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Kuehles Grab

Titel: Kuehles Grab
Autoren: Lisa Gardner
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sowieso nicht weiterhelfen.«
    »Wer leitet die Ermittlungen?«
    Sie reckte das Kinn. »Ich bin die Glückliche.«
    »Tut mir leid, D. D.«
    Sie schnitt eine Grimasse. Jetzt, da sie allein waren, war ihre Miene finsterer geworden. »Ja, das ist wirklich kein Spaß.«
    Jemand räusperte sich hinter ihnen. »Sergeant?«
    Der Mann mit der Videokamera tauchte aus dem Zelt auf und wartete darauf, dass D. D. ihn zur Kenntnis nahm.
    »Wir werden in bestimmten Abständen weitere Aufnahmen machen«, erklärte ihm D. D. »Etwa jede Stunde, um die Dokumentation ständig auf den neuesten Stand zu bringen. Sie können sich einen Kaffee holen, im Van steht eine Thermoskanne. Aber bleiben Sie in der Nähe, Gino.«
    Der Officer nickte und ging zu dem Van mit dem Generator.
    »Gut, Bobby. Jetzt sind wir dran.«
    Sie marschierte los, ohne sich zu vergewissern, ob Bobby ihr folgte.
    Unter der blauen Plane befand sich ein Haufen mit gebrauchter Schutzkleidung, Schuhüberzügen und Haarnetzen, lagen unbenutzte Kittel. Bobby zog sich einen der papiernen Overalls über seine Kleidung, während D. D. ihre durchweichten Schuhüberzüge gegen frische austauschte. Gesichtsmasken befanden sich neben den Overalls. D. D. nahm sich keine, also verzichtete Bobby auch darauf.
    »Ich gehe voran«, bestimmte D. D. »Ich rufe dich, wenn ich unten bin, dann kommst du nach.«
    Sie deutete in die hintere Ecke des Zeltes, und Bobby sah den schwachen Lichtschein, der aus einer Öffnung im Boden drang. Das obere Ende einer Metalleiter ragte ein Stück heraus. Bobby hatte das eigenartige Gefühl eines Déjà-vu, als müsste er genau wissen, was ihn erwartete.
    Im nächsten Moment wurde ihm alles klar. Jetzt wusste er, warum D. D. ihn angerufen hatte. Und er wusste auch, was er in dem Erdloch sehen würde.
    D. D. strich ihm mit den Fingerspitzen über die Schulter. Die Berührung erschreckte ihn. Er zuckte zusammen, und sie zog augenblicklich die Hand zurück. Ihre blauen, ernsten Augen wirkten zu groß für ihr blasses Gesicht.
    »Bis gleich, Bobby«, sagte sie leise. Damit verschwand sie über die Leiter.
    Zwei Sekunden später hörte Bobby ihre Stimme wieder: »Alles klar!«
    Bobby stieg in den Abgrund.

3
    Es war nicht dunkel. Scheinwerfer waren in den Winkeln der Kammer aufgestellt, Lichtschläuche hingen von der Decke; die Leute von der Spurensicherung brauchten helles Licht für ihre mühsame Arbeit.
    Bobby richtete den Blick nach vorn und nahm seine Umgebung Stück für Stück in sich auf. Die Kammer war hoch – knappe zwei Meter, so dass er bequem aufrecht stehen konnte. Und sie war breit genug für drei Menschen, wenn sie Schulter an Schulter standen, aber ein gutes Stück länger. Dies ist kein natürliches Erdloch, dachte er sofort, sondern eine sorgfältig ausgehobene Höhle.
    Es war kühl hier unten, aber nicht kalt. Das alles erinnerte ihn an die Höhlen, die er in Virginia gesehen hatte; die Lufttemperatur betrug dort konstant zehn Grad wie in einer Kühlkammer.
    Der Geruch war nicht so schlimm, wie er befürchtet hatte. Was immer hier vorgefallen sein mochte, es musste schon einige Zeit her sein, sonst hätte man die forensische Anthropologin nicht hinzugezogen.
    Er berührte die Erdwand. Sie fühlte sich hart und fest, nur leicht zerfurcht an. Jedenfalls war sie nicht so wellig oder kantig wie die Seiten eines mit einer Schaufel ausgegrabenen Erdlochs. Vermutlich war diese Höhle von einem Bagger ausgehoben worden. Möglicherweise ein Schacht, der eigentlich für andere Zwecke gedacht gewesen war.
    Bobby machte zwei Schritte und kam zu dem ersten Balken, einem alten Kantholz, das die Decke stützte. Im Abstand von einem Meter war die nächste Strebe.
    Bobby erkundete die Decke mit den Fingerspitzen. Keine Erde – Sperrholz.
    D. D. bemerkte die Handbewegung. »Die gesamte Decke besteht aus Holz«, erklärte sie. »Obendrauf liegt Erde und Schutt; nur die Öffnung ist frei. Er hat ein Holzpaneel benutzt, um die Luke zu schließen. Als wir herkamen, sah das Ganze aus wie ein zufällig entstandener Schutthaufen inmitten der überwucherten Wiese. Man hätte niemals geahnt … nie vermutet …« Sie seufzte und schaute zu Boden.
    Bobby nickte. Die Kammer war einigermaßen sauber, spartanisch möbliert: Ein alter Zwanzig-Liter-Eimer aus Plastik stand neben der Leiter. Die Aufschrift war mit den Jahren so verblasst, dass die Buchstaben nur noch schemenhaft zu sehen waren. Ein Klappstuhl aus Metall mit rostigen Ecken lehnte an der linken Wand;
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