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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug
Autoren: Marc Ritter
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Was ist mit denen?«
    »Craig und Barbara Hargraves. So heißen die. Zumindest haben sie das gesagt. Also er.«
    »Gesagt?«
    »Zuerst habe ich mit ihm über Augenkontakt kommuniziert. Mit Hilfe dieses Werbeschildes. Jeder Buchstabe eine Nummer und dann blinzeln. Erkläre ich Ihnen später. Der war sehr erfahren mit so was. Geheimdienstler vielleicht. Wahrscheinlich. Hat sich freiwillig zum Gefangenenaustausch gemeldet, als Kapitän Dembrowski aufgetaucht ist. Ich glaube, damit haben die gerechnet. Dass da wer reinkommt, meine ich. Das war Teil des Plans. Die ist, glaube ich, in den Tunnel sogar reingelockt worden.« Thien machte eine kurze Pause, um seine Gedanken zu ordnen. »Und dann die Frau, also Barbara. Die hat Kerstin … Kapitän Dembrowski die Kehle durchtrennt, als würde sie das täglich bei hundert Hähnchen tun. Zumindest hat sie das nicht zum ersten Mal gemacht. Hat vorher die ganze Zeit über den Rosenkranz gebetet. Als sie noch Geisel war. Unglaublich, die Frau. Ich bin voll auf die zwei reingefallen. Ich wollte mit denen zusammen – oder besser mit dem Mann – auf die Terroristen losgehen. Na, Mahlzeit, die hätten mich als Allerersten umgenietet, ist ja klar.« Die Worte sprudelten nur so aus Thien heraus, nachdem er endlich nicht mehr zum Schweigen verdammt war.
    »Und das Rein und Raus aus dem Tunnel, wie ist das gelaufen?«
    »Hab ich nicht genau gesehen, weil da der andere Zug, der leere, davorstand. Aber auf der höllentalseitigen Tunnelwand muss es einen Durchschlupf geben. Irgendwo da ist die Dembrowski reingekommen. Und die Terroristen raus. Die waren alle auf einmal weg. Und dann hab ich abhauen müssen. Gott sei Dank weiß ich einigermaßen, wie das mit dem Abseilen funktioniert.«
    »Noch ein Wort zu den anderen Geiseln«, bat Hans-Dieter Schnur. »Wie geht es denen?«
    »Körperlich gut, da ist auch genug zu essen und trinken. Die haben vorgesorgt, die Herren Terroristen. Überhaupt sehr gut geplant. Die Sprengungen exakt vor und hinter dem Zug. Das Seil. Genau so lang, wie die Wand hoch ist. Alles genauestens geplant. Respekt.«
    »Weil Sie gerade sagen ›die Herren Terroristen‹. Keine Frau darunter?«
    »Eher nicht. So von der Figur her. Das sieht man ja. Also meistens.«
    »Danke, Herr Baumgartner. Vielleicht könnten Sie sich hier im Hotel zu unserer Verfügung halten?«
    »Muss ich?«
    »Ich fürchte, ja. Sie sind ja über jeden Verdacht erhaben. Aber wir haben Anweisung, jede Geisel zunächst auf Verwicklung in die Tat zu überprüfen, und jede bedeutet jede.«
    »Verstehe. Ja, das würd ich auch, bei einer solchen Irrsinnsgeschichte. Dann sollte ich am besten bei Ihnen hier bleiben. Vielleicht fällt mir etwas auf, wenn Sie hier weiterarbeiten. Ich meine etwas, was Ihnen hilft.«
    »Gute Idee. Wenn Sie sich nicht ausruhen wollen, Herr Baumgartner …«
    »Wie gesagt, passt scho. Auf ein paar Stunden Schlaf mehr oder weniger kommt’s nicht an.« Thien sagte nicht, dass er vorhatte, seine Geschichte und alles, was er im Tunnel erlebt hatte und im Krisenstab aufschnappen würde, sofort nach Beendigung der Krise an die internationale Presse zu verkaufen. Er bedauerte nur, dass er weder Kamera noch Handy dabei hatte …

Kapitel hundertvierzig
    Reintalhöhle, 16  Uhr 43
    I rgendwann würde die Batterie von Sandras Stirnlampe zur Neige gehen. Die Lampe würde zunächst immer schwächer leuchten, sie würde es anfangs noch nicht merken, doch nach einiger Zeit würde nur noch ein gelber Punkt auf dem Felsen scheinen. Auch der würde immer schwächer werden, und schließlich würde es um sie herum stockfinster sein.
    Sie konnte dann noch versuchen, im Schein des Kameradisplays den Weg zu finden, aber die Akkus reichten höchstens für eine Stunde. Und was wäre dann? Ohne Licht würde sie keinen Meter weiterkommen. Die Dunkelheit in der Höhle war das dunkelste Schwarz, das sie jemals gesehen hatte.
    Sie hatte schon probiert, wie es ohne Licht in diesem Labyrinth sein würde, indem sie die Lampe ausgeknipst und die Augen ganz weit aufgerissen hatte, damit sie sich schneller an die Dunkelheit gewöhnten. Dann hatte sie die Hand zwei Zentimeter vor ihr Gesicht gehalten. Sie hatte nichts gesehen, rein gar nichts.
    Fünf Minuten hatte sie gewartet, ob sich vielleicht doch ein Gewöhnungseffekt der Augen einstellen würde. Das war ja selbst im dunklen Keller so; nach ein paar Minuten konnte man üblicherweise wenigstens die Umrisse der Umgebung erkennen. Doch nicht in dieser
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