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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Descher
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Bernwardi). Sie weilte übrigens gerade so lange am Hof, als dort Erzkanzler Willigis noch amtierte. Zum gleichen Zeitpunkt, in dem er abtrat, kehrte auch die Prinzessin nach Gandersheim zurück. Pech für den Mainzer war es überdies, daß 993 Ottos hochgeschätzter Hofkapellan und Erzieher Bernward Bischof von Hildesheim wurde. Und wie Äbtissin Gerberga, die gestrenge, nahm auch der neue Hildesheimer Bischof, der sächsische Graf Bernward, heftigen Anstoß an Sophies Ausbruch – obwohl doch seine eigene Freundin, die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg, einst ein ganzes Jahr, auch ziemlich außerhalb ihrer Klostermauern, in Italien verbracht hatte – was natürlich nicht die leiseste Anspielung impliziert, übertraf Bernward doch »an Sittenreinheit selbst die bejahrtesten Männer« (Walterscheid).
    Erzbischof Willigis dagegen, hoferfahren wie wenige, vermochte an solchen Eskapaden von dem Kaiserhaus angehörigen Nonnen nichts ungewöhnliches zu sehen. Und Prinzessin Sophie, die Schutzbedürftige (patrocinanda), hetzte den Erzbischof »mit bittren Reden« auf, erklärte, »der Bischof Bernward habe ihr überhaupt nichts zu sagen, das Kloster Gandersheim gehöre zur Diözese des Erzbischofs«, und brachte diesen »schwer gegen den Herrn Bernward auf« und natürlich zur Erneuerung seiner Ansprüche auf Gandersheim. Ja, »Sophie war beständig an seiner Seite, wohnte bei ihm und betrieb Tag und Nacht ihre Sache«, ein schönes Sätzchen, und doch im Original eher aussagefähiger, inniger verwoben noch: »Sophia assidue illi cohaerens et cohabitans, haec interdiu noctuque ambiebat.« Was freilich keinesfalls heißt, daß die Prinzessin, Ottos III. ältere Schwester, mit Hans Goetting zu sprechen, mehr als »das geneigte Ohr des Erzbischofs« besaß.
    Das alles empörte den Sittenprediger Bernward. Zwar verdankte er Willigis so gut wie alles, hatte ihn dieser schon zum Subdiakon, Diakon, Priester geweiht, vermutlich auch durch seine Fürsprache zum Kaisererzieher gemacht, und dann noch auf den Hildesheimer Bischofsstuhl gebracht; wie überhaupt Charakter und Interessen der beiden nicht sehr verschieden waren. Nur freilich wollte jeder eben Gandersheim. Die Nonnen aber, wegen der schwer erkrankten Gerberga jetzt unter Führung der wieder ins Stift zurückgekehrten Sophie, verweigerten dem Heiligen aus Hildesheim die Obedienz. Bloß unter dem Schutz zahlreicher Ministerialen konnte er sich gegen einen Haufen von Leuten, der ihn gegebenenfalls (natürlich »cum iniuria«) davonjagen sollte, am 14. September, Fest der Kreuzerhöhung, des Jahres 1000, den Zutritt zur Klosterkirche erzwingen und dort die hl. Messe feiern. Dabei schleuderten ihm allerdings die frommen Klosterfrauen, als man zur Opferung gelangt war, ihre Oblationen unter wilden Flüchen vor die Füße, »mit unglaublichen Äußerungen des Zornes«, mit »wilden Schmähworten gegen den Bischof«, in dem sich doch noch fast ein Jahrtausend später für die Hildesheimer Diözese »
das Andenken an ihre goldene Zeit«
verkörpert (Wetzer/Welte). Wohl nur dank seiner bewaffneten Begleitung kam er unverletzt davon. 24
    Ganz anders wurde sechs Tage darauf Erzbischof Willigis von Mainz, gleichfalls mit großem Gefolge, in Gandersheim empfangen, wo er seine Besitzansprüche bekundete, während Bischof Bernward von Hildesheim nun direkt an Papst und Kaiser, seinen einstigen Zögling, appellierte, erkannte er ja klar, »daß das eingedrungene Gift nurmehr durch päpstliches und kaiserliches Gegengift auszutreiben war«.
    Denn inzwischen hatte sich auf einer Synode in Gandersheim im Spätherbst anno 1000 ein wilder Tumult ereignet, hatte der von den Dänen vertriebene Bischof Ekkehard von Schleswig, das Sprachrohr des vorsichtigerweise ferngebliebenen Bernward, dazu aufgerufen, die Synode zu unterlassen, worauf der Kirchenfürst aus Mainz – auch er heute nicht nur dort als Heiliger verehrt – »in unvorstellbare Wut« geriet und drohte, den Bischof »mit Schimpf und Schande hinauswerfen« zu lassen. Der Metropolit, ganz klar, war das Opfer »böser Menschen« – »und erst recht Sophie setzte ihm beständig zu ...« So wurden zuletzt seine eigenen Besitzansprüche auf Gandersheim durch die Synodalen anscheinend anerkannt und der Streit von ihm für entschieden erklärt.
    Auf einer weiteren, vom Papst befohlenen Synode in Pöhlde (Harz) am 22. Juni 1001, erschien neben dem päpstlich-kaiserlichen Legaten Kardinal Friedrich, einem Sachsen, auch der hl. Bischof
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