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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Descher
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alle seine Kräfte darauf, die Gegner der heiligen Kirche Gottes zu unterwerfen.« Nicht die »Rechtgläubigen«, die Heiden sollten die Christen attackieren, predigte der Reformer – und wurde bei der Inspektion des ihm unterstehenden gascognischen Priorats La Réole von seinen aufsässigen Mönchen erschlagen.)

»...die Legionen zu sammeln« – Konzertierte Aktion in Gnesen zum Vorteil Roms

    Daß man in Polen spätestens 968 das Bistum Posen gegründet, das Land selbst innerhalb eines knappen Jahrzehnts verchristlicht hatte (S. 461 ff.), brachte seinem Herrn unbestreitbare Vorteile. Mieszko I. konnte bald darauf ganz Pommern erobern.
    Nach dem Tod seiner Frau, der Premyslidin Dobrawa (977), heiratete Mieszko Oda von Haldensleben, die Tochter des mächtigen Markgrafen Dietrich von der Nordmark, und trat nach dessen Tod (985) im Einvernehmen mit der Reichsregierung als Interessenvertreter seiner Gattin in den Marken auf. Und hatte seine Ehe mit Dobrawa einst das Bündnis mit Böhmen besiegelt, so zerbrach dies in den ausgehenden 80er Jahren wegen Schlesien. Mieszko geriet darüber in Streit mit seinem Schwager Boleslav II., den die paganen Liutizen unterstützten, während der Pole den Beistand deutscher Truppen fand und Schlesien behalten konnte. Und das, obwohl er zwischenzeitlich sogar mit dem Gegenspieler Ottos II., Heinrich dem Zänker, sich verbunden, ihm 984 auch noch als seinem »König und Herrn« gehuldigt, ohne in Nachteil zu geraten. Freilich ging er bereits im nächsten Jahr zu Otto III. über und bekriegte nun mit den Sachsen die heidnischen Slawen.
    Im Verfolgen einer zielbewußten Politik an der Seite des deutschen Reiches entwickelte sich Mieszko zum aggressiven Vorkämpfer des Christentums an der nördlichen Heidenfront. Mission und Militär wurden jetzt auch in Polen miteinander verknüpft. Symbolisch für den engen Zusammenhang: die unmittelbare Verbindung des Posener Domes schon um das Jahr 1000 mit der dortigen Burg – mit ihrem gut 10 Meter hohen und etwa 20 Meter breiten Wall die größte und stärkste Polens.
    Bei seinen Attacken gegen die Liutizen im Markengebiet zwischen Elbe und Oder standen dem Polenherzog ideologisch und militärisch bereitwillig die christlichen Böhmen bei, die auch die ersten Missionare nach Polen geschickt hatten. Allerdings konnten ihn die Böhmen nicht dauernd von ihren eigenen Einflußgebieten im Süden und Westen abhalten. Mieszko griff sie überraschend in den späteren 980er Jahren an, als Böhmen mehrmals mit dem Reich und der Kirche in Konflikt geraten war. Er bemächtigte sich nicht nur der Odermündung, sondern nahm den christlichen Tschechen auch Schlesien ab. Und als diese 990 mit Hilfe der heidnischen Liutizen ihr Gebiet zurückzugewinnen suchten, da vereitelte es ein sächsisches Heer unter Erzbischof Giselher und Markgraf Ekkehard von Meißen im Bund mit dem Polen, der sicherheitshalber, ohne seine Beziehung zum deutschen Reich preiszugeben, nun sein Land dem hl. Petrus schenkte, im übrigen selbstverständlich weiter die deutschen Offensiven gegen die Liutizen stützte. 17
    Der berühmte Schenkungsakt, durch den ein Dagome iudex und seine Gattin, senatrix Ote (Oda), nebst zwei Söhnen Papst Johann XV. ihr Land Gnesen (Schinesghe) unterstellen, ist in dem sogenannten Dagome-iudex-Dokument überliefert, das auch die älteste geographische Beschreibung der Grenzen Polens enthält. Das in sechs Handschriften vorliegende und von einer unübersehbaren Literatur begleitete Regest ist die erste bekannte Schenkung eines Landes an den sogenannten Apostolischen Stuhl. Darüber hinaus wird dieser Rechtsakt allerdings nirgends bezeugt, vielleicht aber durch den von Polen immerhin entrichteten »Peterspfennig« bestätigt.
    Wollte freilich damit Mieszko I., wie man annimmt, die direkte Thronfolge für seine minderjährigen Kinder sichern, ist dies gründlich mißlungen. Denn kaum war er gestorben und ihm als Senior sein berühmter Sohn aus erster Ehe Boleslaw I. Chrobry der Tapfere (992–1025) gefolgt, da schaltete dieser die Konkurrenten aus. Er verjagte seine Stiefmutter Oda samt Kindern nach Deutschland und ließ zwei weitere Verwandte blenden. So sicherte er sich seine Alleinherrschaft und, wenn nicht deshalb, dann trotzdem, seinen Weg zum Ruhm. Sein kluger Vater und Vorgänger aber hat mit dem Dagome-iudex-Regest die Gründung einer eigenen Kirche vorbereitet und damit die Unabhängigkeit Polens vom deutschen Reich.
    Boleslaw, der sich als tributarius
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