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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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Säulen seiner Macht. »Welcher (Kaiser)«, rühmt ein zeitgenössisches Klagelied auf seinen Tod, »hat so glänzend erhöht und bereichert die Tempel der Heiligen mit Überfluß an Gütern?« 7
    Heinrich II. war aber nicht nur »der große Tröster der Heiligen Kirche« (Annales Quedlinburg), sondern war eben auch und noch mehr »Realpolitiker«, ja, war es so sehr, daß er, der Heilige, viele Jahre, schien es vorteilhaft, ohne weiteres gemeinsam mit den verfluchten Heiden focht, Seite an Seite gegen einen katholischen Fürsten (S. 83 ff.), einen Fürsten, der noch vor kurzem, gemeinsam mit den Deutschen, eben diese verfluchten Heiden bekämpft hatte!
    Frömmigkeit und ausgeprägter Sinn für Nutzen waren bei ihm untrennbar verknüpft. Kümmerte er sich um die Klöster, trieb er ihre Reform voran (schon am ersten Tag seines Königsregiments bestätigte er eine Abtswahl in Lorsch), beschenkte er Äbte und Bischöfe mehr als zuvor mit Reichsgut, so deshalb, weil die Klöster, in Reichtum und Luxus versunken, Versorgungsinstitute des Feudaladels geworden waren, die Mönche oft wie dieser lebten oder leben wollten, Heinrich aber ihre Leistungsfähigkeit brauchte, keinesfalls nur für seine Kriege jenseits der Grenzen, oft vielmehr noch für seine Schwächung der adligen, der fürstlichen Machtkonzentration im Reich. Die Klöster, die Bischofskirchen mußten, da die Pfalzen inzwischen darin versagten, für die Königsgastung (servitium regis) sorgen, mußten Heinrich – häufiger noch, auch viel aufwendiger unterwegs als die Vorgänger – und sein Gefolge unterhalten, seine Gesandten, Boten sowie deren Begleitung, Personal, denn auch diese Herren reisten natürlich nicht allein. Ganz zu schweigen davon, daß die Kirche einen wesentlichen Teil des Reichsheeres zu stellen, daß Heinrich gerade »seine meisten und bedeutendsten Feldzüge«, wie Looshorn betont, mit den Truppen »der geistlichen Fürsten hauptsächlich geführt« hatte. (Noch in seinem Todesjahr erhielt das Kloster Fulda, dessen Äbte bereits wie Fürsten residierten, von ihm die Grafschaft Stoddenstadt im Maingau; selbst das Nonnenkloster Gandersheim war erst wenige Jahre vorher zu einer Grafschaft gekommen.)
    So machte er sich die wichtigsten Reichsklöster Fulda, Prüm, Reichenau, Corvey, St. Maximin bei Trier politisch wieder voll nutzbar – und beschränkte ihre Selbständigkeit. Mißachtete er doch schon als Herzog das Recht der Tegernseer Mönche auf freie Abtwahl – sie sollen anno 1003 ihrem Abt sogar nach dem Leben getrachtet haben – ebenso wie den Einspruch des Freisinger Bischofs Gottschalk gegen seinen, Heinrichs, Kandidaten. (Dabei hatten die Mönche von Tegernsee für das Heil ihres mit Otto III. in Italien weilenden Herzogs einhundertfünfzig Messen und sieben Psalterien gebetet.) 8
    Alle Klöster mußten Heinrich feste Abgaben entrichten, das servitium regale, und fast überall, wo er Klöster reformierte, säkularisierte, kassierte er auch, kassierte höchst ungeniert, schröpfte er oft bis zur Erschöpfung. Nicht von ungefähr brandmarken ihn die Quedlinburger Annalen als »Kirchenräuber«. Seine dauernden Fehden und Kriege verschlangen viel Geld, und zur Beschaffung der nötigen Mittel forderte er von Kirchen und Klöstern Leistungen weit über die Praxis Ottos I. hinaus. Es war jedesmal dasselbe Verfahren, jedesmal das Reformerische wunderbar harmonisch mit dem ökonomischen Bedarf verbunden, das Religionsinteresse sozusagen mit dem Reichsinteresse, wobei Heinrich sich mit Vorliebe an die vermögendsten Abteien hielt.
    So zwang er 1003 dem Eifelkloster Prüm die erste Reform auf und vergriff sich an dessen Besitzstand. Die reiche Abtei Hersfeld, wo die hochherrschaftlichen Kuttenträger in Saus und Braus lebten, getrennt voneinander in eigenen Häusern, mit Pferden und üppigen Gelagen, ließ Heinrich 1004 reformieren und zog einen großen Teil ihrer Besitzungen ein. Auch bei der Reform von Kloster Berge bei Magdeburg (1005) und Kloster Reichenau (1006), seit dem 10. Jahrhundert nur noch dem Adel zugänglich, bereicherte er sich. In Reichenau feuerte er den von den Brüdern gewählten Mönch Heinrich, »obwohl er von ihm Geldzahlungen angenommen hatte« (quamvis ab eo peccunias accepisset), und ernannte an dessen Stelle den Abt Immo von Gorze und Prüm, der manche Brüder »durch Fasten, Schläge und Verbannung schwer bedrängte; so erlitt das vornehme Kloster«, schreibt Hermann von Reichenau, der da schon siebenjährig »den
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