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Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten

Titel: Kühlfach zu vermieten - Profijt, J: Kühlfach zu vermieten
Autoren: Jutta Profijt
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verschwinden.
    Ich musste Irina finden. Das war nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, es war für mich eine Frage der Ehre.
    Ich hatte auch schon eine Idee, wo ich mit der Suche beginnen würde.
     
    Meine Erinnerung mochte in den wichtigen Dingen des Lebens lückenhaft sein, aber wenn es um Autos geht, funktioniert sie wie
     ein gut geölter Zwölfzylinder. Als Viktor und Irina sich das letzte Mal lebend sahen, saß Viktor am Küchentisch, während Irina
     ihm erklärte, dass sie noch einmal wegmüsse. Dann ging sie zur Bushaltestelle, ich schaute noch mal schnell nach Viktor, und
     als ich wieder zur Haltestelle kam, war Irina weg. Allerdings hatte ich gerade noch einen Hummer wegfahren sehen. Eine Karre,
     die perfekt zur Russenmafia passen würde. Riesige Karosserie, hoch aufgebaut, massives Gewicht, starke Maschine. Potenzprotz
     in Metall und Motoröl. Mit dem Blick des Fachmanns hatte ich mir zum Glück die Details gemerkt: Das nichtserienmäßige Auspuffrohr,
     die Knubbelantenne auf dem Dach und die Chromfelgen Signature 3, von denen jede einzelne anderthalb Riesen kostet. Das war
     meine Spur.
    Ich düste fast eine Stunde lang durch die Stadt, bis ich endlich gefunden hatte, was ich brauchte. Einen Typ mit dem richtigen
     Handy und einem kabellosen Headset, das er wichtigtuerisch am linken Ohr befestigt hatte. Der Typ saß in einem Straßencafé,
     lässig zurückgelehnt, die Augen hinter einer lächerlich großen Sonnenbrille verborgen. Er hatte ein leeres Tässchen vor sich
     stehen, das im letzten Jahrhundert sicher noch als Fingerhut gedient hatte. Neben dem Tässchen lag das Handy, der Autoschlüssel
     (BMW – die Wette hätte ich gewonnen!) und ein ausgebeultes Portemonnaie. Zwanzig Minuten musste ich warten, bis endlich jemand
     den Gelkopf sprechen wollte.
    Ich verlor keine Zeit, sondern griff direkt nach seinem betont lässigen »Hallo« ins Geschehen ein: »Kripo Köln, bitte beenden
     Sie dieses Gespräch, aber überlassen Sie uns Ihr Mobilfunkgerät für eine wichtige Mitteilung.« Da war sie wieder, meine Stimme;
     etwas eingerostet, aber klar und direkt wie eh und je.
    Dem Typ fiel die Kinnlade runter.
    »Bertold-Bärchen?«, rief eine nicht mehr ganz frische Frauenstimme aus dem Headset. »Hörst du das auch?«
    »Ja, Mama«, knurrte Bertold. Er blickte sich misstrauisch um, vermutlich nach den feixenden Kumpels oder dem Team mit der
     Kamera.
    »Bitte beenden Sie das Gespräch, aber schalten Sie das Mobiltelefon nicht aus. Dies ist ein verdeckter Einsatz.«
    »Bertold!«, schrie die Mutter. »Hast du was angestellt?«
    »Mama, bitte leg auf. Du hast es doch gehört. Die Kripo braucht mich jetzt.«
    »Aber   …«
    »JETZT, Mama. Ich rufe gleich zurück.«
    Mama legte auf.
    Jetzt ging es um alles oder nichts. »Wählen Sie die Nummer   …« Ich ratterte die Nummer herunter, die ich auch in zehntausend Jahren noch auswendig kennen würde. Der zweitwichtigste Autoschieber
     in Köln. Mein Kontaktmann, für den ich reihenweise dicke Karren geklaut hatte.
    Bertold wählte.
    »Ja?«
    Er war es. Tatsächlich, die Nummer stimmte und das war eindeutig die Stimme von Felge.
    »Hör zu, du musst einen Hummer für mich auftreiben.« Ich gab ihm alle Details.
    »Wer bist du?«, fragte Felge nach einer fast dreißigsekündigen Pause. »Du klingst wie   …«
    »Pascha?«
    »Ja, Mann. Aber der ist tot.«
    »Sicher?«, fragte ich. »Hast du die Leiche gesehen?«
    Ich konnte Felge förmlich denken hören. Es knirschte ganz ordentlich, denn er mahlt immer mit den Zähnen, wenn er denkt.
    »Also, keine Zeit, Mann. Finde den Hummer und dann schickst du eine E-Mail an [email protected]
    »Hast du die Seiten gewechselt, Mann?«
    Er wusste gar nicht, wie recht er hatte! Aber das sagte ich ihm natürlich nicht. »Ich tue dir einen großen Gefallen, Alter.
     Der Kerl, der die Karre fährt, ist der, der dir das Geschäft vermiest.«
    Ich musste grinsen. Felge, der eigentlich Helge heißt, aber den ersten Buchstaben ausgetauscht hat, damit ihn nicht alle fragen,
     ob er heute schon sein Katzeklo sauber gemacht hat, ist ein ziemlich einfach gestrickter Autoschieber, der immer, wenn etwas
     schiefgeht, an die große Verschwörungstheorie glaubt. Er schluckte die Erklärung ohne weitere Fragen.
    »Geht klar, Mann. Sieht man sich mal wieder?«
    »Ich komme demnächst mal vorbei«, versprach ich – und das würde ich auch halten.
    »Danke Bertold«, sagte ich, als Felge aufgelegt hatte. »Ich wäre Ihnen
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