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Kuehler Grund

Titel: Kuehler Grund
Autoren: Stephen Booth
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sagen, jetzt ist nur noch die Hündin übrig.«
    »Also hat er seine ganze Familie mitgenommen. Aber was ich noch gern wüsste, Diane«, sagte Cooper. »Was hat dich auf die Idee gebracht, dass Wilford Cutts verheiratet ist?«
    »Ich weiß auch nicht.« Sie runzelte die Stirn. »War er es denn nicht?«
    »Seine Frau ist schon Vorjahren gestorben.«
    »Es ist bestimmt nicht wichtig. Er hat einmal von Connie gesprochen, als ich auf der Farm war, und ich weiß noch, dass ich mich gefragt habe, wie sie es bloß mit ihm und seinen Freunden aushält. Vielleicht hat er bloß vergessen, dass sie tot ist.«
    »Seine Frau hieß Doris«, sagte Cooper.
    Harry nickte. »Vielleicht haben Sie doch das Zeug zu einem Inspector Morse.«
    »Sie haben sich also nach Kräften angestrengt, den Verdacht auf Graham Vernon zu lenken. Haben Sie ihn an dem betreffenden Abend tatsächlich auf dem Baulk gesehen? Oder war das eine Lüge?«
    »Nein, mein Junge, das war nicht gelogen. Ich denke, er hat nach dem Mädchen gesucht. Er konnte sich wohl denken, was sie da draußen im Wald trieb. Die Mutter hatte natürlich keine Ahnung. Sie dachte immer, das Mädchen wäre der reinste Engel.«
    Der alte Mann kräuselte verächtlich die Lippen. »Aye, Vernon war tatsächlich auf dem Baulk. Und wenn ich ihn erwischt hätte, hätte ich gern ein Wörtchen mit ihm gewechselt. Wenn Helen es Ihnen erzählt hat, können Sie sich ja denken, worüber. Aber als er mich kommen sah, hat er sich schnell verdrückt. Mir war es nur Recht. So konnte er uns nicht in die Quere kommen. Und es hat auch nicht geschadet, dass ihr Bullen ihn ein bisschen ausgequetscht habt.«
    »Und dann haben Sie sogar versucht, sich selbst in Verdacht zu bringen.«
    Harry zuckte mit den Schultern. »Ihr solltet ruhig denken, dass ich das Mädchen umgebracht hatte. Das war egal.«
    »Egal?«
    »Na, ich war doch schließlich unschuldig. Ich wusste, dass Wilford mich früher oder später raushauen würde. Er hat das Richtige getan. So, wie er es von Anfang an gesagt hat.«
    »Aber was Sie durchmachen mussten«, sagte Cooper. »Es muss doch entsetzlich für Sie gewesen sein.«
    Harry zuckte mit den Schultern. »So gehört es sich eben für einen Freund.«
    Aber Fry war noch nicht zufrieden. Sie war immer noch wütend. Sie baute sich vor dem alten Mann auf, der sie aus seinem Sessel musterte. »Sie haben uns große Schwierigkeiten gemacht, Mr. Dickinson«, sagte sie. »Ist Ihnen klar, dass Sie soeben verschiedene Straftaten gestanden haben?«
    »Wenn Sie es sagen.«
    »Mr. Dickinson, Sie haben die Polizei absichtlich in die Irre geführt. Sie haben Beweismittel unterschlagen. Und das ist erst der Anfang. Es steht längst noch nicht fest, dass Wilford Cutts tatsächlich Selbstmord begangen hat. Nach den kriminaltechnischen Untersuchungen könnten noch schwer wiegende Anschuldigungen auf Sie zukommen.«
    »Sam hat den Abschiedsbrief«, sagte Harry. »Wenn Sie den brauchen. Wir haben alles so gemacht, wie es sich gehört.«
    »Ich verstehe.«
    Harry machte ein besorgtes Gesicht. »Es müsste jemand nach Sam sehen. Es geht ihm nicht gut.«
    »Detective Constable Cooper macht sich gleich auf den Weg zu ihm«, sagte Fry.
    Cooper sah sie an, und ihre Blicke trafen sich. Alles, was zwischen ihnen stand, kam in diesem langen Blick zum Ausdruck, die aufgestaute Abneigung und Eifersucht, die Ablehnung der Ansichten und Methoden, Lebensweise und Herkunft des jeweils anderen, die Erinnerungen an das, was zwischen ihnen vorgefallen war, der Schmerz von Intimität und Verrat. Doch Cooper spürte noch etwas darin. Er fühlte, dass Fry ihn bat, ihr zu vertrauen.
    »Ja, Ben?«
    Es klang wie eine Bitte. Doch es schwang auch ein Unterton von Autorität darin mit, natürlich und selbstverständlich wie ein angestammtes Recht. Sie erwartete von ihm, dass er ihre Anweisung befolgen würde. Es war schließlich ihr Fall, schien sie zu sagen. Und damit hatte sie vollkommen Recht. Diane Fry hatte alles richtig gemacht; sie hatte sich im Revier gemeldet, sie hatte Verstärkung angefordert, sie hatte den Tatort gesichert. Ben Cooper dagegen hatte offiziell nichts mehr mit dem Fall zu tun. Eigentlich hätte er gar nicht hier sein dürfen. Wie konnte er da erwarten, dass Lob und Anerkennung auf ihn abfärben würden?
    Er nickte und ging zur Haustür. Er wollte einen vorbeifahrenden Streifenwagen anhalten und sich zur Thorpe Farm mitnehmen lassen. Als er das Wohnzimmer verließ, hörte er noch, wie Fry mit der üblichen
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