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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas
Autoren: Deborah Powell
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ich ihnen nicht
    verdenken – ich jagte mir selbst Angst ein.
    »Los, ins Büro«, sagte ich und forderte sie mit
    einem Wink auf, vor mir her zu gehen.
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    »Was wird mit ihm?« fragte Smiley und deutete
    auf Dub, der sich auf dem Boden wälzte.
    »Daran hätte er denken müssen, bevor er mit dem
    Messer auf mich losging.«
    »Sie sind eine grausame Frau«, sagte Donnigan
    und wischte sich das Gesicht.
    Sie trotteten vor mir her zu Schwester Jasmines
    Büro. Überall auf dem Boden und Schreibtisch lagen
    Papiere verstreut. Charlotte saß mit blassem Gesicht
    und aufgerissenen Augen in einem der rosaroten
    Lehnsessel, als ich die beiden Männer durch die Tür
    trieb. Bitsy lag auf dem weißen Sofa, das Gesicht
    kalkweiß, was von seinem Hemd übrig war voller
    Blut. Schwester Jasmine saß bei ihm und drückte ein
    Stück Stoff auf seine Brust, um die Blutung zu stillen.
    Ihre Miene war grimmig, als sie mich ansah und
    leicht den Kopf schüttelte.
    Ich bedeutete den beiden Männern mit einer
    Handbewegung, sich hinzusetzen, dann ging ich zum
    Schreibtisch, zündete eine Zigarette an, durchquerte
    das Zimmer und steckte sie Jasmine zwischen die
    Lippen. Sie nickte dankbar und nahm einen tiefen
    Zug.
    »Es ist alles meine Schuld«, sagte Charlotte leise
    weinend. »Sie sind mir zu der Touristenresidenz
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    gefolgt. Ich hätte auf dich hören sollen, Hollis. Ich
    hätte zu Hause bleiben müssen.«
    »Vergiß es. Hauptsache, dir ist nichts passiert. Es
    ist nicht deine Schuld, daß du überhaupt in diese
    Schweinerei reingezogen wurdest«, sagte ich. »Ist
    alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja, ich bin in Ordnung.«
    »Gut. Geh nach draußen vor die Kirche. Lily
    wartet in ihrem Wagen. Ihr fahrt zu mir und ruft die
    Polizei. Sagt ihnen, sie sollen ein paar Krankenwagen
    mitbringen.«
    »Ich will hier bei Jasmine bleiben«, sagte Charlotte
    ruhig.
    Ich betrachtete die große, gutaussehende,
    rothaarige Frau auf der Couch. Ich konnte es
    Charlotte eigentlich nicht verübeln.
    Jasmine blickte hoch zu mir, dann zu Charlotte,
    und ein Mienenspiel, das ich nicht entziffern konnte,
    glitt über ihr Gesicht. »Nein, Charlotte. Du gehst
    jetzt. Du sollst nicht noch mehr in diese Geschichte
    hineingezogen werden. Tu, was Hollis sagt.«
    Charlotte stand langsam auf, ging zu Jasmine,
    beugte sich vor und küßte sie.
    »Rufst du mich nachher an?« flüsterte sie und
    berührte das rote Haar der Evangelistin leicht mit der
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    Hand. Sie blieb einen Augenblick so stehen, dann
    ging sie.
    Die beiden Männer glotzten die Frauen an.
    Donnigans Mund kräuselte sich verächtlich, während
    er zuschaute. Er bewegte die Lippen, als wollte er
    etwas sagen.
    »Halt’s Maul, Donnigan«, kam ich ihm zuvor.
    Auf dem Sofa erzitterte Bitsy, sagte »Ach« und
    starb.
    Jasmine richtete sich auf, schloß ihm die Augen,
    dann schloß sie die eigenen und holte tief Luft. Sie
    saß einen Augenblick so da, dann stand sie auf, ging
    zum Schreibtisch und warf sich auf ihren Stuhl. »Was
    jetzt?« fragte sie mich mit einem bitteren Lächeln.
    »Jetzt will ich die Geschichte ganz kapieren, bevor
    die Bullen anrücken«, sagte ich. »Mal sehen, ob ich
    richtig liege.«
    Die drei schwiegen, und ich fing an. »Ich schätze,
    daß Jasmine ihre Karriere als kleine Betrügerin
    angefangen hat, die versuchte, über die Runden zu
    kommen, um für Chuckie und sich zu sorgen.
    Irgendwann in ihrer Laufbahn kam sie auf die Idee
    mit der Evangelistennummer. Sie sieht gut aus, ist
    intelligent und hat Charisma.« Ich hielt inne und
    lächelte sie an. Sie erwiderte mein Lächeln und
    verneigte sich huldvoll vor den Komplimenten.
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    »Es fing an mit Erweckungsversammlungen, den
    Kollektenteller kreisen lassen, die Opfergaben
    einkassieren und weiterziehen zum nächsten
    gottverlassenen Kuhdorf mit der nächsten Horde
    Leimkriecher. Aber sie wurde immer besser, die
    Massen mochten sie, und sie hatte es satt, von Ort zu
    Ort zu wandern. Zu der Zeit war sie in Houston
    gelandet und beschloß, eine Weile zu bleiben. Es gab
    reichlich Geld für leichte Arbeit. Ach, geschenkt, für
    eine Gaunerin ist das doch keine Arbeit – einen
    Verein
    treuherziger
    Deppen
    einzuwickeln.
    Inzwischen war die Macht, andere zu beherrschen,
    wahrscheinlich sogar eine bessere Belohnung als das
    Geld selbst.«
    Ich nahm meine Pistole in die andere Hand. »Die
    Sache funktionierte gut, dann empfahl jemand –
    vielleicht sogar jemand aus ihrer Vergangenheit –
    größere und bessere
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