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Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi
Autoren: emons Verlag
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Pläne verwirklichen.«
    »Wissen Sie, dass Sie jetzt genauso aussehen wie Ihre Tante?«
    »Nein.«
    »Und dass Sie auch beinahe die gleichen Worte benutzen, um an meine Mitmenschlichkeit zu appellieren?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Aber Sie werden damit genauso wenig Erfolg haben wie Ihre Tante.«
    »Weil Sie keine Mitmenschlichkeit besitzen?«
    »Sie sind ganz schön frech, Frau Rübchen.« Er grinste mich an und sah in diesem Augenblick wieder wie eine Kopie von Alex aus. »Das gefällt mir. Ich mag selbstbewusste Frauen.«
    »Haben Sie ihr erklärt, warum nicht?« Er spielte das gleiche Spielchen wie ich, zog das Gespräch von der Sachebene weg auf ein persönliches Niveau, auf dem gut gezielte Spitzen heftiger schmerzten. Ein hohes Pfeifen ertönte. Der Feuermelder schlug an. Froböss drehte sich um und ging einen Schritt zur Seite.
    »Bitte, Frau Rübchen. Wir sollten unser Gespräch besser draußen fortsetzen.«
    Mit großer Geste ließ er mir den Vortritt.
    »Um auf Ihre Frage zurückzukommen«, sagte er, als wir vor der Hintertür des Gemeindesaales standen. »Nein, das habe ich nicht.« Wieder sah er mich nachdenklich an. »Mein Sohn hat einen guten Geschmack. Ich muss es zugeben. Sie sind nicht nur hübsch, Sie sind auch noch clever.« Er warf den Kopf in den Nacken und lachte bitter. »Warum nicht?«, fragte er höhnisch und fixierte mich streng. »Das wollen Sie doch bestimmt wissen, oder? Ich sage es Ihnen: Weil dieses Dorf keine Heimat für mich ist. Weil es ein piefiges, enges, kleines Nest ist. Zu klein für jemanden wie mich.«
    »Haben Sie keine Freunde im Dorf? Von früher? Sie sind doch von hier.«
    »Wissen Sie, Frau Rübchen, das ist einer der Gründe, warum mich nichts mit dem Dorf verbindet. Nein, ich habe keine Freunde hier. Und ich hatte auch niemals Freunde hier. Heute nicht und als Kind auch nicht.«
    »Wollen Sie das Dorf deswegen zerstören? Weil niemand Sie als Kind gemocht hat? So viel Klischee hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut.«
    »Solche Dinge sind bis dreißig eine Entschuldigung. Danach nur noch eine Erklärung, Frau Rübchen. Ich will das Dorf nicht zerstören. Das würde ja voraussetzen, dass ich irgendwelche Rachegefühle hegen würde. Was ich im Übrigen nicht tue.« Er schnippte den Zigarettenstummel über das Treppengeländer hinweg auf den löchrigen Asphalt des Hinterhofes. »Ich verrate Ihnen jetzt mal ein Geheimnis, Frau Rübchen.« Er beugte sich zu mir hinüber, und ich konnte seinen Räucheratem riechen. »Mir geht es einzig und allein ums Geld. Das ist alles. Ich will mit diesem Kaff hier so viel Geld wie möglich verdienen. Der Rest ist mir egal.«
    »Haben Sie dieses Geheimnis auch mit meiner Tante geteilt?«
    »Ja. Und es ist ihr nicht bekommen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun. Ich würde sagen, es hat sie sehr aufgeregt.« Er hustete. »Als ich sie verließ, ging es ihr nicht besonders gut.«
    »Sie waren bei Marion? Wann?«
    »Oh, das muss irgendwann im Winter gewesen sein. Der Schnee lag meterhoch an diesem Abend, und die arme Frau mühte sich furchtbar mit der Schneeschaufel ab, um ihre Einfahrt frei zu bekommen. Ich war erstaunt, wie gut sie das hinbekam.«
    »Sie waren bei ihr, als sie starb?«
    »Nein. Als ich sie verließ, lebte sie noch.« Er fingerte wieder an seiner Zigarettenschachtel herum. Drei Sekunden später inhalierte er zufrieden den Rauch des ersten Zuges.
    »Was ist geschehen?« Ich kniff die Augen zusammen.
    »Sie wollte mich um jeden Preis von dem Projekt abbringen und wiegelte das ganze Dorf gegen mich auf. Auf einmal zogen Hausbesitzer ihre Zusagen zurück, die sie mir bereits gegeben hatten. Wenn sie weitergemacht hätte, wäre alles den Bach hinuntergegangen. Mein Lebenswerk. Das konnte ich natürlich nicht zulassen.« Sein Tonfall kippte ins Bedrohliche.
    »Sie haben sie umgebracht.« Mir wurde kalt. Damit hatte ich nicht gerechnet. »Wie?«
    »Umgebracht ist eine unglückliche Wortwahl, Frau Rübchen. Es trifft ja nicht zu, weil sie, wie ich bereits erwähnte, noch lebte, als ich fuhr.« Er atmete schwer und hustete wieder.
    »Was haben Sie getan?«
    »Mich gewehrt.«
    »Gewehrt?«
    »Gegen wen?«
    »Gegen Ihre Tante.«
    »Meine Tante? Sie haben sich gegen eine Siebzigjährige wehren müssen?«
    »Sie ging mit der Schneeschaufel auf mich los. Was hätte ich tun sollen?« Er hob in einer Unschuldsgeste beide Hände. »Jeder Richter würde mich freisprechen. Mir ist nichts zu beweisen. Sie ging auf mich los, ich habe sie
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