des Kellers befanden sich mehrere Türen. Die erste stand offen, und ich konnte in einen Aufenthaltsraum blicken. Die dritte Tür erregte meine Aufmerksamkeit. Sie war abgeschlossen, und der Schlüssel steckte. Ich schloss auf, zog den Schlüssel ab und schob ihn in meine Hosentasche. Sekunden später stand ich in einem provisorisch wirkenden Labor Jacques gegenüber, der sich mir sofort an den Hals warf.
    »Gott sei Dank,
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