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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas
Autoren: Deborah Powell
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die
    Achseln.
    »Meinst du, Charlotte und Jasmine sind in der
    Kirche?« fragte sie nervös.
    »Keine Ahnung, aber das werden wir sicherlich
    bald wissen.«
    Sie spritzte durch den Regen, bog nach links und
    rechts und fuhr bei Rot über Ampeln, bis wir wieder
    in Montrose waren.
    »Stell die Scheinwerfer aus«, sagte ich, als wir
    einen halben Block vor der Kirche waren.
    Ihre schönen schwarzen Augen glitzerten noch
    einmal in der glimmenden Armaturenbeleuchtung
    auf, bevor sie den Schalter betätigte, der uns in
    völliges Dunkel hüllte. Das Licht der Straßenlaternen
    reichte gerade noch, um in der regnerischen Nacht
    die Zufahrt zum Parkplatz der Kirche zu erkennen.
    »Ich gehe mit rein«, sagte sie.
    »Nein, Lily, das kriege ich besser hin, wenn ich
    allein bin. Ich brauche dich, du mußt im Wagen
    bleiben, und wenn ich in einer halben Stunde nicht
    zurück bin, fährst du zu mir nach Hause und rufst die
    Polizei. Frag nach Frank Brumfield und sag ihm, er
    soll so schnell wie möglich herkommen.«
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    Sie parkte den Wagen und sah mich an, als wollte
    sie widersprechen, doch dann nickte sie. »Na gut.
    Aber sei vorsichtig. Glaubst du, sie sind da drin?«
    »Irgend jemand ist da. Da drüben steht ein Auto«,
    sagte ich und versuchte, in der Dunkelheit und dem
    Regen etwas zu sehen.
    Sie drehte sich um. »Ja, und dahinter steht noch
    ein Auto. Ist das deins?«
    »Es sieht so aus.«
    Sie packte meinen Arm. »Sieh mal, in dem Auto
    sitzt jemand auf dem Fahrersitz. Ich kann die Glut
    einer Zigarette erkennen.«
    Ich beugte mich rüber und küßte sie, dann machte
    ich die Tür auf und knöpfte meinen Trenchcoat zu.
    Ich trat in eine tiefe Pfütze, was auch egal war, weil
    ich schon längst durchgeweicht war. Ich warf einen
    Blick auf meine Armbanduhr – es war kurz vor halb
    zwölf.
    Regen und Dunkelheit erleichterten mir das
    unbemerkte Anschleichen an den braunen
    Oldsmobile. Da saß tatsächlich jemand auf dem
    Fahrersitz und rauchte eine Zigarette. Ich betete, daß
    er nicht in den Rückspiegel blickte und mich zu
    seinem Wagen laufen sah, tief geduckt wie Groucho
    Marx. Ich hatte nicht die Zeit gehabt, mir zu
    überlegen, wie ich ihn aus dem Auto bekommen
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    sollte, deshalb beschloß ich, mich auf die ganz
    direkte Methode zu verlassen.
    Ich packte den Griff, riß die Tür auf und steckte
    ihm den Lauf meiner 25er ins linke Ohr. Er war ein
    schlanker blonder Mann, etwa fünfundvierzig, mit
    spitzer Nase. Sein schmaler kleiner Mund sah aus, als
    hatte ihm jemand mit einem Schlachtermesser eine
    Öffnung in die untere Gesichtshälfte gestochen.
    Langsam drehte er mir den Kopf zu. Seine Haare und
    Augenbrauen waren bis auf kurze Stoppeln
    abgesengt. Sein Gesicht war rosa wie von
    Verbrennungen ersten Grades, und seine Hände, die
    das Lenkrad umklammerten, waren hager.
    »Tz, tz, tz«, sagte ich süffisant. »Deine Mama hätte
    dir beibringen sollen, nicht mit Streichhölzern zu
    spielen. Earl, nehme ich an?«
    Ich trat einen Schritt von der Tür zurück und sagte:
    »Komm raus aus dem Wagen, langsam und mit
    erhobenen Händen.«
    Sein Mund zuckte auf einer Seite, und seine
    Augäpfel huschten umher wie zwei Kakerlaken auf
    einem Teller.
    »Daran brauchst du nicht einmal zu denken, Earl«,
    warnte ich ihn und überlegte, was ich mit meinem
    Gefangenen in spe machen sollte.
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    Er beugte sich vor und schwenkte herum, um die
    Füße auf den Boden zu setzen.
    »Ach, zum Teufel, was soll’s.« Ich kniff die Augen
    zu und versetzte ihm mit dem Pistolenkolben einen
    möglichst kräftigen Schlag auf den versengten
    Hinterkopf. Er fiel in sich zusammen wie ein
    altbackener Keks.
    Ich zog den Schlüsselbund aus dem Zündschloß
    und warf ihn in hohem Bogen weg, dann
    durchsuchte ich Earl. In seiner Tasche war ein
    Abzeichen – noch ein Hilfssheriff. Das hätte ich mir
    denken können. An seiner Gürtelschlaufe hing ein
    Paar Handschellen, also ließ ich eine um sein linkes
    Handgelenk und die andere um das Bein vom
    Fahrersitz zuschnappen. Er hatte eine Pistole im
    Schulterhalfter, die ich an mich nahm, und noch einen
    Schlüsselbund in der Tasche, den ich über den
    Parkplatz warf. Er lag immer noch bewußtlos in einer
    Pfütze, den Kopf auf dem Trittbrett, als ich ihn
    verließ und zum Gebäude lief.
    Der Schatten der Kirche tarnte mich, als ich
    langsam zur Hintertür schlich. Auf dem hinteren
    Parkplatz stand noch ein Wagen, aber von meinem
    Standort aus konnte ich nicht erkennen, was für
    einer.
    264
    Ich
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