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Krank für zwei

Krank für zwei

Titel: Krank für zwei
Autoren: Kathrin Heinrichs
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hier?« Die Hauptkommissarin schaute plötzlich ausgesprochen interessiert. Wahrscheinlich witterte sie endlich eine Spur. »Wir werden ihn uns gleich vornehmen.«
    »Er ist sehr aufgeregt wegen dieser Sache«, versuchte ich zu erklären. »Vielleicht sollte ich mitkommen und –«
    »Das wird nicht nötig sein«, bestimmte Marlene Oberste kurz und knapp. »Als Zivildienstleistender ist er ein erwachsener Mann. Kein Bedarf an Unterstützung.«
    Ich war sprachlos.
    »Mein Kollege wird jetzt Ihre Personalien aufnehmen.«
    Ich nickte wie ein kleiner Junge. »Sind Sie noch länger hier im Krankenhaus?« Frau Oberstes Frage war eigentlich keine richtige Frage. »Ich nehme es an, wenn Sie noch nicht operiert worden sind.«
    »Keine Ahnung«, brummte ich. Dann verließ Marlene Oberste das Zimmer. Als ich mit Jan Vedder zurückblieb, war ich mir einen Moment lang nicht sicher, warum ich das Krankenhaus am liebsten sofort verlassen hätte. Weil ein Mörder in weißem Kittel auf der Station sein Unwesen trieb oder weil ich auf ein weiteres Gespräch mit Marlene Oberste keinen allzu großen Wert legte.

6
    Den Entschluß, Benno zu suchen, faßte ich ein paar Minuten, nachdem Kommissar Vedder verschwunden war. Als ich aufstand, blickte ich kritisch an mir hinunter. Dieser Schlafanzug war nicht gerade ein Kracher – ein verwaschenes Blau und ziemlich eng anliegend. Meine Mutter hatte ihn vor vielen Jahren angeschafft Ich selbst hatte die Kollektion nie erweitert, weil ich nachts lieber T-Shirt und Unterhose trug. Gestern allerdings hatte Alexa ziemlich geflucht Was sollte sie zusammenpacken? Noch nicht einmal einen Bademantel besaß ich, daher hatte Alexa in aller Eile einen in der Nachbarschaft geliehen – bei einer älteren Dame, die mir andauernd die Kleidung ihres verstorbenen Ehemannes anbot. Bislang hatte ich immer dankend abgelehnt. Ich hatte schon gewußt, warum. Dieses Morgenmantelexemplar erinnerte gut und gerne an die frühen Zeiten des Alfred Tetzlaff: ein gelungenes Streifenmuster verschiedener Brauntöne. Gut, bei Darmproblemen der härteren Sorte war er sicher ganz praktisch. Aber für mich? Ich hatte keine Alternative. Als ich das durchgescheuerte Frottee-Teil überzog, tröstete mich der Gedanke, daß so mancher Klassiker irgendwann wieder modern geworden war.
    Vorsichtig öffnete ich die Tür zum Flur und warf einen Blick nach draußen. Von rechts, wo der Gang schon bald abbog, konnte man Stimmen hören. Ich zögerte einen Moment. Wo würde sich diese Oberste jetzt aufhalten? Am Tatort oder bei einer weiteren Vernehmung? Nun ja, zu Peulers Zimmer drängte es mich nicht gerade. Ich würde mich erstmal im Schwesternzimmer erkundigen. Dort saß eine stämmig gebaute Krankenschwester mit einem Anstecker, der irgendwie selbstgetöpfert aussah. Schwester Beate stand in bunten Lettern darauf.
    »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Ich suche Benno«, erklärte ich.
    »Stefan?« Beate rief in den hinteren Teil des Zimmers hinein, wo sich offenbar noch jemand aufhielt Einen Moment später kam jemand nach vorne, ein Krankenpfleger mit lockigem, dunkelblondem Pferdeschwanz. »Weißt du, wo Benno ist?«
    Der Zopf-Pfleger zuckte mit den Achseln. »Der müßte auf der Fünf sein, wenn er Dienst hat.«
    »Heute haben alle Dienst.« Schwester Beate war offensichtlich ein kerniger Typ. »Hier ist die Hölle los«, kommentierte sie in meine Richtung. »Die Polizei nimmt alles auseinander. Die Patienten sind in heller Aufregung, und keiner weiß, was er tun soll.«
    »Vielleicht können Sie mir sagen, wo die Polizei sich aufhält«, versuchte ich es jetzt, »ich meine vor allem diese Kommissarin Oberste.«
    »Ach die«, Stefan wußte sofort Bescheid. »Die hat sich im Stillraum eingenistet. Sie hat ein geräumiges, abgeschlossenes Zimmer gesucht. Da hat ihr der Oberarzt das Stillzimmer zugewiesen. Es liegt im ersten Stock, auf derselben Höhe wie Peulers Büro. Unter dem Tatort also.« Stefans Stimme wurde merklich ruhiger.
    »Das Stillzimmer. Wie komme ich da am schnellsten hin?«
    »Hier den Gang zurück«, mischte sich Schwester Beate ein. »Und dann zwei Stockwerke tiefer. Ich glaube, Nummer 10G, oder?«
    Die Frage war an ihren Kollegen gerichtet, aber der zuckte nur die Schultern.
    »Sie können aber auch hinten die Treppe nehmen«, erklärte Beate dann. »Drüben wuselt nämlich noch die Spurensicherung herum. Da dürfen Sie sicher nicht vorbei.«
    »Ich find’ das schon«, erklärte ich schnell und machte mich auf den
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