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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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Juden? »Luther wies nicht den Weg nach ›Auschwitz‹«, schreibt der Lutheraner und beteuert: »Nie – auch nicht in seinen wütendsten Angriffen auf die Juden bzw. deren Religion – hat er ein Töten von Juden angeregt oder auch nur gutgeheißen.« Ach, der Gute, der!
    Doch was meinte er, als er nahelegte, mit Juden »nach aller Unbarmherzigkeit« umzugehen, »wie Mose tat in der Wüste und schlug dreitausend tot ...«?! Was meinte er, als er gefragt, ob er Juden ohrfeigen würde, gestand, er würde einen Juden »niederwerfen und im Zorne erstechen. Wenn man einen Räuber nach menschlichem und göttlichem Recht zu töten befugt ist, so darf man doch viel eher einen Gotteslästerer umbringen«?! Was meinte er, als er seinen vierten Ratschlag gab, »daß man ihren Rabbinern bei Leib und Leben verbiete, hinfort zu lehren ...«? Bei Leib und Leben, das heißt bei Todesstrafe. 49
    Natürlich hat Luther den Weg nach »Auschwitz« nicht gewiesen, hat aber fraglos damit zu tun – gewaltig. Wir brauchen nicht auf Julius Streicher vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal zeigen, obwohl dieser damals mit seiner Berufung auf Luther im Recht war. Es gibt andere Gewährsmänner. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg besuchte Melvin Lasky, ein junger amerikanischer Schriftsteller, Karl Jaspers in Heidelberg, sprach etwas verlegen-verbindlich über Deutschlands große kulturelle Tradition, nannte Lessing, Goethe, wurde jedoch von Jaspers brüsk unterbrochen und sah sich nach einem kurzen Griff des Gelehrten hinter sich ins Bücherregal mit Luthers »Von den Juden und ihren Lügen« konfrontiert. »Das ist es«, sagte Jaspers. »Da steht das ganze Programm der Hitler-Zeit schon!« Und schrieb auch später in »Die nichtchristlichen Religionen und das Abendland«: »Was Hitler getan, hat Luther geraten, mit Ausnahme der direkten Tötung durch Gaskammern.« 50
    Unbedachterweise bringt Walther Bienert seinen Helden mittelbar selbst mit den Gaskammern in Verbindung; mit »Auschwitz«. Er meint nämlich, und hat so unrecht nicht damit, Luthers Intoleranz, zumal deren Verschärfung seit 1543, seit seinen Ratschlägen, hänge entscheidend zusammen mit dem »Kirchenmann« Luther, sei es doch die Folge seiner Landeskirchenpolitik und des damit verknüpften Staatsschutzes. Denn als Vertreter der inzwischen etablierten »lutherischen« Kirchen habe er auch deren Alleinwahrheitsanspruch bzw. Absolutheitsanspruch vertreten, schlechterdings vertreten müssen – natürlich wieder ein »verhängnisvolles mittelalterliches Erbe«. Doch ebendies führte nun zu »neuer Unduldsamkeit und Feindschaft«, ein reines Ergebnis der Politik, der Kirchenpolitik. Es habe nichts mit Persönlichem, mit Ausbrüchen individueller Emotionen, Altersstarrsinn zu tun. Vielmehr sei es in den »geschichtlichen Zusammenhang zu integrieren«, aus dem es erwuchs, also in die landeskirchlichen Belange, die Institution und deren Alleinanspruch auf »die Wahrheit« mit der daraus resultierenden Intoleranz. Damit aber stünden Luther und das Luthertum nicht isoliert da, sondern in einer Reihe mit anderen Institutionen, anderen »Ideologieverfolgungen« von der Antike bis hin zu »›Auschwitz‹ oder ›Gulag‹ oder wo auch immer«.
    Luthers Theologie ist bei allem natürlich überhaupt nicht involviert, er selbst nur insofern, als er als verantwortlicher Kirchenmann das reformatorische Kirchenwesen gegenüber der jüdischen Religion schützen mußte, und zwar »durch staatliches Eingreifen, das die gegenteilige Lehre einfach verbietet oder unmöglich macht«.
    Die eigentliche Schuld trifft somit die Entwicklung der Reformation zur Staatsreligion, die Luther überhaupt nicht wollte, aber die dann, »ein historisches Faktum«, entstand, nachdem »Luther die Obrigkeiten gebeten, ihre Bevölkerung nicht hilflos sich selbst zu überlassen, vielmehr aus ›christlicher Liebe‹ die religiöse Versorgung und das Kirchenwesen in ihren Ländern zu ordnen ...« Doch das geschah, wie gesagt, gegen Luthers ursprüngliche Absicht und hat schon gar nichts, dies wird Bienert nie müde besonders zu betonen, mit seiner Theologie zu tun, obwohl Luthers Antijudaismus – überall mit Händen zu greifen – gerade die Folge seiner Theologie ist! Für Bienert dagegen ging die neue Judenverfolgung von der Institution, der Landeskirche aus. Denn diese hatte als Staatskirche offenbar »in sich selbst die Tendenz des Ausschlusses aller nichtlandes-kirchlichen Religion. Nicht Luthers Theologie,
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