Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Künstlerpech: Palzkis achter Fall

Titel: Künstlerpech: Palzkis achter Fall
Autoren: Harald Schneider
Vom Netzwerk:
Jacques. Wenn ich nicht alle 24 Stunden einen Knopf neben meinem Telefon drücke, wirst du angerufen. Reiner, bitte gehe zu mir nach Hause. Du weißt, wo du suchen musst. Bitte beeile dich, mir muss etwas passiert sein.«
    Geschockt hielt ich zu dieser frühen Morgenstunde den Hörer in der Hand. Es war noch nicht lang her, da hatte sich mein Freund, der Erfinder, mit dem saudiarabischen Geheimdienst angelegt. Nur mit viel Glück war es ihm gelungen, dieses Abenteuer unbeschadet zu überstehen. Ich mochte mir nicht ausdenken, was Jacques dieses Mal ausgeheckt hatte. War die Angelegenheit mit dem Geheimdienst doch noch nicht ausgestanden? Ich sprang in meine Schuhe, schnappte mir meinen Einsatzkoffer und verließ das Haus. Normalerweise wäre ich in ein paar Minuten zum Dienstbeginn in die Kriminalinspektion Schifferstadt gefahren.
    Stattdessen war nun der Kestenbergerweg mein Ziel, wo Jacques seit vielen Jahren wohnte. Unterwegs rief ich verbotenerweise mit meinem Handy auf der Dienststelle an und meldete, dass ich mich ein wenig verspäten würde. Jacques war einer der letzten Universalgelehrten dieser Welt. Bereits als Kind hatte ich in seinem Labor Verstecken gespielt. Und in meiner Schulzeit war er mir stets ein guter Berater gewesen. Wenn während der Mathearbeit auf dem Parkplatz sämtliche Lehrerautos gleichzeitig zu hupen begannen, oder die Uhr, die die Pausenglocke steuerte, auf einmal den Turbogang einlegte, um uns zu verkürzten Schulstunden zu verhelfen, dann war allen klar, dass ich dahintersteckte. Jacques hatte immer ein paar Tricks auf Lager, die er mir bereitwillig verriet. Aber so gut wie nie erfand er Dinge, um sie wirtschaftlich zu vermarkten. Er erfand sie nur, um sich selbst zu beweisen, dass seine Ideen realisierbar waren. Viele Sachen werden wohl erst in ein paar Jahren von jemand anderem zufällig wiedererfunden werden.
    Zu Jacques’ altem Siedlungshäuschen hatte ich zwar keinen Schlüssel, aber als Kriminalhauptkommissar und stellvertretender Dienststellenleiter gab es für mich Möglichkeiten des Zugangs, die die Bevölkerung besser nie erfahren sollte. Jede größere Dienststelle besaß das Zweitschlüsselsystem Open-all, mit dem sich 99 Prozent aller Türen öffnen ließ. Meist lag das Open-all in meinem Einsatzkoffer.
    Die Wohnung des Erfinders war extrem widersprüchlich eingerichtet. Tapeten mit großen Blumenmustern, wuchtige Eichenfurnierschränke und ein Telefon mit Wählscheibe zeugten von längst vergangenen Jahrzehnten, als Jacques’ Frau noch lebte. Zwischen diesen Museumsstücken standen und lagen seine hochmodernen Versuchsaufbauten herum. Er schien zurzeit mit chemischen Stoffen zu experimentieren. Reagenzgläser, Glaskolben und anderes Zeug waren mit Kunststoffschläuchen verbunden, durch die seltsame Flüssigkeiten tropften. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, um was es sich im Einzelnen handelte. Neben dem Wählscheibentelefon befand sich ein chromglänzender Kasten, der mit dem Hörer verdrahtet war. Typisch Jacques, dachte ich. Ich durchsuchte zunächst sämtliche Räume, um sicherzustellen, dass mein Freund nicht im Haus war. Vielleicht hatte er ja einen Schlaganfall erlitten? Zum Glück bewahrheitete sich dieser Verdacht nicht.
    Anschließend ging ich zum Telefonschränkchen und holte aus der obersten Schublade ein Adressregister heraus. Und tatsächlich, unter meinem Namen – Reiner Palzki – lag ein kleiner zusammengefalteter Zettel. Spannender hätte er es nicht machen können.
    ›Lieber Reiner, entschuldige bitte die Art und Weise meiner Kontaktaufnahme. Dieses Mal brauche ich dich wirklich! Ich bin einer sagenhaften Erfindung auf der Spur, die die Welt verändern wird. Was heißt die Welt, es wird die Menschen verändern! Dummerweise hat das jemand von der Brauerei Globa mitbekommen. Meine Erfindung darf nicht boykottiert werden, sie ist ein Segen für die Menschheit. Dein Jacques.‹
    Nachdenklich las ich den Brief ein zweites Mal. Warum hatte mein Freund nicht Klartext geschrieben? Diese kryptischen Andeutungen halfen mir im Moment nicht weiter. Was sollte eine Brauerei mit seiner angeblich sagenhaften Erfindung zu tun haben? Um was für eine weltbewegende Neuschöpfung handelte es sich überhaupt?
    Die Brauerei Globa war mir bekannt. Sie war erst vor wenigen Jahren gegründet worden und hatte sich seitdem zum Platzhirsch in der Vorderpfalz entwickelt. Das Unternehmen war auf der grünen Wiese aus dem Boden gestampft und mit einem gewaltigen Werbeetat
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher