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KR114 - Ich und der Mord im Jazz

KR114 - Ich und der Mord im Jazz

Titel: KR114 - Ich und der Mord im Jazz
Autoren: Ich und der Mord im Jazz
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anzusehen, als wenn wir verrückt wären. Er war aber zu sehr mit seinen Problemen beschäftigt, um sieh weitere Gedanken über unseren geistigen Zustand zu machen.
    »Also in Wielys Körper, in dem Körper von Wielys Instrument, befand sich ein Riß, der sich von dem linken F-Loch nach rechts hinzog. Man konnte ihn fühlen, wenn man die Finger durch das F-Loch steckte. Wir haben italienische Elektrik-Gitarren mit sehr großen F-Löchern.«
    »Aha«, sagte ich. Ich hatte keine Ahnung, ob das gut oder schlecht war.
    »An sich 'ist so ein Riß belanglos. Aber Wiely war ja musikalisch übersensibel und machte sich wohl auch gern damit interessant. Starallüren, wissen Sie? Jedenfalls gab er mir zwei Tage vor dem Mord seine Gitarre mit der Bitte, ihm den Riß zu überlacken. Man wendet sich immer an mich, weil ich eine Zeitlang im Handwerk tätig war und von diesen Dingen etwas verstehe. Ich könnte Ihnen zur Not sogar eine spielbare Geige bauen. Ich lieh ihm für die Zeit der Reparatur meine Gitarre, da Wiely noch eine Aufnahme bei der Golden Disk hatte. Am Vorabend des Mordes war Wiely betrunken. Er fehlte zu Beginn der Vorführung. Wir spielten ,On the Beam‘, ein Stück, in welchem wir nacheinander die Bühne verlassen und der Schlagzeuger in einem Solo allein auf der Bühne bleibt. Während die anderen am Rand der Bühne stehenblieben, ging ich mal eben in den Waschraum. Ich konnte dort durch das Fenster in Wielys Garderobe sehen. Wiely lag betrunken über dem Tisch. Dann wurde plötzlich die Tür aufgerissen, und ein Mann stürzte hinein.«
    »Wie sah dieser Mann aus?« fragte ich.
    »Wie sah er aus?« Carmicheal zuckte die Achseln. »Weiß nicht so recht. Klein…«
    »Brandrotes Haar?«
    »Ja! Jawohl, rotes Haar hatte er. Der Mann stürzte ans Fenster, riß es auf, blickte hinunter, zur Seite, sprang auf Wiely zu, rüttelte ihn, Wiely riß den Kopf für einige Sekunden hoch, glotzte ihn an, ließ den Kopf wieder sinken. Der Mann zog eine Winzigkeit aus der Tasche. Ich konnte es nicht erkennen, sah aber genau, wie er diese Winzigkeit in eines der F-Löcher der Gitarre schob. Er manipulierte eine Zeitlang daran herum. Dann öffnete sich die Tür ein zweites Mal. Zwei Männer betraten den Raum- Der Rote ging mit ihnen, als sie den Raum verließen. Der Schlagzeuger hatte sein Solo beendet. Ich verließ den Waschraum und ging wieder auf die Bühne. Zehn Minuten oder ’ne Viertelstunde später schien Wiely seinen Rausch ausgeschlafen zu haben und kam mitten im Programm auf die Bühne. Er hat das öfter so gemacht. Als das Programm beendet war, gab er mir meine Gitarre zurück und sagte: ›gräßlich!‹ Ich gab ihm die reparierte Gitarre mit dem Bemerken, vorsichtig zu sein und noch nicht an die reparierte Stelle zu fassen, der Lack sei noch nicht ganz angetrocknet. In meiner Garderobe spielte ich ein paar Takte auf der Gitarre, die sich Wiely von mir ausgeliehen hatte. Sie hörte sich tatsächlich gräßlich an. Ich faßte in die F-Löcher, um festzustellen, was der Rotschopf mit meiner Gitarre gemacht hatte. Ich fand im Innern des Körpers neben dem linken F-Loch ein kleines, mit solchen Klebstreifen, wie man sie um verletzte Finger klebt, befestigtes Kuvert.«
    Er griff in die Tasche und brachte ein handtellergroßes Kuvert zum Vorschein. Es war aufgerissen.
    Auf dem Kuvert stand meine Anschrift.
    »Das ist an mich gerichtet.«
    Carmicheal nickte und sah zu Boden, erklärte dann: »Die merkwürdigen Begleitumstände veranlaßten mich, es aus Neugierde zu öffnen.«
    Ich nahm den Inhalt heraus. Er bestand aus einer Reihe winziger Fotokopien und einem kurzen Brief an mich: Mr. Cotton, wenn dieser Brief in Ihre Hände gelangen sollte, und ich bin vorher umgelegt worden oder verschwunden, so seien Sie sicher, daß Mantegna dies veranlaßt hat.
    Sie finden in dem Kuvert mit Mikrofilm aufgenommene Kopien von Mantegnas illegaler Buchführung. Diese Aufnahmen dürften Mantegna für einige Jahre wegen Steuerhinterziehung ins Zuchthaus bringen. In dem Augenblick, da Sie dieses Kuvert in Händen halten, dürfen Sie ihn jedoch getrost auch wegen Mordes an Dr. Koenig auf den Stuhl bringen. Ich habe nämlich versucht, Mantegna mit den Dingern zu erpressen. Es ist mir gelungen, diese Aufnahmen zu machen, als ich noch juristischer Berater Mantegnas war. Um sicher zu gehen: Ich meine Juan de Mantegna, Haupt des Slotmachine-Syndikats, mehrfacher Millionär und wenn die Sache schiefgehen sollte, mein Mörder oder Auftraggeber
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