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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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Kirchen Gottes auszustatten«. Dies konnte er jedoch umso eher, als alles, was die Bistümer, deren Grundbesitz stetig wuchs, bekamen, ihm selbst dienstbar blieb, euphemistisch oder historiographisch (oft dasselbe) gesagt: den »Reichsinteressen«. Daß sich so mancher Bischof zwecks Eigenversorgung am Klosterbesitz vergriff, ist klar; aber die Strafwunderberichte der Mönche mochten Prälaten viel weniger schrecken als gewöhnliche Gläubige. Den Lütticher Bischof Durand tadelt die Chronik von St. Lorenz aufs schärfste, weil er rücksichtslos Klostergüter genommen, teils um seine Ritter damit zu belehnen, teils zugunsten der eigenen Tafel. Denn wie der Herr, so's Gescherr. Noch 1023, nach seiner letzten Klosterreform in St. Maximin bei Trier, übertrug Heinrich einen großen Teil dieser Besitzungen leistungsfähigen Vasallen. Gar nicht zu reden davon, daß er die Äbte, ohne jede Rücksicht auf das Wahlrecht des Konvents, ein- und abgesetzt hat, wie es ihm paßte. 9

»Gute Schäferhunde« und »heilige Leithammel«

    Heinrich II., der am Einsetzungsrecht der Bischöfe festhielt, der resoluter noch als Otto I. freie Wahlen verhinderte, der gelegentlich, wie in Paderborn, bei der Erneuerung von Privilegien, das Wahlrecht einfach fortließ, Heinrich gab die wichtigsten Kirchenämter Männern seines Vertrauens, ohne sich viel um Vorschläge von Domkapiteln, Konventen, um freie Zustimmung, kurz um die electio canonica und ihre durchaus verbrieften Rechte zu scheren. Bei Widerspruch im Episkopat, bei Gegenwirkungen, setzte er seinen Willen durch, in Magdeburg, Trier, Hamburg, Halberstadt, einen einzigen, etwas undurchsichtigen Fall in seiner ganzen zweiundzwanzigjährigen Herrschaft ausgenommen.
    Viele Bischöfe kamen auch direkt aus der »Hofkapelle«, dem politisch diplomatischen Dienst; von den zehn Erzbischöfen, die Heinrich ernannte, sechs. Mochte er doch überhaupt nur Kleriker zu Bischöfen machen, die sich zuvor, gleichsam unter seinen Augen, bewährt hatten. So besetzte er von den 51 während seiner Regierung eingetretenen Vakanzen 21 mit Mitgliedern der Hofkapelle, 41,2 Prozent; wobei die Bischofsernennungen in Merseburg, Bamberg, Cambrai, Toul, Brixen und Trient noch fehlen. Doch er zog seine Leute auch aus Kathedralschulen heran, fünf allein aus Absolventen der Lütticher Domschule, sein Kanzler Günther darunter, sein Biograph Adelbold.
    Vielfach machten jüngere Männer durch ihn klerikale Karrieren, mußten gelegentlich aber auch Leistungen in Geld und Gut zugunsten von Kaiser und Reich erbringen. Vergab er das Bischofsamt ja nicht zuletzt im Hinblick auf das Kapital seiner Kandidaten; so an Thietmar von Merseburg, so an Meinwerk von Paderborn und Unwan von Hamburg, die beide der sehr begüterten sächsischen Sippe der Immedinger entstammten und einen beträchtlichen Teil ihres Reichtums der Kirche überlassen mußten. Dem Heiligen blieb deshalb auch der Vorwurf der Simonie nicht erspart.
    Jedenfalls bekam jeder seiner Kanzler schließlich ein Bistum. Dadurch hielten die führenden Prälaten, Willigis von Mainz, Burchard von Worms, Bernward von Hildesheim, Meinwerk von Paderborn, Eberhard von Bamberg, stets fest zu ihm. Er vermehrte ihren Besitz, gab ihnen noch mehr Grafschaften, Gerichtsherrschaften, Königsbann zu Lehen als sein Vorgänger. Er erweiterte ihre Rechte, stärkte ihre Macht, aber ohne daß ihre Selbständigkeit gegenüber der Krone wuchs. Im Gegenteil. Er drückte ihnen seinen Willen auf. Er verlangte unbedingten Gehorsam. Als es mit Gundachar von Eichstätt Differenzen gab, sagte er ihm rundheraus, ihn deshalb zum Bischof gemacht zu haben, damit unverzüglich geschehe, was er wolle; wünsche er im Amt zu bleiben, müsse er sich danach richten. Und als der Lütticher Bischof Wolberto sich mehrmals sträubte, der königlichen Kammer Geld zu schicken, als er sich widersetzte, es »den Gauklern und sonstigen Hofhunden« in den Rachen zu schmeißen, als er lieber Kirchen dafür bauen und Arme unterstützen wollte, tobte der hl. Herr.
    Heinrich, der die Königshoheit in der Reichskirche vollendet, indem er über diese die uneingeschränkte Macht beansprucht, wurde »Priesterkönig« wie kaum ein zweiter deutscher Regent. Er leitete geradezu – selbstverständlich im Gegensatz zum kanonischen Recht – die deutsche Kirche. Noch in ihren Tempeln hatte er den Vorsitz unter den Prälaten, und keinesfalls nur einen Ehrenvorsitz. Fünfzehn sogenannte Reichssynoden berief er als König, wobei er
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