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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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»gottesfürchtige und demütige Herzog« gegen den künftigen Heiligen die Waffen. Seine Schwaben nahmen das zum König stehende Straßburg, plünderten es, raubten gar »den gesamten Schatz« in der Domkirche der hl. Gottesmutter und steckten dann, zur Krönung ihrer Heldentat, »das Haus des Herrn in Brand« – ohne Wissen des Herzogs, behauptet Thietmar, sein Verwandter; doch die meisten Quellen beschuldigen ihn. Der heilige Heinrich aber, der den ganzen Thronstreit dem Teufel zuschrieb, der ihm sein königliches Glück mißgönne, verheerte im Gegenschlag die Ländereien des Schwaben und räumte dessen Höfe aus; ein notwendiges Geschäft, das dann offenbar die Bischöfe von Straßburg und Basel fortgesetzt haben. Denn um seine Dominanz zu erhärten, um als König zu gelten, mußte dieser, so war nun mal der fromme Brauch, das Land verwüsten, plündern, »ob er wollte oder nicht«.
    Bevor indes Heinrich die für das Frühjahr geplante Heerfahrt antreten konnte, unterwarf sich der Schwabe am 1. Oktober zu Bruchsal. »Auf so gewaltsame Weise hat sich weder vorher noch nachher ein deutscher König der Krone bemächtigt« (R. Usinger) – wenn man freilich auch feststellen konnte, daß es so ähnlich, nämlich mit Gewalt und Krieg gegen Widerstände, »alle Könige bisher gehalten hatten« (Fried). Doch wollte Heinrich seinerzeit ja auch nicht selig, nicht heilig werden. Er wollte nur um jeden Preis eine Würde gewinnen, die schon sein Vater und sein Großvater vergebens begehrt, kurz er wollte zurückgreifen »auf die gesunden (!) Regierungsprinzipien Ottos I.« (Handbuch der Kirchengeschichte).
    Daß der künftige Heilige sich noch nicht fest im Sattel fühlte, zeigt sein der Krönung gleich folgender, viele Monate dauernder »Königsumritt«. Bei den Merowingern üblich, war er danach jahrhundertelang entfallen. Heinrich nahm ihn wieder auf, und zwar offensichtlich zur »Legalitäts«-Demonstration: ein Kampf gleichsam um die Zustimmung nach der Wahl, eine Königserhebung, sagt Roderich Schmidt, »in Etappen«; ein Zug, der über Thüringen, Sachsen, Niederlothringen, Schwaben, Bayern nach Oberlothringen führte.
    Und schon auf diesem Umritt floß wieder Blut, kam es zu einem »sehr heftigen Kampf«. Stießen doch am 10. August, anläßlich der Krönung der hl. Kunigunde in Paderborn, plündernde bayerische Truppen mit den Einheimischen zusammen, wobei auch der königliche Truchseß Heinrich, der Bruder des Kanzlers Eilbert, fiel. Bischof Thietmar macht dafür die »Habgier der Baiern« verantwortlich. »Zu Hause müssen sie sich wohl immer mit wenigem begnügen, in der Fremde aber sind sie fast unersättlich.« 6

Reformieren – und kassieren

    Heinrich II., ein ausgesprochen »pragmatischer« Typ, war zäh, berechnend, vorteilserpicht, mit einem fast untrüglichen Gespür für Leute, die er brauchen konnte. Kein Anflug von Genialem, nicht der kleinste, haftet ihm an, nicht einmal im Kriminellen. Das berüchtigte Pokerspiel Alles oder Nichts ist ihm gänzlich fremd. Er sieht nur das Mögliche, Nächstliegende und sucht es zu realisieren. Deshalb ersetzt er auch Ottos III. Devise »Wiederherstellung des Römerreiches« auf seinem Königssiegel – mit Rückgriff auf eine karolingische Herrscherbulle – durch den Wahlspruch »Erneuerung des Frankenreiches« und gibt die romzentrierte Kaiserideologie, die universalistischen Ambitionen seines Vorgängers, preis.
    Die ottonische Kirchenpolitik allerdings führte er bruchlos fort. Dabei machte »der über alles kirchlich gesinnte Mann« (vir omni ecclesiastica perfectione praecipuus), der geradezu »Simpnista«, Kollege sein wollte der Bischöfe, sie sich durchaus dienstbar. Seine Sorge für sie wandelte er, wie nicht ich zum erstenmal erkenne, in Herrschaft über sie um – mehr noch als unter Otto I.; ja, mehr als alle seine Vorgänger brachte er System in die Sache.
    Heinrich II. stützte die Reform, die strengere Beachtung kirchlicher Disziplin, das Zölibat etwa (S. 122), das Naheheverbot, gewisse monastische Normen; doch die Reform stützte auch ihn – und nützte ihm.
    Schon als Herzog galten seine ersten Regierungsmaßnahmen der Klosterreform, wobei er sich sogar gegen die Bischöfe stellen konnte. Und später betreute er derart den Besitzstand der Klöster, ihre Bauten, daß man ihn »pater monachorum« nannte, Vater der Mönche. Freilich, mehr noch wurde er pater episcoporum. Unentwegt machte er große Schenkungen an den hohen Klerus, die Bistümer, die
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