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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund
Autoren: Stephen Booth
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Mr. Dickinson?«
    »Natürlich«, sagte Harry.
    »Und warum sollte er das tun, Mr. Dickinson?«
    »Weil er das Mädchen getötet hat. Die Kleine aus der Villa. Es war die einzige Lösung. Er hätte es im Gefängnis nicht ausgehalten. In einer Zelle vor sich hin zu vegetieren und das Tageslicht nicht mehr zu sehen. Das hätte er nicht ertragen.«
    »Er hat Laura Vernon getötet. Und Sie, Mr. Dickinson, Sie haben ihm von Anfang an geholfen?«
    »Dafür war er schließlich mein Freund.«
    Cooper hockte sich auf die Kante eines Stuhls. Der Labrador hob den Kopf und beobachtete Fry, die unruhig im Zimmer auf und ab ging. Aus der Kehle des Hundes kam ein leises Knurren, das Harry mit einem kaum wahrnehmbaren Laut unterband.
    »Möchten Sie es uns erzählen?«, fragte Cooper.
    Harry blickte einen Augenblick lang schweigend von einem zum anderen. Er schien nicht so sehr zu überlegen, was er sagen sollte, als vielmehr abzuwägen, welche Wirkung es haben würde.
    »Ich habe Wilford an jenem Abend auf dem Baulk gesehen, an dem Samstag«, sagte er. »Er war völlig durcheinander, und er hat mir erzählt, was passiert war. Ich habe ihm natürlich versprochen, ihm zu helfen.«
    »Also haben Sie die Ermittlungen behindert.«
    »Aye, ich habe mir mit dem Auffinden der Leiche ein bisschen Zeit gelassen. Und ich habe den anderen Schuh versteckt.«
    Harry warf einen Blick auf das Mahagonischränkchen neben seinem Sessel. Schuhcreme, Putzlappen und Bürste, die davor auf dem Boden gelegen hatten, waren verschwunden. Cooper erinnerte sich daran, dass ihm die Sachen am Mittwoch aufgefallen waren, weil sie so gar nicht in das ordentliche Zimmer passten. Nun wurde ihm klar, dass sie nur deshalb herumgelegen hatten, weil sie nicht mehr in das Schränkchen gepasst hatten. Der Platz darin hatte nur für einen Reebok Größe 38 gereicht.
    »Ich habe ihn am Mittwochabend in den Garten der Villa geworfen. Ihr solltet denken, dass vielleicht Vernon selbst der Täter war.« Er seufzte. »Aber es läuft eben nicht immer so wie im Fernsehen. Es hat ewig gedauert, bis ihr ihn gefunden hattet. Und bis dahin hatte dann schon längst die andere Kleine dazwischengefunkt.« Er lachte böse. »Das war wirklich ein starkes Stück.«
    »Sie meinen Becky Kelk? Das Mädchen, das behauptet hat, Sie wären über sie hergefallen?«
    »Ein sauberes Früchtchen. Überhaupt keine Kinderstube, wenn Sie mich fragen. Trotzdem, ich müsste mich wohl fast geschmeichelt fühlen.«
    »Mr. Dickinson«, sagte Cooper. »Die Beamten, die Sie abgeholt haben, hatten den Eindruck, Sie hätten sie schon erwartet.«
    »Habe ich ja auch«, sagte Harry. »Aber doch nicht deswegen. Mir waren nämlich inzwischen die Fingerabdrücke eingefallen. Ich hatte den zweiten Turnschuh angefasst. Ich wusste, dass ihr wieder bei mir auf der Matte stehen würdet, sobald ihr ihn gefunden hattet. Aber auf diese andere Geschichte war ich überhaupt nicht gefasst. Ich dachte, ihr würdet mich bloß wegen dem Schuh verhören.«
    »Stattdessen hat Becky Kelk Sie fälschlich beschuldigt und Sie wurden wie ein potenzieller Vergewaltiger behandelt.«
    »Das war sehr lehrreich, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Und das haben Sie alles für Wilford Cutts auf sich genommen?«, fragte Fry. »Obwohl Sie wussten, dass er Laura Vernon getötet hatte?«
    Harry nickte. »Aye, weil er mein Freund war.« Er drehte den Kopf und sah Fry direkt an. »Außerdem war die Kleine ein Teufel.«
    Als der alte Mann Laura Vernon erwähnte, geriet seine Stimme vor Zorn ins Stocken. Für Cooper war so etwas nichts Neues. Es begegnete ihm bei jedem Fall, an dem er arbeitete. Jedes Mal, wenn sie das Leben eines Opfers durchleuchteten, schillerte der Mensch, der dabei zum Vorschein kam, in den Augen derer, die ihn gekannt hatten, in den unterschiedlichsten Facetten. Wo Charlotte Vernon zum Beispiel nur die glitzernde Oberfläche wahrnahm, kostbar und makellos, sah Harry Dickinson nichts als unedles Blei.
    Plötzlich erinnerte Cooper sich wieder an Gwen, die sich völlig im Hintergrund hielt, wie ein verblasster Schatten vor der dunklen Wand. Ihr Blick war starr und ausdruckslos, ihre Miene so streng, dass Cooper erschrak.
    »Wie ist es passiert?«, fragte er Harry.
    »Wilford hat früher bei den Vernons gearbeitet. Der Garten der Villa ist sein Werk. Er hatte ein Händchen dafür. Nicht wie der junge Lee Sherratt. Der ist kein Gärtner. Der kann vielleicht eine Schubkarre schieben, aber von der Gärtnerei hat er keine Ahnung. Dann
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